Bildnachweis: F-Log Ventures.
Es weihnachtet beim VC Magazin! Im Adventsgespräch liefert Tanja Rosendahl, Managing Partner bei F-Log Ventures, einen Rückblick auf 2022 und wirft einen Blick auf das kommende Jahr.
VC Magazin: Das Jahr 2022 neigt sich dem Ende – wie fällt Ihr Fazit aus?
Rosendahl: Für den Venture Capital Markt war dies ein sehr turbulentes Jahr. Nach den Höhenflügen der letzten Jahre hat der Markt eine zwar harte aber meines Erachtens auch notwendige Konsolidierung erfahren. Für viele Start-ups, die in den letzten Jahren sehr stark auf Wachstum gesteuert wurden, war 2022 ein schwieriges Jahr für Finanzierungsrunden, da die Venture Capitalisten aufgrund der Marktentwicklung sehr zurückhaltend über das Jahr wurden und wesentlich mehr auf Profitabilität bei Targets geschaut haben. Für uns als F-LOG war 2022 ein sehr erfolgreiches Jahr. Wir haben vier neue Investments umsetzen können und unser Portfolio entwickelt sich gut, auch hier haben wir natürlich die Herausforderungen der aktuellen Marktlage, aber unsere Unternehmen sind auf gutem Kurs.
VC Magazin: Ein Blick auf Ihr Geschäft: Was war Ihr persönliches Highlight in diesem Jahr?
Rosendahl: In diesem Jahr hatten wir eine doppelte Premiere, wir haben mit der Finanzierungsrunde über 1,3 Mio. EUR in die Speiz AS unser erstes Pre-Seed Investment im Lead getätigt, das gleichzeitig unser erstes skandinavisches Investment war. Das norwegische Unternehmen entwickelt eine digitale Plattform, um das Mietgeschäft mit Logistikimmobilen zu transformieren. Die SaaS-Lösung ermöglicht es, Lagerflächen deutlich einfacher, schneller und kostengünstiger zu vermitteln als im klassischen Vermittlungs-geschäft. Das war sehr spannend für uns in einen Non-EU Markt einzusteigen und hier gemeinsam mit lokalen Investoren zu arbeiten.
VC Magazin: Wie hat sich das Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit in der Logistikbranche gewandelt? Welche Erwartungen haben Sie hier für die Zukunft?
Rosendahl: Faktoren wie steigende Energiekosten, Fachkräftemangel, Probleme in den Lieferketten aber auch die Erwartungshaltung der Verbraucher und staatliche Regulierung haben erhebliche Effekte auf das Thema Nachhaltigkeit in der Logistik. Nachhaltiges Handeln und Kosteneinsparungen gehen mittlerweile zunehmend Hand in Hand und sind damit für Unternehmen noch ein zusätzlicher Ansporn nachhaltiger zu handeln. Gerade in der Logistik, Stichwort Lieferketten, ist unseres Erachtens noch großes Potential zu heben mit Geschäftsmodellen, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben. So haben wir beispielsweise vor einigen Wochen gemeinsam mit Alstin Capital in die retraced GmbH investiert, einer Plattform für nachhaltiges und ESG-konformes Lieferkettenmanagement in der Modeindustrie. Durch retraced können Unternehmen nicht nur nationalen Gesetzen, sondern auch eigenen oder kundenseitigen Nachhaltigkeitsansprüchen gerecht werden. Retraced agiert dabei als zentrale Schnittstelle zwischen allen Lieferanten und Unternehmen
entlang einer Lieferkette. Zusätzlich können die Kunden von retraced die komplette Lieferkette einzelner Produkte in ihren Onlineshop einbinden und somit die Reise des Produktes mit den Verbrauchern teilen. Die Nachfrage im Markt für solche Geschäftsmodelle steigt zunehmend und über alle Branchen hinweg. Auch Themen wie CO2 Reduktion im Transport, alternative Antriebe, Routen- und Supply Chain Optimierung, alternative Konzepte für die Last Mile, etc. spielen derzeit eine große Rolle im Bereich Logistik. Wir gehen davon aus, dass im Jahr 2023 hier noch viele weitere Geschäftsmodelle in den Markt eintreten werden.
VC Magazin: 2022 hat sich zu einem Krisenjahr entwickelt. Welche Erwartungen haben Sie mit Blick auf den Venture Capital-Markt für das kommende Jahr?
Rosendahl: Das Jahr 2023 wird für den Wagniskapitalmarkt unseres Erachtens ein sehr
spannendes Jahr. Viele Start-ups stehen vor der Herausforderung im nächsten Jahr ins Fundraising gehen zu müssen und daher wird es spannend sein, zu sehen, ob die aktuell spürbare Zurückhaltung der Investoren auch das ganze Jahr 2023 anhalten wird. Wir gehen davon aus, dass die Runden, wie ja auch bereits im Jahr 2022 zu sehen, tendenziell kleiner werden und auch die Bewertungen weiterhin auf niedrigerem Niveau verbleiben. Die Herausforderung im Jahr 2023 größere Series A und spätere Runden einzuwerben, dürfte sich noch weiter verstärken. Auf jeden Fall gilt es für die Unternehmen momentan mehr auf Profitabilität zu steuern und die Runway so lang wie möglich zu halten. Gleichzeitig liegt auf Venture Capital-Seite aber auch viel Geld im Markt und viele Venture Capital-Fonds haben gerade in den letzten Jahren geraised und müssen entsprechend allokieren. Daher gehen wir davon aus, und wünschen es auch für die Start-ups, dass sich die bestehende Marktzurückhaltung in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder ein wenig normalisiert.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Über den Interviewpartner:
Tanja Rosendahl ist Managing Partner bei F-Log Ventures und der Next
Logistics Accelerator Beteiligungsgesellschaft.