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Digital und nachhaltig aufgestellte mittelständische Unternehmen können Wachstumschancen wahrnehmen. Private Equity-Investoren unterstützen sie, wenn große Investitionen anstehen. Sie stellen als verlässlicher Partner neben Kapital auch Know-how und Netzwerke zur Verfügung.
Bei privaten Eigenkapitalinvestments ist in den letzten Jahren Venture Capital für Start-ups und Frühphaseninvestitionen dank großer Finanzierungsrunden etwa bei Flixbus oder Gorillas in aller Munde. Doch auch der Private Equity-Markt hierzulande hat sich weiterentwickelt. Es entstehen mehr auf Sektoren oder bestimmte Finanzierungsanlässe spezialisierte Fonds, die mit größeren Volumina auf den größeren Mittelstand und Großunternehmen zielen. Gleichwohl gibt es auch weiterhin kleinere Fonds, die sich auf die Versorgung des kleineren und mittleren Mittelstands mit Beteiligungskapital fokussieren.
Digitale Unternehmen zeigen sich krisenfest
Seit der Finanzkrise hatten die deutschen Unternehmen ihre Eigenkapitalbasis spürbar verbessert: Von 27,4% im Jahr 2009 stieg die Quote innerhalb von zehn Jahren laut Aussagen der Deutschen Bundesbank auf 31,2%. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wiesen mit 29,1% eine geringere Ausstattung mit Eigenkapital aus. Doch dann kam die Pandemie – und mit jedem Lockdown schrumpfte das Eigenkapital weiter. Laut KfW-Research sank die Quote im Mittelstand bis August 2021 auf 24%, also noch unter den Wert vor der Finanzkrise. Vor allem diejenigen Unternehmen verzeichneten in den vergangenen beiden Jahren rückläufige Eigenkapitalquoten, die bereits vor der Pandemie eine eher schwache Bonität aufgewiesen hatten. Höhere Krisenfestigkeit bewiesen hingegen innovative und digitalisierte Unternehmen. Wer bereits im Vorfeld Innovations- und Digitalisierungsprojekte durchgeführt hatte, konnte Innovationskompetenzen und einen höheren Digitalisierungsgrad aufbauen.
Investitionen sichern Wettbewerbsfähigkeit
Dafür sind Investitionen gerade jetzt von enormer Bedeutung, herrscht doch derzeit ein kräftiger Investitionsstau. Laut KfW-Mittelstandspanel tätigten die deutschen KMU allein im Jahr 2020 ursprünglich geplante Investitionen in Höhe von 61 Mrd. EUR nicht. Für 2021 ist die Größenordnung ähnlich. Und wenn investiert wurde, dann waren es kleinere Vorhaben zur Krisenanpassung, keine Großprojekte. Wer jetzt aber nicht investiert, verliert an Boden gegenüber dem Wettbewerb – deshalb ist nun ist der Blick nach vorn gefragt.
Chancen für gut positionierte Unternehmen
Zur digitalen Transformation kommen die Auswirkungen des Klimawandels ebenso hinzu. Die Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten bedeutet weniger Transportemissionen, und Kreislaufwirtschaft macht unabhängiger von den immer fragiler werdenden weltweiten Lieferketten – denn laut Ifo-Unternehmensumfrage vom März bereiten fehlende Rohstoffe und Vorprodukte zahlreichen Unternehmen Probleme. Wer hier durch automatisierte Produktion weniger Rohstoff verbraucht, weil er beispielsweise einen geringeren Verschnitt hat, und wessen Maschinen weniger Strom verbrauchen, der kann seine Produkte auch weiterhin zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten. Dabei gehen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und die Neuausrichtung von Lieferketten oft Hand in Hand. Und diese dreifache Transformation bietet Chancen: Denn wird ein Vorproduktelieferant gesucht, ist der mittelständische Nachbar im Vorteil. Kurze Wege zahlen hier sowohl auf das Zuverlässigkeits- als auch auf das Nachhaltigkeitskonto ein. Doch um diese Chancen zu nutzen und sich in allen drei Bereichen zu transformieren und gut zu positionieren, sind zunächst Investitionen erforderlich – und diese sind teils sehr hoch.
