Bildnachweis: Astorius.
Thomas Weinmann blickt auf weitreichende Erfahrung im Private Equity-Geschäft zurück – zum einen aus seiner langjährigen Tätigkeit bei dem Large Buyout-Haus BC Partner und zum anderen durch seinen Dachfonds Astorius, den er vor neun Jahren mit drei Partnern gegründet hat.
VC Magazin: Mit Ihrem Dachfonds ermöglichen Sie Privatanlegern den Zugang zu Private Equity. Was müssen die Anleger dafür mitbringen?
Weinmann: Vor allem müssen sie sich für Unternehmensbeteiligungen interessieren, was bislang hierzulande noch nicht sehr stark vertreten ist. Unsere Zielgruppe nenne ich oft „arme Reiche“ – es ist eine Klientel, die zu reich und zu schlau ist für Retail-Produkte, aber nicht ausreichend Kapital zur Verfügung hat, um direkt in Private Equity-Fonds zu investieren. Für unser Produkt ist eine Semiprofessionalität der Investoren nötig, die Mindestzeichnungsbeträge von 200.000 EUR erfordert. Wir raten daher ab einem Anlagevermögen von 2 Mio. EUR, damit man mit 10% bis 15 % auf eine sinnvolle Quote für Private Equity-Investments kommt.
VC Magazin: Wer zählt zu Ihren Kunden?
Weinmann: Der erste Fonds bestand zu 80% aus Private Equity-Insidern, wie Anwälten, Investmentbankern und Private Equity-Fonds-Professionals. Auch beim zweiten Fonds war das noch die Mehrheit, wenngleich dieser bereits über Multi Family Offices und Privatbanken mit angeboten wurde. Die Rendite unseres ersten Fonds liegt mittlerweile bei einem Netto IRR von 20% (pro Jahr) und damit weit über dem Markt. Heute haben wir mehr als 500 Investoren an Bord, die sich mehrheitlich aus Unternehmern und Top-Managern zusammensetzen. Aufgrund unserer Steuerstruktur und der selbst auferlegten ESG-Regeln zählen nun kleine institutionelle Investoren, darunter auch Stiftungen und Kirchen, zu unseren Kunden. Wir denken, dass es unwahrscheinlich ist, bei einem Investment in unsere diversifizierten Fonds letztendlich Geld zu verlieren.
VC Magazin: Ihre Fondsrendite ist abhängig von den erfolgreichen Exits der Private Equity-Fonds, in die Sie investieren. Wie garantieren Sie Ihren Anlegern diesen Erfolg?
Weinmann: Wir prüfen die Fonds und vor allem die Teams, in die wir investieren, sehr genau. Bei Private Equity-Fonds wird ein Portfolio über einen längeren Zeitraum hinweg aufgebaut. Das bringt eine hohe Streuung der Rendite, aber auch ein Blindpoolrisiko mit sich. Der entscheidende Faktor ist deshalb das Investmentteam des Fonds. Wir leisten hier eine ausführliche Due Diligence und prüfen auch die Exit-Optionen für die Unternehmen. Wenn einzig die Börse als Exit-Kanal möglich ist, sind wir vorsichtig. Der Börsenmarkt muss offen sein – das ist momentan der Fall, aber nicht immer so. Und letztlich gehört auch ein Quäntchen Glück dazu.
VC Magazin: Worauf achten Sie besonders, wenn Sie bei Ihrer Due Diligence die Exits der Fonds beleuchten?
Weinmann: Wir befragen das gesamte Fondsmanagementteam, sprechen mit Wettbewerbern, ehemaligen Mitgliedern des Fonds, Beratern und Portfoliounternehmen. Hat das Team relevante Erfahrung in der angestrebten Strategie? Wie sieht es mit Krisenmanagement aus? Segeln mit Rückenwind ist einfach. Wie gehen die Teammitglieder mit Fehlern um? Brennen sie für ihre Arbeit? Bei der Performance sollte die historische Mindestperformance 25% IRR brutto überschreiten. Wir analysieren alle Dokumente und rechnen auch nach. Vor einiger Zeit haben wir einen extremen Fehler in den Performancedaten bei einem Zielfonds gefunden, der aber dem Fondsmanager, dem Placement Agent und einer Vielzahl von Investoren einfach durchgangen war – bei 20 Prozentpunkten Performancereduktion stellt sich dann schon die Frage, warum so viele andere solche offensichtlichen Fehler übersehen. Das ist alles sehr zeitaufwendig, aber wir sehen den Erfolg. Aktuell sind die ersten 25 Unternehmensverkäufe bei uns im Schnitt mit fast 4x Brutto MM realisiert worden. Im langfristigen Mittel sieht man im Private Equity-Markt 2,2x.
VC Magazin: Was zeichnet einen guten Exit aus?
