Anspruchsdenken und Selbstreflexion der Private-Equity-Gesellschaften

Transaktionsfaktoren im Private Equity-Segment

Raoul Nacke, Eric Salmon & Partners
Raoul Nacke, Eric Salmon & Partners

Bildnachweis: © Eric Salmon & Partners.

Wir leben in turbulenten Zeiten: Digitalisierung und Nachhaltigkeitsdebatte haben unmittelbaren Einfluss auf den Private Equity-Markt. Derzeit sind zwei Effekte zu beobachten: Private Equity-Fonds verfügen über immer mehr Kapital und die Digitalisierung sowie die globale Nachhaltigkeitsdebatte reduzieren den Markt interessanter Übernahmeziele. 

Unternehmen, deren Geschäftsmodelle nicht robust genug sind, notwendige Transformationen zu stemmen, oder die starker Zyklizität unterliegen, werden von Investoren gerne gemieden. Investoren konzentrieren sich eher auf Unternehmen, die inhaltlich globalen Trends folgen. Industrieunternehmen klassischer Ausprägung sind nur attraktiv, wenn deren Geschäftsmodell einen „future proof“ nachweist. Hier leiden besonders die Automobilzulieferer, die den Swing zur Elektromobilität noch nicht aufzeigen. Ergo: Kapitalstärker werdende Fonds konkurrieren um eine reduzierte Zahl an Unternehmen, sodass Preise zwangsläufig steigen. 

Anforderungen steigen

Für Private Equity-Fonds nimmt damit der Druck zu, zeitnah zu investieren. Gleichzeitig ist ein EBITDA-Multiple von zwölf in Zukunftssegmenten keine Ausnahme mehr. Entsprechend steigen die Anforderungen an die Value Creation, sprich an die gezielte Wertsteigerung der Beteiligungsunternehmen nach der Übernahme. Deals zu machen wird auch zukünftig im Vordergrund stehen, den Deal-Zuschlag wird der Investor jedoch nicht mehr nur über den Preis bekommen. 

Empathie spielt größere Rolle

Geeignete Partner qualifizieren sich, indem sie sich inhaltlich und unternehmerisch in die Beteiligung einbringen und aktiv Wertsteigerung betreiben. Zudem spielt Empathie im Umgang mit den handelnden Personen, insbesondere den verkaufenden Stakeholdern, gerade im Small- und Mid Cap-Segment, eine noch größere Rolle. Nicht alle Private Equity-Player sind gleich gut aufgestellt; die Profession ist noch geprägt durch ehemalige Investmentbanker und Unternehmensberater, die primär in der Perfektion der Unternehmensdatenanalyse sozialisiert wurden. Private Equity-Fonds sollten sich die Frage stellen, ob man inhouse über das geeignete Team verfügt, das zu substanzieller Wertsteigerung der Portfolios beitragen kann. Large Cap-Fonds bedienen sich meist einer Operating Partner-Struktur, die den Deal-Teams heute nachrangig zuarbeitet, deren Stellenwert in Zukunft jedoch zunehmen muss.

Charaktere dominieren

In Mid- und Small Cap-Fonds dominiert meist die Transaktionsseite; es fehlen Verantwortliche, die Transformationen bereits erfolgreich umgesetzt haben und über einen Track Record in echter Value Creation verfügen. Einige Mid Caps haben ihr Geschäftsmodell angepasst und kooperieren inhaltlich ausgesprochen eng mit dem Management ihrer Beteiligungen, sodass Partnerschaften auf Zeit entstehen. Hier dominieren Charaktere, meist ehemalige Geschäftsführer, die bereits bewiesen haben, dass sie „Transformation können“. Ein probates Mittel – das sich in der Standortbestimmung von Portfoliomanagementteams bereits etabliert hat – ist ein Management Assessment innerhalb des Private Equity-Teams. Dies primär, um sich über die Kompetenzverteilung sowie Stärken und Schwächen im eigenen Team bewusst zu werden und diese besser ausbalancieren zu können. 

Fazit

Bei internen Assessments der Private Equity-Gesellschaften werden andere Maßstäbe angelegt als bei denen eines Portfoliogeschäftsführers. Es gilt, die Kompetenzen im Investmentteam so auszutarieren, dass Deal Making und Value Creation gleichermaßen gut vertreten sind. Eine Standortbestimmung in den eigenen Reihen durchzuführen heißt immer, eine psychologische Hürde zu überwinden. Nichtsdestoweniger sollte sie heutzutage zum Entwicklungsrepertoire jeder Organisation gehören; auch einer Private Equity-Gesellschaft. Letztlich geht es um eine Verschiebung der benötigten Kompetenzen – von „Kaufen“ in Richtung „Kaufen und Machen“. Sich ausschließlich auf die Kompetenzen der eingesetzten Geschäftsführer in den Portfoliogesellschaften zu verlassen wird in Zukunft nicht genügen.

Über den Autor:
Raoul Nacke ist globaler CEO von Eric Salmon & Partners, Executive Search & Leadership Advisory.