„Do what you can do best – outsource the rest!“

Adventsgespräch mit Florian Ascherl, Fraunhofer Venture

Adventsgespräch mit Florian Ascherl, Fraunhofer Venture
Adventsgespräch mit Florian Ascherl, Fraunhofer Venture

Bildnachweis: © VentureCapital Magazin/Fraunhofer Venture.

Die Coronapandemie hat das Jahr bestimmt, der Beteiligungsmarkt hat sich aber nicht beeinflussen lassen – im Gegenteil. Das Rekordjahr für die Branche neigt sich dem Ende, 2022 steht kurz bevor. Der Advent ist eine willkommene Gelegenheit, inne zu halten zurück und nach vorn zu blicken. In der Reihe „Adventsgespräche“ ziehen Köpfe der deutschen Venture Capital- und Private Equity-Szene ein Fazit zu 2021 und schauen auf die kommenden zwölf Monate. 

VC Magazin: Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende – wie fällt Ihr Rückblick aus?
Ascherl: Im Herbst 2020 wurde das Fraunhofer Venture CoLab mit freundlicher Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) als 
Kooperationsplattform für Fraunhofer-Forschende, externe Start-ups und Entrepreneure gegründet. Das CoLab-Team hat im vergangenen Jahr mehr als 20 Kooperationstandems mit Fraunhofer-Instituten initiiert. Die meisten davon wurden nahtlos in das Company Building Programm der Fraunhofer-Gesellschaft aufgenommen und arbeiten mit Unterstützung der Kollegen von Fraunhofer Venture und des Ahead-Teams an ihrem Markteintritt – das ist eine sehr gute Zwischenbilanz und gibt uns einen motivierenden Ausblick auf die kommenden Jahre. Die Basis für die erfolgreiche Bilanz nach einem Jahr CoLab ist aber nicht nur das Fraunhofer-Technologieportfolio und die CoLab Methode, sondern die wachsende Kooperationskultur zwischen Forschung und Start-ups. Getreu dem CoLab-Motto: »collaborate to innovate!« soll hierauf weiter aufgebaut, und 2022 die nächste Stufe für Fraunhofer-Start-up Kooperationen gezündet werden. 

VC Magazin: Ein Blick auf Ihr Geschäft: Was war Ihr persönliches Highlight in diesem Jahr?
Ascherl: Wir haben es als komplett neu aufgestelltes CoLab Team geschafft, auch in Zeiten von Lockdown, Beschränkungen bei Veranstaltungen und Home Office sowohl als Team mit einer gemeinsamen Vision optimal zusammen zu wachsen, als auch unser Programm mit Mehrwert für Gründer wie auch Fraunhofer-Institute auf die Beine zu stellen. Wir blicken mit unseren Tandems bereits auf drei CoLab Batches zurück, die wir auch jedes Mal inhaltlich noch weiter verbessert haben. Obwohl wir noch nicht die Möglichkeit hatten, unsere Workshops mit den Teams alle gemeinsam vor Ort durchzuführen, haben wir trotzdem einen effizienten Modus der Zusammenarbeit innerhalb der Kooperations-Tandems etablieren können. Wir freuen uns aber natürlich wieder sehr darauf, hoffentlich bald unsere Workshops in Präsenz stattfinden zu lassen. 

VC Magazin: Sie leiten das Fraunhofer CoLab. Was planen Sie für das Jahr 2022?
Ascherl: Fraunhofer-Institute und Start-ups bewerten die bislang gestarteten Kooperationen sehr positiv und bestätigen damit die Aufbauarbeit im ersten Jahr des CoLab. Voraussichtlich bereits 2022 werden die ersten CoLab-Teams das Ahead-Programm erfolgreich abschließen und mit Fraunhofer-Technologien Kundenprobleme lösen bzw. neue Märkte erschließen. Auf dieser Basis soll Fraunhofer als begehrter Technologie-Partner für junge Tech-Unternehmen im Gründerökosystem noch fester verankert werden. Sobald die Pandemielage es zulässt, werden wir hierfür bei einigen großen Events und Messen im Ökosystem wieder stärker persönlich präsent sein und freuen uns auf einen face-to-face Austausch mit Start-ups live vor Ort. Vor allem das wachsende Netzwerk an Partnern im Gründerökosystem soll im Jahr 2022 zum Motor für zusätzliche Kooperationen werden. Zudem soll das für Gründer bereits bewährte CoLab Programm im kommenden Jahr auch schrittweise für Anknüpfungspunkte von KMU adaptiert, und so auch zur Kooperationsplattform für den innovativen deutschen Mittelstand werden.

