Wohlstand stärken durch nachhaltiges Wachstum!

Standpunkt: Investitionsstandort Deutschland

Ferdinand von Sydow, BVK
Ferdinand von Sydow, BVK

Bildnachweis: © BVK.

Deutschland steht zu Beginn dieses Jahrzehnts vor unsicheren Zeiten. Was gestern noch als langfristig plan- und berechenbar angesehen wurde, scheint heute in den weltweiten Turbulenzen einer noch nicht überwundenen Pandemie sowie dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine untergegangen zu sein. Die Welt hat Risse bekommen; die globalisierte Wirtschaft, wie wir sie kennen, scheint der Vergangenheit anzugehören. Doch neben den geopolitischen Herausforderungen müssen die Unternehmen vor allem die überfälligen Transformationsprozesse hin zu digitalem und nachhaltigem Wirtschaften gestalten. 

Eines ist klar: Für die Bewältigung dieser Herausforderungen bedarf es milliardenschwerer Investitionen in zukunftsfähige Technologien. Zwar kann Deutschland auf im internationalen Vergleich solide Staatsfinanzen blicken – doch der Staat wird die Transformation nicht allein bewältigen können. Ziel muss es sein, zusätzliches privates Kapital für diese historische Aufgabe zu mobilisieren. Der Wirtschafts- und Investitionsstandort Deutschland wird allerdings im internationalen Vergleich zunehmend kritisch gesehen. Insbesondere die unzureichende digitale Infrastruktur sowie die insgesamt hohe Abgabenlast und hohe Unternehmenssteuern stellen nach Meinung internationaler Anleger ein echtes Investitionshemmnis dar. Die hohe Steuerlast führt unweigerlich dazu, dass sich Gründer und mittelständische Unternehmen immer häufiger gegen Investitionen in Deutschland entscheiden. Deutschland muss die Voraussetzungen schaffen, damit das Land attraktiver für private Investitionen aus dem In- und Ausland wird – nur so können Arbeitsplätze und Wohlstand auch in Zukunft gesichert werden.

Beteiligungskapital als strategischer Partner

Die Unternehmen brauchen eine adäquate Ausstattung mit Eigenkapital sowie verlässliche Finanzierungspartner, um die anstehenden Herausforderungen aktiv anzugehen. Beteiligungskapital in seinen wichtigsten Ausprägungen – Venture Capital, mittelständische Minderheits- und Mehrheitsbeteiligungen und Wachstumsfinanzierungen – bildet eine wichtige Brücke zwischen den großen Kapitalsammelstellen und der Realwirtschaft. Das frische Kapital wird zum Katalysator für Innovationen und neue Technologien sowohl bei Start-ups als auch bei etablierten Mittelständlern. Beteiligungsgesellschaften stellen substanzielle Mittel in Zukunftsfeldern, für Transformationsprozesse und für Wachstumsbranchen bereit.

Potenziale entfalten

Damit sich die Vorteile von Beteiligungskapital vollkommen entfalten können und das Kapital zu einer Stärkung des Wirtschafts- und Innovationsstandorts Deutschland beiträgt, ist eine Verbesserung der steuerlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen notwendig. Wegen fehlender steuerlicher Transparenz von Private Equity- und Venture Capital-Fonds sowie der Erhebung einer Umsatzsteuer auf die Managementvergütungen – die kein anderer relevanter europäischer Markt kennt – ächzen deutsche Private Equity- und Venture Capital-Fonds unter enormen finanziellen Belastungen. Deshalb werden nach wie vor die meisten größeren deutschen Fonds lieber gleich im europäischen Ausland strukturiert. Das seit vielen Jahren postulierte Ziel, Deutschland zu einem attraktiven Fondsstandort zu machen, wurde bisher nicht erreicht.

Fazit

Die europäischen Nachbarn schlafen nicht, arbeiten intensiv an besseren Investitionsbedingungen, während Deutschland den Anschluss zu verlieren droht. In Frankreich ist das private Investitionsthema sogar Chefsache: Hier twittert der Präsident stolz über französische Transaktionen und Initiativen. Um die wichtigsten Nachteile im europäischen Vergleich zu beseitigen, ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen bei Venture Capital und Private Equity weiterhin eine wichtige Aufgabe – denn heute werden die Weichen für die Zukunft gestellt und in den aktuell unsicheren Zeiten sucht sich Kapital mehr denn je die attraktivsten Ziele.

Über den Autor:
Ferdinand von Sydow ist Vorstandsmitglied Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Mitglied der Geschäftsführung bei HQ Capital.