„Ich hatte die Wahl zwischen einem Auto und einem Start-up“

Sophia Tran unterstützt als Business Angel und CEO von Spotlight! Ventures aufstrebende digitale Start-ups. Als Partnerin und Prokuristin beim Startup Inkubator und Accelerator Digitalhub.de leitet sie den Marketing- sowie den Öffentlichkeitsbereich und betreut die Investoren, Partner und Aktionäre.

VC Magazin: Was sind Ihre Beweggründe, sich als Business Angel zu engagieren?Tran: Mir kam das Investieren nie in den Sinn, bis ich von ein paar Start-ups aus meinem Netzwerk angesprochen wurde. Und als ich vor der Wahl stand, mir ein Auto zu kaufen oder die gleiche Summe in ein Start-up zu stecken, entschied ich mich für Letzteres, habe mich zu investieren getraut – und es seither nicht bereut. Ist der erste Schritt einmal gemacht, wird es mit weiteren Invest­ments leichter. Da ich viele gute PR- und Marketingkontakte auch aus meiner Zeit bei verschiedenen TV-Formaten mitbringe und persönlich in den sozialen Netzwerken sehr engagiert bin, unter­stütze ich die Start-ups bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Meine Investments sind allesamt Produkte im B2C-Bereich. Da sind mein Netzwerk und mein Rat oft ein noch größerer Mehrwert als mein eingebrachtes Kapital.

VC Magazin: Sie sind nicht der typische Business Angel. Was ­machen Sie anders?Tran: Mich zeichnet aus, dass ich öffentlich darüber spreche und stolz darauf bin. Es macht mir unglaublich viel Spaß, und wenn man mehr darüber spricht, werden mehr Menschen, vor allem Frauen, dazu bewegt, Start-up-Investitionen zu tätigen. Viele Busi­ness Angels – die meisten sind männlich und deutlich älter – haben mich anfangs aufgrund meines jungen Alters und meiner fehlenden Erfahrung belächelt. Dadurch habe ich mich aber umso mehr gepusht gefühlt, zu beweisen, dass ich das auch kann.

VC Magazin: Was waren positive und negative Erfahrungen bisher?
Tran: Ich baue mir gerade ein Portfolio auf, wohl wissend, dass nicht jedes Start-up überleben wird. Man braucht Mut, um an ein Start-up zu glauben. Meine erste Herausforderung war aber die Bürokratie. Ich hatte keine Ahnung vom Vertragswesen. Damit kämpfe ich immer noch, vor allem mit ausländischen Verträgen. Ist diese Hürde geschafft, macht die Arbeit Freude, mein Feedback und mein Blick aus Konsumentensicht werden gerne angenommen. Bisher habe ich zum Glück nur positive Erfahrungen gemacht.

VC Magazin: Braucht es mehr weibliche Business Angels?
Tran: Ganz klar: Ja. Es braucht aber auch mehr Gründerinnen. Frauen sprechen gerne mit Frauen; männliche Angels investieren immer noch eher in männliche Teams. Darum braucht es mehr weibliche Business Angels. Je mehr Gründerinnen, desto mehr weibliche Business Angels – das ist ein Kreislauf.

VC Magazin: Woran liegt es, dass Frauen „nachhaltiger“ investieren als Männer?Tran: Frauen sind risikoaverser und bedachter. Viele Start-ups wollen aber auch keine weiblichen Business Angels haben, wegen alter Rollenbilder, dass eine Frau keine Karriere macht. Start-ups suchen nach Kapital, aber auch nach Expertise, und die können sie sich eher bei Männern vorstellen. Die denken, wer erfolgreich ist und Geld hat, ist eher ein Mann. Wenn mehr Aufklärung stattfin­det und der Job „normal“ wird, werden sich mehr Frauen trauen.

VC Magazin: Können Sie einen Ausblick geben, wie sich die Angel-­Szene entwickeln wird?
Tran: Die letzten fünf Jahre habe ich beobachtet, dass sich die Mind­sets von Business Angels geändert haben. Es geht in Richtung Nachhaltigkeit und Diversität, es wird gezielt darauf geachtet, in gemischte Teams zu investieren. Ich glaube, in den nächsten fünf Jahren wird es mehr weibliche Gründerteams und Business Angels geben. Ich hoffe, dass es irgendwann normal wird, dass es Gründerinnen und Gründer gibt und die Frauen nicht explizit nach vorne gehoben werden. Ich bin positiv gestimmt.

VC Magazin: Vielen Dank für das spannende Interview!