VC Magazin: Startups sind ein begehrtes Gut, das Bewertungsniveau ist entsprechend hoch. Wie gewinnen Sie Startups für Ihr CoLab?
Ascherl: Definitiv, aber unser Motto ist hier „Do what you can do best – outsource the rest!“ Das heißt wir bei Fraunhofer haben die Spitzentechnologien und du als Start-up kümmerst dich um die Kunden und damit den Marktzugang. Das CoLab bietet professionelle Unterstützung damit sich die potenziellen Kooperationspartner in einem strukturierten Matching-Prozess überhaupt erst finden. In einem erprobten Programm werden die Fraunhofer-Start-up-Tandems dann effektiv von der ersten Kontaktaufnahme über die Entwicklung ihrer Kooperation bis hin zur unterschriftsreifen Vereinbarung über die Zusammenarbeit auf Lizenzbasis oder eine gemeinsame Gründung begleitet. Das begleitende Kooperations-Management und Coaching von CoLab, Ahead und Fraunhofer Venture aus einer Hand sorgt dabei immer für die nötige Expertise, die im aktuellen Stand der Projektarbeit gebraucht wird. So wird eine zeitnahe Ausgestaltung des Kooperationsrahmens sichergestellt, und die Tandems können sich auf ihren jeweiligen Fokus konzentrieren: erfolgversprechende Marktpotenziale zu identifizieren und gemeinsam Geschäftsmodelle zu entwickeln. 

VC Magazin: Inwiefern unterstützen Sie bei der Kapitalsuche?
Ascherl: Natürlich ist das eine der ganz zentralen Fragen für jedes Start-up. Wir gehen hier allerdings zunächst noch nicht so stark in den Lead und sind auch kein VC oder Investor für Startups im klassischen Sinn. Wir nehmen das Start-up am Anfang unseres gemeinsamen Wegs in die Pflicht den Beweis zu erbringen, dass Kunden für die Lösung bezahlen, Investoren den Case spannend finden und/oder sich öffentliche Programme finden lassen, die das Team weiterbringen werden. Je näher wir allerdings dann dem tatsächlichen Transfer der Technologie von Fraunhofer in das Start-up und damit der Realisierung der gemeinsamen Produktvision kommen, desto mehr unterstützen wir auch hier. Wir arbeiten bspw. sehr eng mit dem FTTF und dem HTGF zusammen und sehen häufiger, dass sich Teams mit denen wir arbeiten dort (erste) Investments sichern können. Zusätzlich unterstützen unsere Kollegen im Venture Management individuell mit ihren persönlichen und branchenspezifischen Kontakten zu Investoren. Außerdem pflegen wir eine Übersicht über öffentliche Förderprogramme, die die Zusammenarbeit von Start-ups mit Forschungseinrichtungen fördern – manchmal sind auch öffentliche Programme und Innovationsgutscheine o.ä. gute Brücken für unsere Tandem-Teams.

Zum Interviewpartner:
 
Florian Ascherl leitet bei Fraunhofer Venture das Team für die Ausgestaltung und Umsetzung des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Programms „Fraunhofer Venture CoLab“. Das Venture CoLab ist der zentrale Anlaufpunkt für Gründer & KMU, die mit Spitzentechnologien von heute die Geschäftsmodelle von morgen entwickeln wollen.