Bildnachweis: © Die Frischemanufaktur.
Für ihr Start-up „Die Frischemanufaktur“ hat sich Gründerin Dr. Jenny Müller bewusst im Jahr 2018 für einen Standortwechsel von München nach Halle an der Saale entschieden. Warum das eine gute Idee war und wie sie den Standort heute einschätzt, berichtet sie im Interview.
VC Magazin: Sie sind Gründerin und CEO des Unternehmens „Die Frischemanufaktur“ mit Sitz in Sachsen-Anhalt. Warum haben Sie sich für diesen Standort als Firmensitz entschieden?
Müller: Sachsen-Anhalt lag für mich als Münchnerin zunächst nicht wirklich auf dem Ansiedlungsradar für mein Start-up. Ich kannte Leipzig vom Studium an der HHL und lernte auf diversen Veranstaltungen einen unserer heutigen Investoren kennen. Die bmp Venture AG managt die landeseigenen Risikokapitalfonds und kann daher nur im Bundesland ansässige Unternehmen finanzieren. Also habe ich mich näher mit Halle (Saale) beschäftigt und fand im dortigen Technologiepark Weinberg Campus ein ideales Setting. Mittlerweile sind wir aus dem Innovation Hub herausgewachsen und skalieren seit diesem Jahr im ländlichen sachsen-anhaltischen Raum unsere Produktion.
VC Magazin: Welche Vorteile bietet Sachsen-Anhalt für Gründerinnen und Gründer? Welche Städte stechen als Leuchttürme hervor?
Müller: Die Vorteile liegen ganz klar in der sehr guten Gründungsunterstützungslandschaft, in der zentrale Lage in Deutschland und der guten Infrastruktur für Start-ups. Vom Gründerstipendium über Acceleratoren in Hochschulen und Techparks bis hin zu Venture Capital gibt es die gesamte Klaviatur an Unterstützung und Förderungen auf sehr kurzen Wegen. Die Nähe zu den Hochschulen und die vergleichsweise geringen Kosten sind weitere Vorteile für Start-ups. Es gibt sowohl günstige als auch sehr gut ausgestattete Flächen, und auch bei der Personalsuche sehe ich extreme Vorteile. Im Gegensatz zu den Start-up-Hotspots findet man hier relativ leicht hoch qualifizierte Leute – und das mit start-up-tauglichen Kostenstrukturen. Auch dadurch, dass das Land so klein ist, findet man schneller Gehör bei der Politik, und die Wege sind kürzer. Ich würde die beiden Großstädte Magdeburg und Halle schon als Leuchttürme bezeichnen. Aber auch alle anderen Hochschulstädte genießen die genannten Vorteile.
VC Magazin: In Magdeburg entsteht die neue Gigafabrik des Chipherstellers Intel. Was bedeutet das für die Region und die Gründerlandschaft?
Müller: Das ist natürlich ein riesiger Erfolg für das Bundesland und wird ganz sicher zu großer Dynamik führen. Es bleibt zu hoffen, dass sich nicht nur direkte Arbeitsmarkteffekte einstellen, sondern diese Ansiedlung auch langfristig positive Effekte auf die Forschungs-, Entwicklungs- und Start-up-Landschaft hat. Da gilt es nun, diese Chance klug zu nutzen.
VC Magazin: An welchen Stellen hakt es noch? Wie können aus Ihrer Sicht die Gründungsaktivitäten in Sachsen-Anhalt noch mehr gestärkt werden?
Müller: Im April haben wir den Startup-Talk Sachsen-Anhalt ins Leben gerufen, um genau das herauszufinden und auch gemeinsam an der Verbesserung zu arbeiten. Drei offensichtliche Baustellen haben sich sehr schnell herauskristallisiert. Erstens die Bürokratie: Es gibt großartige Unterstützung und auch Förderung im Land, aber die Verwaltungs- und Bearbeitungsprozesse sind für Start-ups teilweise zu statisch oder gar nicht zu durchdringen. Zweitens der Zugang zum Markt: Auch hier ist sicher noch Luft nach oben, wenn es darum geht, Start-ups beim Markteintritt zu unterstützen. Und drittens die Vernetzung untereinander: Wir müssen uns besser vernetzen, damit wir gemeinsam weniger Fehler machen und schneller wachsen. Die nächste Gelegenheit, das Ökosystem kennenzulernen und zu stärken, bietet sich wieder am 29. September zum diesjährigen Investforum Pitch-Day.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zur Interviewpartnerin:
Dr. Jenny Müller ist Gründerin und Geschäftsführerin von „Die Frischemanufaktur“ und Landessprecherin für Sachsen-Anhalt im Bundesverband Deutsche Startups.