Weinmann: Private Equity-Fonds sind letztlich nur Eigentümer auf Zeit, deshalb ist ein guter Exit so wichtig. Dabei spielen natürlich Unternehmen und Management eine Rolle, aber auch die Equity Story. Wer sich erst sechs Wochen vor Verkauf überlegt, was eigentlich die Idee des Investments war und wie die Equity Story aussieht, wird die Käufer nur wenig überzeugen. Somit fängt eigentlich die Vorbereitung des Verkaufs bereits vor dem Kauf an. Und spätestens kurz nach dem Erwerb sollte man einen 100-Tage-Plan erstellen. Wenn nötig muss man dann ein sehr gutes Managementteam an Bord holen, da man dieses drei bis vier Jahre später für den Exit braucht. Mit den finalen Vorbereitungen des Exits sollte sechs bis zwölf Monate vor Verkaufstermin gestartet werden und auch das Managementteam braucht Schulungen, damit Lampenfieber nicht die Verhandlungen verhagelt. Aus meiner Sicht sind gute Exits auch immer durch Vendor Due Diligence-Berichte flankiert. Diese kann man beizeiten anfertigen und sie reduzieren die Belastung des Managements während der Exit-Phase. Last but not least sollte man eine realistische Einschätzung zum Wert des Unternehmens haben und nicht einfach auf Gebote warten.
VC Magazin: Welche Entwicklungen verspüren Sie aktuell, auch coronabedingt, beim Exit-Management?
Weinmann: Unternehmen mit höherer Stabilität und Krisensicherheit liegen im Trend, insbesondere mit Gesundheits- und Technologiemodellen. Dort sind die Bewertungen sehr stark gestiegen. Andererseits bieten eigentümergeführte Unternehmen, die sich verschulden mussten, für Private Equity-Fonds jetzt Investmentgelegenheiten. Diese Unternehmen müssen sich bald zur Rückzahlung der aufgenommenen Überbrückungsdarlehen einen finanzstarken Partner suchen. Außerdem hat Corona die Transaktionen verändert. Früher war es undenkbar, dass man Gespräche nicht physisch durchgeführt hat. Zwar gab es auch schon vor der Pandemie Videocalls für Due Diligence-Gespräche, aber durch die langen Reisebeschränkungen lief das nun fast ausschließlich so ab. Ich bin gespannt, ob dies nach einer Reduktion der Reiseeinschränkungen weiterhin der Fall sein wird, wenngleich mein Gefühl mir sagt, dass persönliche Gespräche vielfach wieder ihren früheren Stellenwert erlangen werden.
VC Magazin: Inwiefern unterscheiden sich Exits an die Börse, auf dem Secondary-Markt und beim Trade Sale und was ist dabei jeweils zu beachten?
Weinmann: Bei Trade Sales besteht immer die Gefahr, dass Strategen vertrauliche Informationen für sich nutzen, statt zu kaufen. Bei Secondaries spielt hingegen die Finanzierung durch Banken und Debt-Fonds meist eine sehr wichtige Rolle, sodass für die Kreditgeber zusätzliche Informationen bereitgestellt werden müssen. Für Börsengänge relevant ist, ob das Unternehmen an einen etablierten Markt gebracht werden soll oder ob im angestrebten Marktsegment eine Sondersituation vorliegt. Im letzteren Fall kann man selbst ohne große Vorbereitung von einer Marktüberhitzung profitieren. Zudem können ein Verkauf an einen Private Equity-Fonds oder ein Börsengang ohne ein sehr gutes Managementteam nicht durchgeführt werden. Ein strategischer Käufer hingegen benötigt nicht immer das Managementteam nach der Übernahme.
VC Magazin: Sie haben in Ihrer Vergangenheit als Private Equity-Manager selbst auch einige Exits vollzogen – welches Erlebnis ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Weinmann: Für viele stellt sich ein Börsengang immer als der interessanteste Verkaufsweg dar. Ich selbst habe bei IPOs die Unwägbarkeiten des Kapitalmarkts erfahren dürfen. Mein erster IPO-Versuch kam 2003 nicht zustande, da institutionelle deutsche Aktienfondsmanager uns damals mit einer sehr schlechten Bewertung konfrontierten und andere Private Equity-Fonds als Käufer eine deutlich bessere Option darstellten. Gut ein Jahr später konnte ich dann für ein wesentlich kleineres Unternehmen in der gleichen Branche in einem sehr fragilen Land – in Ägypten – einen Börsengang zu einer Bewertung umsetzen, die wir uns nie erträumt hatten. In nur sechs Wochen vom Tag der Mandatierung der Investmentbank bis zum ersten Handelstag fand dieses IPO statt. Letztlich profitierten wir damals von einem unermesslichen Interesse nach Aktien aus Emerging Markets. Die Realität sieht aber meist anders aus. Beide Situationen zeigen für mich, dass man als Fondsinvestor einen Exit an der Börse nur als Exit zweiter Wahl in Erwägung ziehen sollte, da ein erfolgreicher Börsengang letztlich von erheblichen Unsicherheiten gekennzeichnet ist und eine sehr große Portion Glück erfordert. In unseren heutigen Investmententscheidungen bei Astorius fokussieren wir uns deshalb auf Private Equity-Fonds, bei denen des IPO als Exit-Kanal nicht im Zentrum steht. Wir wollen nicht vom Glück bei unseren Anlagen abhängig sein.
Thomas Weinmann ist Partner und Geschäftsführer der Private Equity-Gesellschaft Astorius.