Sinkende Ratings verteuern Kredite
Große Investitionssummen mit finanziellen Bordmitteln und Fremdkapital zu stemmen fällt dem Mittelstand allerdings nicht leicht, denn mit sinkenden Eigenkapitalquoten verschlechtern sich auch die Bonität der Unternehmen und ihr Rating, was die Kreditaufnahme verteuert. Hier kann Eigenkapital die Lösung sein. Förderbanken unterstützen dabei mit passenden Finanzierungen in Form von Beteiligungskapital. Die NRW.Bank nutzt dabei zwei Wege: Mit eigenen Fonds investiert die Förderbank direkt sowie über Investitionen in Fonds indirekt in Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen. Sie ist insbesondere als Mezzanine-Kapitalgeber Partner auf Zeit: Der Unternehmer behält seinen Gestaltungsspielraum. Auch Beteiligungsfonds ist gerade bei gut positionierten Unternehmen daran gelegen, das erfahrene Managementteam an Bord zu behalten.
Compliance-Software aus Herford
1 Mio. EUR Mezzanine-Kapital durch die NRW.Bank gab beispielsweise dem Softwareunternehmen b-next aus Herford die Finanzbasis, um heute zu den weltweit führenden Anbietern von spezialisierter Compliance-Software zu gehören. b-next stand vor sechs Jahren vor der Entscheidung, entweder gewaltig zu investieren und weltweit zu expandieren – oder früher oder später vom Markt gedrängt zu werden. Der Wachstumsschub kam mit der speziellen Form von Eigenkapital. Mit dem Mezzanine-Kapital konnte b-next die Produktentwicklung beschleunigen, beispielsweise künstliche Intelligenz integrieren, sowie den globalen Vertrieb ausbauen. So schuf diese Form der stillen Beteiligung zukunftsfähige Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen.
Globale Erfolgsgeschichte mit Egoditor
Indirekt trug hingegen eine Eigenkapitalbeteiligung der NRW.Bank zur globalen Erfolgsgeschichte von Egoditor bei. Ab 2009 schufen zwei Bielefelder einen QR-Code-Generator. 2019 übernahm der Private Equity-Fonds Flex Capital, an dem die NRW.Bank beteiligt ist, die Firmenmehrheit und ermöglichte die weltweite Expansion. Spätestens durch die Corona-Pandemie sind QR-Codes auch im deutschen Alltag allgegenwärtig. Globale Marken zahlen heute per Abonnement für Zusatzservices, erstellen benutzerdefinierte QR-Codes und setzen detailliertes Scan-Tracking ein. Ende 2021 übernahm das aufgrund seines URL-Verkürzers bekannte US-Unternehmen Bitly Egoditor für einen dreistelligen Millionenbetrag und entwickelt sein Angebot gemeinsam mit dem inzwischen auf etwa 50 Mitarbeiter angewachsenen Team von Egoditor fort.
Private Equity ist verlässlicher Partner der Wirtschaft
Generell hat sich der Private Equity-Markt in Deutschland in den letzten Jahren gewandelt. Aus der unbekannten Nische entstand ein wichtiger Partner der Wirtschaft. Auch während der Corona-Pandemie war Beteiligungskapital ein wichtiger Eckpfeiler der Unternehmensfinanzierung. 2021 wurden rund 12,6 Mrd. EUR in deutsche Unternehmen investiert. Von der Erfahrung von Beteiligungsgesellschaften profitieren Unternehmen aller Größen. Die Fonds halfen ihren Portfoliounternehmen durch die Corona-Krise. Sie unterstützen bei der Liquiditätssicherung und brachten dabei ihr Know-how ein und setzten ihr umfangreiches Expertennetzwerk ein. Während der Pandemiezeit bewiesen die Private Equity-Investoren, dass sie ein verlässlicher Partner für die mittelständische Wirtschaft und ein wichtiger Kapitalgeber sind.
Erste Beteiligungen mit Impact-Fokus
Seit etwa einem Jahr investiert die NRW.Bank zudem in Impact-Fonds, die neben der finanziellen Rendite auch die ökologische und soziale Rendite ausgewogen berücksichtigen. Die Beteiligung an einem dritten derartigen Fonds steht aktuell in den Startlöchern. Besonders interessant ist dabei, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Beteiligung parallel den Impact skaliert. Denn als Förderbank des Landes Nordrhein-Westfalen hat die NRW.Bank gleichzeitig alle Aspekte im Blick, die den Standort und die Lebensqualität betreffen: Starke und innovative Unternehmen sollten sich mit guter Infrastruktur und intakter Natur vereinen, zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen und gesichert werden und unser Alltag in einer lebenswerten Umgebung eingebettet sein.
Über den Autor:
Michael Stölting ist Mitglied des Vorstands der NRW.Bank. Der Betriebswirt verantwortet die Bereiche Förderberatung und Kundenbetreuung, Kapitalmärkte, Eigenkapitalfinanzierungen sowie Spezialfinanzierungen.