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In einer aktuellen Studie haben das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn und der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) die Performance von Mittelständlern, die mit Private Equity finanziert wurden, untersucht und mit der Entwicklung von nicht Private Equity-finanzierten Unternehmen gegenübergestellt.
VC Magazin: Was sind in Ihren Augen die zentralen Aussagen der Studie?
Hennigs: Die mit Beteiligungskapital finanzierten Mittelständler haben sich nach dem Einstieg eines Investors bei zentralen Kennziffern wie Umsatz, Beschäftigung und Cashflow besser entwickelt als die Mittelständler in der Kontrollgruppe. Sie haben zudem eine durchschnittlich höhere Eigenkapitalquote und sie haben ihr Anlagevermögen als Indikator für die Investitionstätigkeit, stärker ausgebaut.
VC Magazin: Nach welchen Kriterien wurden die befragten Unternehmen ausgewählt?
Hennigs: Die Unternehmen wurden nicht ausgewählt, da ein neutraler Datensatz das Ziel war. Die Analyse erfolgte datenbankgestützt durch unseren akademischen Partner, das Institut für Mittelstandsforschung Bonn. Dazu wurden rund 340 Mehrheits- oder Minderheitstransaktionen der Jahre 2014-2016 identifiziert und als Ausgangspunkt genommen. Dann wurde geprüft, ob in professionellen Datenbanken entsprechende Finanz- bzw. Bilanzkennzahlen für das Jahr des Einstiegs und die drei darauffolgenden Jahre vorlagen. Zudem haben wir Unternehmen mit besonders starkem Wachstum, die als Plattformunternehmen und Add-ons durch Zukäufe gewachsen sind, unberücksichtigt gelassen, um die Analyse nicht durch anorganische Wachstumseffekte zu beeinflussen. Am Ende blieben 92 auswertbare Unternehmen, für die das IfM Bonn hinsichtlich Mitarbeiterzahl und Branche vergleichbare Unternehmen als digitale Zwillinge und Kontrollgruppe zufällig ausgewählt hat.
VC Magazin: In welchen Punkten haben sich mit Beteiligungskapital finanzierte Unternehmen besser entwickelt?
Hennigs: Die mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen zeigen ein deutliches Wachstum des Umsatzes und der Anzahl der Beschäftigten. Das Beschäftigungswachstum liegt in den drei Jahren nach dem Einstieg einer Beteiligungsgesellschaft mit insgesamt 13% deutlich über dem Anstieg der Vergleichsgruppe und dem allgemeinen Anstieg sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Deutschland. In rund jedem dritten beteiligungskapitalfinanzierten Unternehmens wurde die Beschäftigtenzahl im Analysezeitraum von drei Jahren nach Einstieg des Investors um 25% oder mehr erhöht. Der Umsatz wuchs über den Untersuchungszeitraum durchschnittlich um fast 21 % und damit ebenfalls stärker als in der Vergleichsgruppe mit 13%. Etwas mehr als jedes dritte Portfoliounternehmen steigerte den Umsatz um 25% und mehr.
VC Magazin: Wie hat sich die Eigenkapitalausstattung der untersuchten Unternehmen im Detail entwickelt?
Hennigs: Die durchschnittliche Eigenkapitalquote lag mit rund 29 bis 31% bei den mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen über der der Vergleichsunternehmen, die sich bei 24-28% bewegte. Die Unternehmen setzten auf Wachstum durch Investition: Bei den mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen stieg das Anlagevermögen in den drei Jahren nach dem Investoreneinstieg um durchschnittlich 17%, während es in der Vergleichsgruppe um 5% zurückging. Aber auch der Cashflow im Verhältnis zum Umsatz stieg deutlich stärker und lag nach drei Jahren durchschnittlich 62% über dem Ausgangswert. Um das Wachstum und die damit einhergehenden Investitionen zu finanzieren, wurde aber auch vermehrt Fremdkapital in Anspruch genommen bzw. stiegen die Verbindlichkeiten stärker als bei den Vergleichsunternehmen.
VC Magazin: Wie beurteilen Sie, dass mit Private Equity finanzierte Unternehmen laut Studie eine höhere Fremdkapitalquote aufweisen?
Hennigs: Die Studie zeigt tatsächlich, dass bei den beteiligungskapitalfinanzierten Unternehmen die Verschuldung stärker ansteigt als bei der Kontrollgruppe. Allerdings zeigt die Studie eben auch das überdurchschnittliche Wachstum etwa bei Umsatz und Beschäftigten sowie bei den Investitionen. Dieses Wachstum muss jedoch finanziert werden und angesichts niedriger Zinsen und üppig vorhandenem Fremdkapital nutzen die Unternehmen eben alle Finanzierungsoptionen.
VC Magazin: Es ist viel Kapital im Markt, das Bewertungsniveau entsprechend hoch. Wie schwierig ist es zu akzeptablen Konditionen zu investieren?
Hennigs: Es ist richtig, dass nicht nur im Private Equity-Markt, sondern im Kapitalmarkt allgemein viel Kapital nach rentierlichen Investitionszielen sucht. Bei Private Equity ist zudem der Wettbewerb nicht nur durch deutsche und internationale Beteiligungsgesellschaften, sondern auch durch Corporates oder auch Family Offices sehr intensiv. Man kann als Investor aber durch Verlässlichkeit und Geschwindigkeit sowie Branchenkenntnis punkten, um sich so im Wettbewerb abzusetzen. Der Preis ist nicht immer das alleinentscheidende Kriterium. Zudem ist gerade auch im Mittelstand das Interesse und die Nachfrage nach Beteiligungskapital für Wachstum bzw. die Zahl verkaufswilliger Mittelständler in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Beteiligungsgesellschaften sind inzwischen eine gezielt gesuchte Option. Die Zeiten früherer Vorbehalte sind vorbei.
VC Magazin: Was raten Sie im Gegenzug Mittelständlern, die heute auf der Suche nach Beteiligungskapital sind?
Hennigs: Unternehmer sollten sich vorurteilsfrei und ergebnisoffen mit den verfügbaren Optionen auseinandersetzen und die Vor- und Nachteile für die individuelle Situation abwägen. Ich bin mir sicher, dass Beteiligungsgesellschaften egal ob für Minderheitsbeteiligungen oder einen Mehrheitsverkauf immer eine interessante Alternative für einen Mittelständler sind, um Wachstum zu finanzieren und die Zukunft zu sichern.
VC Magazin: Welches sind aktuell neben der Unternehmensfinanzierung die größten Herausforderungen für Mittelständler?
Hennigs: Natürlich sind da Corona und die vielfältigen Auswirkungen der Pandemie zu nennen. Darüber hinaus standen und stehen mittelständische Unternehmen aber vor weiteren Herausforderungen: Globaler Wettbewerb, fortschreitende Digitalisierung, Investitionen in Umweltschutz und Nachhaltigkeit, Sicherung der Unternehmensnachfolge, Fachkräftemangel, Erschließung neuer Wachstumspotentiale. All dies gilt es zu meistern. Um in diesem Umfeld erfolgreich bestehen zu können, bedarf es nicht zuletzt Investitionen und verlässlicher Finanzierungspartner.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person: Dr. Robert Hennigs ist stellvertretender Sprecher des Vorstandes des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) und seit 2004 Geschäftsführer und Partner bei der Finatem Beteiligungsgesellschaft, Frankfurt am Main. Der Fokus von Finatem liegt auf Unternehmen des kleineren Mittelstands mit einem Jahresumsatz zwischen 10 Mio. und 50 Mio. EUR.