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In den letzten zehn Jahren hat sich die Situation für Start-ups in Deutschland von Jahr zu Jahr verbessert: mehr Unterstützung, eine steigende Zahl der Player im Venture Capital-Markt, mehr und mehr Business Angels, steigende Bewertungen. Einige Stimmen sprachen sogar von Überhitzung, viele Investoren sahen bereits die Chance auf vermeintlich risikolose Renditechancen.
Zu Beginn der Corona-Pandemie rechnete die Szene mit dem Schlimmsten, die große Krise blieb jedoch aus. Viele Start-ups konnten ihr Geschäfts- beziehungsweise Vertriebsmodell schnell umstellen, agierten flexibel und haben aus dem Homeoffice fast unverändert den Markt bearbeiten und auch Investoren gewinnen können. Hinzu kamen staatliche Unterstützungen, wenn auch mit Verzögerung, aber dann kräftig. Doch wie sieht die Situation inzwischen aus?
Zurückhaltung am Markt
Seit Kriegsausbruch in Europa herrscht auf Investorenseite deutliche Zurückhaltung. Viel ist Psychologie, es gibt aber auch rationale Gründe: Zum einen liegt ein starker Fokus auf Portfoliounternehmen und deren aktuellen Herausforderungen, zum anderen besteht aber auch die Sorge, dass Start-ups in schwierigen Zeiten bei der Marktbearbeitung größere Probleme haben. Entlassungen bei zahlreichen Start-ups wie auch übermäßig fallende Kurse der Techunternehmen drücken auf die Stimmung. Insbesondere frühphasige Start-ups ohne erste Umsätze haben es schwerer; Start-ups mit ersten Erfolgen im Markt haben aktuell die deutlich besseren Chancen.
Interesse der Investoren wecken
Was bedeutet dies für frühphasige Start-ups – und was können sie tun, um für Investoren interessant zu werden? Ganz klar: Die Beschäftigung mit der Markt- und Kundenseite wird noch ein ganzes Stück wichtiger. Ein exzellentes Marktverständnis ist ein Muss bei der Vorbereitung einer Finanzierungsrunde. Dabei liefert der direkte Austausch mit potenziellen Kunden oft die besten Erkenntnisse. Gute Quellen sind etwa auch Messebesuche und Kontakte zu Fachverbänden, die einen Einblick in die geltenden „Spielregeln“ und Marktbedürfnisse haben. Eine gute Vorbereitung wie beispielsweise ein strukturierter Gesprächsleitfaden steigert die Effizienz und Produktivität solcher Gespräche sowie die Bereitschaft der Befragten, Auskunft zu geben.
Kundenkontakte und Umsätze zählen
Am wichtigsten sind jedoch direkte Kundenkontakte, im besten Fall natürlich erste echte Umsätze. Wo dies nicht möglich ist, zum Beispiel im Hardwarebereich bei zu hohen Vorlaufkosten, sollten Start-ups versuchen, möglichst belastbare Kundenaussagen zu bekommen. Belastbar heißt: Potenzielle Kunden sollten auch darauf vorbereitet werden, Investoren gegenüber als Testimonial aufzutreten, denn viele Investoren holen auf diesem Weg direktes Feedback im Rahmen der Due Diligence ein.
Zeit und Geduld
Ebenso wichtig ist eine strukturierte Herangehensweise an den Investmentprozess. Eine umfassende Kenntnis über Investmentstrategien und -präferenzen eines Investors ebenso wie dessen bisheriges Portfolio sollte eine Selbstverständlichkeit sein, Institutionen wie BayStartUp können dabei unterstützen. Auch der Weg der Ansprache sollte, wenn irgend möglich, über einen „warmen“ Kontakt erfolgen. Zudem braucht es Zeit und Geduld: Von der Erstansprache bis zur abgeschlossenen Finanzierungsrunde sollten Start-ups in der aktuellen Lage sechs bis zwölf Monate Zeit einplanen und eine klare Strategie haben, wie sie diesen Zeitraum ohne externes Geld bestreiten.
Über den Autor:
Dr. Carsten Rudolph ist Geschäftsführer der BayStartUp und gestaltet seit 2009 die Entwicklung vom Münchener Businessplan Wettbewerb zum heutigen Angebotsspektrum. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in Start-ups und Tech-Unternehmen.