Zunehmender Einfluss von ESG auf das Fundraising

Fundraising 2022

Amos Veith, Dr. Robert Eberius, Poellath (v.l.n.r.)
Amos Veith, Dr. Robert Eberius, Poellath (v.l.n.r.)

Bildnachweis: © Poellath.

Auch im Jahr 2022 sollte das Thema ESG im Fundraising weiter an Bedeutung gewinnen. Dies dürfte vor allem an der weiter wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung sowie den seit letztem Jahr geltenden Transparenzerfordernissen der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation – SFDR) und nicht zuletzt an den mit Beginn dieses Jahres neu hinzugekommenen Vorgaben der Taxonomie-Verordnung liegen.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen einer meist nur in Bezug auf Bestandsfonds oder während eines bereits laufenden Fundraisings erfolgten Umsetzung der SFDR im letzten Jahr sind Fondsmanager für zukünftige Fundraisings gut beraten, das Thema bereits bei der Festlegung der Strategie neuer Fonds zu berücksichtigen. Ansonsten kann es sowohl beim Umfang der Offenlegungspflichten als auch bei den Anforderungen der Investoren (die sich dann wiederum auf die Offenlegungspflichten auswirken könnten) zu schwierigen Balanceakten kommen.

ESG-Themen schon bei der Festlegung der Fondsstrategie beachten

Bei der Strategieentscheidung sind also die eigenen Interessen und Ziele des Fondsmanagements wie auch die Wünsche und Vorgaben der Anleger im Wechselspiel mit den damit einher­gehenden Transparenzanforderungen von Bedeutung. Ein Einstieg für Private Equity- und Venture Capital-Fonds könnte die Entscheidung sein, ob, und wenn ja: in welchem Umfang, „Werbung“ mit der Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Merkmalen erfolgen soll. Wichtig bei dieser Frage ist, dass seit einem Auslegungsschreiben der Europäischen Kommission vom letzten Sommer wohl klar ist, dass diese einen möglichst weiten Anwendungsbereich der umfangreichen Berichtspflichten nach Art. 8 SFDR („hellgrüne“ Fonds) wünscht. Fondsmanager sollten also sicherheitshalber davon ausgehen, dass quasi jede (über die Angaben zum Nachhaltigkeitsrisikomanagement hinaus­gehende) Verlautbarung zum Umgang mit ESG-Themen zur Anwend­barkeit der Art. 8 SFDR-Offenlegungspflichten führen dürfte. Bei den regelmäßig verwendeten Ausschlusslisten für bestimmte Investments (zum Beispiel Tabak, Alkohol, Glücksspiel) ist aber nicht per se eine Anwendbarkeit der Art. 8 SFDR-Berichtspflichten gegeben. Dazu muss in einem solchen Ausschlusskatalog ein „Bewerben“ von ökologischen und/oder sozialen Merkmalen im Sinne von Art. 8 SFDR zu sehen sein. Allerdings sollten Fondsmanager grundsätzlich beachten, dass Anleger von Fonds zunehmend erwarten beziehungsweise es anregen, dass diese nach Art. 8 SFDR berichten. Um das aber überhaupt sinnvoll zu können, müssen die Fondsmanager zunächst natürlich ökolo­gische oder soziale Merkmale festlegen, die beim Investieren des Fonds beachtet werden sollen.

