„Nicht-finanzielle Wirkung von Unternehmen wird immer wichtiger“

Adventsgespräch mit Jochen Herdrich, BonVenture

Adventsgespräch mit Jochen Herdrich, BonVenture

Bildnachweis: © Venture Capital Magazin/BonVenture.

Die Coronapandemie hat das Jahr bestimmt, der Beteiligungsmarkt hat sich aber nicht beeinflussen lassen – im Gegenteil. Das Rekordjahr für die Branche neigt sich dem Ende, 2022 steht kurz bevor. Der Advent ist eine willkommene Gelegenheit, inne zu halten zurück und nach vorn zu blicken. In der Reihe „Adventsgespräche“ ziehen Köpfe der deutschen Venture Capital- und Private Equity-Szene ein Fazit zu 2021 und schauen auf die kommenden zwölf Monate.

VC Magazin: Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende – wie fällt Ihr Rückblick auf den Beteiligungsmarkt aus?
Herdrich: 2021 war natürlich wieder herausfordernd, für uns als Impact-Investor letztendlich aber sehr positiv. Wir merken eine stark steigende Nachfrage nach Impact-Investing, sowohl bei Investorinnen und Investoren als auch bei Gründerinnen und Gründern. Wir sehen auch, dass Impact-Unternehmen mit ihren gesellschaftlich relevanten Angeboten zunehmend Vorteile am Markt haben und überzeugen können.

VC Magazin: Ein Blick auf Ihr Geschäft: Was war Ihr persönliches Highlight in diesem Jahr?
Herdrich:
Unser Highlight ist klar das Closing unseren neuen High-Impact-Fonds BonVenture IV mit einem Fondsvolumen von rund 50 Mio. EUR, aus dem wir auch bereits erste Investments tätigen konnten. Damit haben wir unser Ziel voll erreicht. Daneben hatten wir seit Beginn der Corona-Pandemie noch keinen Ausfall zu beklagen, auch hier sehen wir Vorteile bei Impact-Unternehmen mit einer tendenziell höheren Resilienz. Die Weihnachtsferien können nun also kommen…

VC Magazin: ESG stand in diesem Jahr durch neue Regulierung und den Fokus auf Nachhaltigkeit stärker im Raum. Welchen Entwicklungen spüren Sie hier im Venture Capital-Segment?
Herdrich:
Als Impact-Investor sehen wir es natürlich sehr positiv, dass die nicht-finanzielle Wirkung von Unternehmen immer wichtiger wird. Es kann doch nicht sein, dass unternehmerisches Handeln völlig losgelöst von der Gesellschaft und ihren Problemen agiert. Hier gilt es, die negativen wie positiven Wirkungen auf die Gesellschaft in Betracht zu ziehen und aktiv zu steuern. Wobei wir zwischen ESG- und Impact-Investing unterscheiden müssen: während es bei ESG um die Vermeidung von negativen Auswirkungen geht, steht Impact-Investing in unserem Verständnis für die aktive Herbeiführung von positiver gesellschaftlicher Wirkung.

VC Magazin: Sie investieren in nachhaltige Start-ups. Sehen Sie hier bei den Gründern einen steigenden Trend zu nachhaltigen Geschäftsmodellen oder auch zunehmendes Bewusstsein für ESG?
Herdrich:
Absolut, immer mehr Gründerinnen und Gründer fragen sich, welche Wirkung ihr Handeln hat. Sie möchten ein sinnvolles Geschäftsmodell verfolgen, das neben der finanziellen auch eine gesellschaftliche Rendite erbringt und keinesfalls etwas kaputt macht. Die Analyse von ESG und Impact und daraus abgeleitete Maßnahmen bedeutet dabei meist auch eine Verringerung der unternehmerischen Risiken.

VC Magazin: Der Pandemie zum Trotz hat sich die Beteiligungsbranche zu neuen Rekordwerten im Fundraising und bei den Investments aufgeschwungen. Welche Erwartungen haben Sie für den Markt im kommenden Jahr?
Herdrich:
Da gibt es natürlich viele konjunkturelle Einflussfaktoren. Aber wir nehmen – unabhängig davon – eine deutlich stärkere Nachfrage nach Impact-Investing wahr. Investorinnen und Investoren möchten – genauso wie Gründerinnen und Gründer – aufgrund ihres Handelns einfach kein schlechtes Gewissen haben müssen. Wir gehen daher von einer weiter positiven Entwicklung bei Impact-Investments und -Unternehmen aus.

Zum Interviewpartner:

Jochen Herdrich ist Partner bei BonVenture. Vor seinem Engagement bei BonVenture war er mehrere Jahre als Investment Manager in einer technologieorientierten Beteiligungsgesellschaft und als Produktmanager in einem Industrieunternehmen tätig.