Bildnachweis: Wizard Ventures.
Wie kann es sein, dass so viele Investoren versuchen in die innovativsten Unternehmen der Welt zu investieren, aber für ihren eigenen Fonds noch Tabellen von A nach B schicken? Dabei gibt es eine Fülle an Anbietern und Tools, die das Leben als Investor vereinfachen, und es helfen auch die kreativen Lösungen mancher Fonds und GPs, um anderen Investoren einen Schritt voraus zu sein. Jeder Venture Capital-Investor sollte in 2023 weiterhin über seinen eigenen Tool Stack nachdenken oder damit beginnen, um nicht vom globalen Wettbewerb abgehängt zu werden.
Die Toollandschaft
In den meisten Fällen werden Tools für Venture Capitalisten in die klassischen Kategorien wie CRM, Portfolio Management oder Reporting eingeteilt. Jedoch empfiehlt sich aus Sicht des GPs eine andere Einteilung eher, um den Impact eines Tools auf die tägliche Arbeit besser zu verstehen. Einerseits gibt es Tools, die einen direkten Einfluss auf die Performance des Fonds haben können und andererseits Tools, die die eigene operative Arbeit erleichtern. Zur ersten Kategorie zählen Softwarelösungen, die zum Beispiel beim Deal Sourcing unterstützen (z.B. durch KI). Jedoch ist hier zu beachten, dass in vielen Fällen bei der Nutzung der Software jeder Investor den gleichen Zugang zu Deals hat und es schwierig ist einen Wissensvorsprung zu erlangen. Deswegen entscheiden sich viele der größeren Fonds mittlerweile eigene Data Teams aufzubauen, um In-house Lösungen zu entwickeln, die den erhofften Vorsprung durch proprietäres Sourcing und eigene Insights
ermöglichen. In der zweiten Kategorie sind eher Tools angesiedelt, die dabei unterstützen
den Deal Flow und das Portfolio zu managen, sowie Aufgaben im Reporting zu automatisieren.
Den richtigen Tool Stack finden
Nun wird sich jeder GP die Frage stellen, wie er sich für den richtigen Tech Stack entscheiden kann? Und natürlich gibt es hier kein richtig oder falsch, denn kein Fonds gleicht dem anderen. Deswegen ist es wichtig, die Ziele des Fonds klar zu kennen und die Ressourcen genau zu analysieren, um zu identifizieren, in welchen Bereichen des Front- und Back-Offices speziell Bedarf für Automatisierung besteht und welche Prozesse durch interne Mitarbeiter oder externe Dienstleister abgedeckt werden können. Die meisten Investoren entscheiden sich nach der Analyse für einen der folgenden zwei Ansätze:
Beim Best-of-Breed-Ansatz bauen Investoren sich Ihren eigenen Tool Stack aus den jeweils besten Tools einer Kategorie zusammen. Sie verwenden beispielsweise ein Tool für Deal Sourcing, eins für ihr Customer Relationship Management (CRM), eins für Reporting und wiederum ein anderes für ihr Portfolio Management. Dieser Ansatz bietet maximale Flexibilität, dadurch dass der Investor in jedem Bereich das Tool wählen kann, welches am besten zum Fonds passt. Andererseits birgt er jedoch einige Risiken wie z.B. eine wohlmöglich schlechtere Datenqualität durch die Integration mehrerer Lösungen oder den hohen Admin Aufwand durch die vielen Tools.
Beim All-in-One Ansatz setzen Investoren auf ein Tool, welches alle notwendigen Funktionen vereint. Es gibt nur wenige Anbieter auf dem Markt, die eine solche Lösung zur Verfügung stellen. Diese sind oft leichter zu implementieren und oftmals auch kostengünstiger. Verständlicherweise sind die einzelnen Funktionen einer All-in-One Lösung meistens nicht so tiefgreifend und umfassend sein, wie eine spezialisierte Lösung und oftmals müssen Investoren auf manche ganz verzichten.
Empfehlenswert ist es, jede der Lösungen ausgiebig zu testen und zu überprüfen, ob die
Bedürfnisse des Fonds ausreichend erfüllt werden. Zudem sollte besonders auf die
Kompatibilität mit anderen Tools geachtet werden, denn auch im Venture Capital-Space
werden in den nächsten Jahren immer neue Lösungen auf den Markt kommen, die es zu
integrieren gilt.
Häufige Probleme, Chancen und Herausforderungen
Eins der größten Probleme, die im Zusammenhang mit dem Tool Stack von Venture Capital-
Fonds auftreten, ist der Mangel an Datenqualität. GPs müssen sich von Anfang an Gedanken machen, wie eine hohe Datenqualität über die Laufzeit des Fonds aber auch über
verschiedene Tools hinweg, sichergestellt wird. Nur so bleiben die Daten in der Zukunft für
die Analyse nutzbar und sorgen schlussendlich für interessante Insights. Die wohl größte Chance für Investoren ist eine frühzeitige Automatisierung vom Großteil der manuellen Arbeit durch Software – vom Research bis zum LP Reporting. Die freigewordene Zeit kann dann für den Kern Ihres Jobs verwendet werden – die besten Gründer zu finden und diese mit Rat und Tat zu unterstützen.
Neben den Chancen gibt es jedoch auch einige Herausforderungen bei der Auswahl des
richtigen Tech Stack. Wenn sich Investoren einmal für Ihren Stack entschieden haben, ist ein Wechsel davon oftmals nur mit großem Aufwand möglich. Zudem ist bei vielen neuen
Softwarelösungen fraglich, ob diese langfristig am Markt bestehen können und damit für die Laufzeit eines oder sogar mehrerer Fonds genutzt werden können – eine Abhängigkeit, die es als GP tunlichst zu vermeiden gilt.
Ausblick
Genauso wie Software sich in jedem anderen Bereich schnell weiterentwickelt, werden auch
stetig neue Tools im VC Space hinzukommen. Es bleibt spannend zu beobachten, inwiefern
besonders Technologien wie Chat-GPT, AI und ML echte Innovation für Investoren bieten
und ob in Zukunft VCs zunehmend eigene Software Development and Data Teams aufbauen. Einige Fonds glauben schon jetzt daran und nehmen eine Vorreiterrolle ein. Ob dies wirklich ein Treiber für bessere Renditen ist, wird sich wie so oft im Investmentbereich erst in einigen Jahren zeigen.
Über den Autor
Max Fleitmann ist Serial Entrepreneur & Investor. Er hat 2022 das Venture Studio Wizard Ventures gegründet und als wichtigen Teil davon die VC-Tool-Plattform VC Stack aufgebaut.