„Die Gründer profitieren von 20 Jahren Know-how“

Interview mit Dr. Stefan Blenk, Legal Tech Colab

Dr. Stefan Blenk, Managing Director Legal Tech Colab

Der Freistaat Bayern investiert weiter in die Hightech Agenda und setzt mit einem neuen Fördernetzwerk auf Legal Tech-Start-ups. Auf Initiative des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich haben das Bayerische Justizministerium und UnternehmerTUM das „Legal Tech Colab“ gegründet. Das Bayerische Justizministerium fördert die Initiative mit bis zu 1 Mio. EUR pro Jahr. Über den Colab berichtet Managing Director Dr. Stefan Blenk.

VC Magazin: In welcher Form unterstützen Sie die Start-ups in Ihrem Colab?
Blenk: Das Legal Tech Colab unterstützt innovative Legal Tech-Start-ups in ihrer Pre-Seed und Seed-Phase ganzheitlich und auf die jeweiligen Bedürfnisse der Gründungsteams zugeschnitten. Von der Entwicklung eines Prototypen, Matching mit passenden Co-Gründenden, bis hin zur Finanzierung des Start-ups mit Venture Capital – die Gründenden profitieren von dem Know-how aus 20 Jahren Entrepreneurship- und Tech-Förderung von UnternehmerTUM, Europas größtem Zentrum für Innovation und Gründung. Die Start-ups können auf eine in dieser Form einmalige Natural Language Processing Plattform zugreifen, die speziell mit deutschen Rechtsdokumenten trainiert wird, erhalten ein Stipendium sowie Arbeitsplätze im Gründungszentrum Munich Urban Colab im Herzen von München. In Netzwerkveranstaltungen bringen wir sie mit Start-ups aus anderen Branchen zusammen und stellen ihnen Mentorinnen und Mentoren von Venture Capital Fonds, Großkanzleien oder Unternehmen an die Seite.

VC Magazin: Wie kommen Sie mit den Unternehmen in Kontakt, wie gehen Interessierte am besten auf Sie zu?
Blenk:
Sowohl unsere Start-up-Teams als auch unsere Partner wie Wirtschaftskanzleien und Rechtsabteilungen großer Unternehmen lernen wir auf vielfältige Weise kennen. Am einfachsten treffen wir uns auf Events wie unserem Kick-off oder bei Hackathons. Hier erhalten Interessierte einen ersten Eindruck von unserem Ökosystem, den bereits geförderten Start-ups und wir können direkt ins Gespräch kommen. Zudem informiert unser Team regelmäßig an Universitäten, auf Konferenzen und Messen deutschlandweit über unser Angebot. Alternativ können sie mich direkt über Social Media wie LinkedIn oder per E-Mail kontaktieren.

VC Magazin: In welchen Bereichen der Juristerei findet Legal Tech mittlerweile Anwendung?
Blenk:
Aktuell ist der Automatisierungsgrad im Rechtsbereich noch gering. Doch Legal Tech-Lösungen erleichtern schon heute den Arbeitsalltag von vielen Juristinnen und Juristen, etwa bei der Erstellung von Verträgen, Urteilen, anwaltlichen Schriftsätzen oder auch Behördenbescheiden. Im Rahmen großer Projekte wie M&A Transaktionen und Massenverfahren werden viele Prozesse zentral über Plattformen gesteuert und zumindest zum Teil automatisiert. Hilfreich sind Legal Tech-Tools bei der Erfassung und Verwaltung von Information, beispielsweise durch die teilautomatisierte Dokumentenüberprüfung. Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren wiederum von zahlreichen Online-Portalen, die helfen ihre Rechte schnell und einfach durchzusetzen.

VC Magazin: Wie disruptiv kann Legal Tech in der Zukunft sein?
Blenk: Mit den neuerlichen Technologiesprüngen in den Bereichen Data Science und Natural Language Processing steigen die Chancen für skalierbare, technologiebasierte Innovationen auch im Kernbereich der juristischen Domäne drastisch. Wenn Start-ups es schaffen, diese Schlüsseltechnologien richtig einzusetzen, könnte es in nicht allzu ferner Zukunft in vielen Bereichen der Rechtsbranche zu gewaltigen Sprüngen kommen. Im Bereich NLP könnte die aktuelle Entwicklungsstufe GPT-3 sogar juristisches Argumentieren erlernen und damit Anwälte und Richter bei ihrer Kerntätigkeit unterstützen. Dies wäre tatsächlich eine Disruption.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Interviewpartner:

Dr. Stefan Blenk ist Managing Director des Legal Tech Colab. Zuvor arbeitete er viele Jahre als Rechtsanwalt in den Bereichen Gesellschaftsrecht und Legal Tech für die führende Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer und gründete danach ein eigenes Legal Tech Start-up. Das Legal Tech Colab ist Deutschlands erster Inkubator für technologieorientierte, innovative Start-ups im Bereich Legal Tech und eine gemeinsame Initiative von Staatsministerium der Justiz, UnternehmerTUM und TUM Venture Labs.