Bildnachweis: © Life Science Factory.
Wie konkurriert man mit dem Gründungshotspot Berlin? In Göttingen und Niedersachsen werden gezielt Biotech- und Life-Sciences-Start-ups angezogen. Die Schlüsselfaktoren: ein Netzwerk aus Institutionen und ein auf Start-ups zugeschnittenes Angebot.
Göttingen ist eine historisch bedeutsame Universitätsstadt und weist heute im Bereich Life Sciences eine Reihe weltweit führender Forschungsinstitute wie vier Max-Planck-Institute oder ein Fraunhofer-Anwendungszentrum auf. Dabei reicht die Bandbreite von Molekularbiologie und analytischen Verfahren über Bioverfahrenstechnik und Bioinformatik bis hin zu Therapeutika und Medizintechnik. In der „Stadt, die Wissen schafft“ ist es vor allem der Göttingen Campus mit über 35.000 Studierenden und über 5.900 Forschenden, der das wissenschaftliche Ökosystem bereichert und eine Basis für den kollaborativen und interdisziplinären Austausch bietet. Das macht den Standort für eine Vielzahl gesundheitswirtschaftlicher Fragestellungen und natürlich entsprechende Unternehmen ausgesprochen spannend. Über 40 Nobelpreisträger und mehrere erfolgreiche Life-Sciences-Gründungen aus der Forschung sowie starke Zugpferde wie Sartorius, Otto Bock oder Evotec sind ein deutlicher Beleg für das hohe Transfer- und Wirtschaftspotenzial von Göttingen, was den Standort als Start-up-Hotspot in der Mitte Deutschlands so interessant macht.
Life Sciences-Industrie als Motor für die Region
Das gebündelte Wissen und der Forschungsdrang sind zwar ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal der Region, doch sind es am Ende insbesondere die Kapitalgeber, die einen ausschlaggebenden Faktor für aufstrebende Gründungsstandorte darstellen. Die Innovationskraft der Unternehmen, gerade für neue Lösungen zur Pandemiebekämpfung, war und ist enorm, die Finanzierungszahlen stiegen, und auch die Politik hat sich aktiv in die Entwicklungen eingeschaltet. Mit neuartigen Initiativen, wie dem durch das Land Niedersachsen geförderten Life Science Valley, stehen neue Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups bereit. Neben einer Hightechförderung für ausgewählte Teams ist der Aufbau eines Wachstumsfonds angestrebt.
Lokale Investoren schieben das Ökosystem an
Seit Januar 2022 lockt ein neu eröffneter Inkubator speziell Start-ups aus der Biotechbranche und den Lebenswissenschaften an. Die jungen Unternehmen finden in der Life Science Factory alles, was für einen schnellen Start notwendig ist: Austausch, Ausstattung, Einrichtung und Medienzugang. Mit hinter dem Vorstoß steht der Gründer des Berliner Arzneimittelentwicklers Eternygen, Marco Janezic. Er will junge Biotechfirmen über die gemeinnützige Life Science Factory fördern – insbesondere in der Zeit nach der Corona-Pandemie, wenn die Aufmerksamkeit für das Thema wieder abflachen dürfte.
Labore und Räume für Bioreaktoren verfügbar
Auf einer Fläche von 3.300 m² stehen Start-ups modernste S1- und auf Wunsch S2-Labore, eine Prototyping-Werkstatt sowie Büro-, Veranstaltungs- und Community-Räumlichkeiten und Geräteräume für Zentrifugen oder Bioreaktoren zur Verfügung. Größe und Ausstattung der Labore werden flexibel und modular auf die jeweiligen Bedürfnisse der Mieter angepasst. Das ermöglicht einen direkten Start – meist innerhalb von nur 24 Stunden. Die Forschenden und Gründenden profitieren zusätzlich davon, dass sie sich um bau- oder sicherheitsrechtliche Vorgaben nicht selbstständig Gedanken machen müssen.
Zur Autorin:
Irina Reimer ist seit 2019 als erste Mitarbeiterin bei der Life Science Factory, zunächst für den Aufbau im Community- und Operations-Bereich und seit Anfang 2021 als Program Director für die ganzheitliche Ausgestaltung der Programmatik der Life Science Factory in Göttingen verantwortlich.