ESG-bezogene Side Letter- und LPA-Anforderungen antizipieren

Weiterhin dürften im Fundraising häufiger vorkommende ESG-bezogene Anforderungen von Anlegern an die Ausgestaltung des LPA und vor allem an die Vereinbarung von Side Lettern rele­vant sein. Hier ist mit einer großen Bandbreite der investoren­seitigen Anforderungen zu rechnen. Häufig erwarten Investoren die Erfüllung von teils recht vagen, teils sehr präzisen Anforderun­gen an jährlich oder noch häufiger seitens der Fondsmanager auszufüllende ESG-Berichte. Wegen der vielerorten noch anhaltenden Implementierung eigener ESG-Strukturen kann sich ein Private Equity-Manager aber durchaus mit dem Wunsch auseinandersetzen, man möge dem Investor bereits jetzt ein Excuse-Recht einrichten, falls ein Investment gegen die ESG Policy des Anlegers verstößt, wobei diese aber gerade erst noch entworfen wird. Solche Anekdoten sind regelmäßig das Resultat von anhaltenden Implementierungsprozessen, die häufig die Verhandlungen erschweren, insbesondere wenn sie auf allen Seiten noch nicht abgeschlossen sind.

Konkrete Strategien für Fundraising

Weitgehende und häufig auch wenig detaillierte Anforderungen von Investoren sind insoweit nachvollziehbar, als die Themen häufig auch bei ihnen gerade erst umgesetzt werden und sich in weiten Teilen noch keine Branchenstandards herausgebildet haben. Daher ist es aus Sicht der Anleger essenziell, sich möglichst umfänglich die Mitarbeit der Manager zusichern zu lassen sowie die Bereitstellung von Informationen, welche sie für ihre eigenen Berichte benötigen (auch nach Taxonomie-Verordnung und SFDR). Gut beraten sind also die Venture Capital- und Private Equity-Fondsmanager, die mit konkreten ESG-Strategien und „Angeboten“ ins Fundraising gehen und ihre Positionen im Bereich der ESG-Compliance den Investoren fundiert vermitteln können. Andernfalls werden sich die Manager mit den verschiedenen ESG-Anforderungen der Anleger im Fundraising auseinandersetzen müssen, ohne sich unter Verweis auf eigene Strategien, Standards und Prämissen gegen allzu weit gehende Anfragen abgrenzen zu können.

ESG Due Diligence-Questionnaire erstellen oder ergänzen

Immer häufiger dürfte es im Rahmen des Fundraisings auch dazu kommen, dass die Due Diligence der Anleger die Vervollständigung von zunehmend komplexeren Fragebögen zum Umgang des Managers mit ESG-Themen beinhaltet. Auch hier bietet es sich für Fondsmanager an, eigene ESG-Fragebögen mit relevan­ten Fragen und den entsprechenden Antworten zu entwerfen und im Rahmen des Fundraisings diese mit dem Ziel zu benutzen, nicht mehr allzu viele weitere Varianten der Anleger befüllen zu müssen. Um so vorgehen zu können, sind vor allem entsprechende Kenntnisse aufseiten des Managers erforderlich. Auch wenn derzeit noch eine nicht geringe Anzahl von Anlegern ledig­lich pro forma ESG-Themen abfragt und behandelt (typische Side Letter-Anfrage: „The Manager confirms that it has an ESG policy in place“), nimmt die Anzahl der Investoren mit sehr genauen Vorstellungen und umfassenden Kenntnissen ständig zu. Von diesen werden dann im Rahmen der Due Diligence konkrete Antworten zu ihren Fragen in Bezug auf die ESG-Strategie, die vom Management angelegten Maßstäbe und die angestrebten Zielen des neuen Fonds erwartet.

Fazit

Auch wenn in der allernächsten Zeit noch nicht damit zu rechnen ist, dass viele Anleger auf ein Investment allein unter Verweis auf Mängel bei der ESG-Compliance verzichten, sind klare ESG-Strategien und kenntnisreiche Mitarbeiter im Fundraising eine große Chance vor allem für neue Manager oder solche, die sich neue Anlegergruppen erschließen wollen.

Über die Autoren:
Amos Veith, LL.M., ist Partner und Dr. Robert Eberius, LL.M., ist Counsel im Private Funds-Team der Sozietät Poellath. Sie beraten Fonds­manager und Investoren im Bereich alternativer Kapitalanlagen un­ter rechtlichen, aufsichtsrechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten.