Bildnachweis: Signa Sports United N.V..
Als früherer Deutschlandchef von eBay hat Dr. Stephan Zoll, CEO der Signa Sports United, einen Kennerblick für den E-Commerce-Markt und dessen Chancen im aktuellen Transaktionsgeschäft.
VC Magazin: Hat sich der E-Commerce-Markt in den letzten Jahren verändert, wo steht das Segment aktuell?
Zoll: Der E-Commerce-Markt war in den letzten zwei Jahren von einigen der globalen wirtschaftlichen Herausforderungen besonders betroffen. Zum einen wurde die Branche von den weltweiten Lieferkettenverwerfungen, bedingt durch die globale Pandemie und geopolitische Konflikte, stark gebeutelt, sodass es bei vielen Unternehmen zu verzögerten Auslieferungen sowie Rückgängen der Warenbestände kam. Hinzu kamen Kostensteigerungen entlang der Lieferketten, die nicht sofort oder vollständig an die Kunden weitergereicht werden konnten. Nachdem sich die Warenflüsse im Laufe des letzten Jahres wieder zu normalisieren begonnen hatten, ist die Nachfrage nach Konsumgütern infolge des Kriegs und des angespannten Energieversorgungsthemas zurückgegangen. Auch momentan ist noch zu viel Ware im Markt, die auf eine zu geringe Nachfrage trifft; wir sehen in vielen E-Commerce-Sektoren starke Rabattierungen und damit starken Druck auf die Profitabilität der Unternehmen. Zu guter Letzt kommt die derzeitige Veränderung am Zinsmarkt hinzu. Die gestiegenen und weiter steigenden Zinsen erschweren die Finanzierung der Unternehmen, vor allem, wenn sie stärker auf Wachstum als auf Profitabilität gesetzt haben.
VC Magazin: Welche Auswirkungen haben diese Trends auf mögliche Transaktionen?
Zoll: Solidität und Ertragskraft eines Geschäftsmodells stehen bei der Due Diligence heute weit mehr im Fokus als vor der Zinswende. Angekündigte Wachstumsaussichten müssen belegbar, realistisch und absehbar profitabel sein, ohne die Fantasie der Investoren zu sehr zu bemühen.
VC Magazin: Wie bewerten Sie die aktuellen Preisentwicklungen für den Markt? Spüren Sie Unterschiede zwischen Venture Capitalisten und strategischen Investoren?
Zoll: Derzeit sinken die Bewertungen. Die Haltung der Finanzinvestoren ist momentan eher zögerlicher Natur. Sie scheinen auf den „Tiefpunkt“ der Bewertung und somit den Wendepunkt als Kaufsignal zu warten. Finanzinvestoren sind zurzeit in der komfortablen Situation, über ein großes Finanzvolumen zu verfügen, jederzeit einsteigen, das Geld aufgrund der veränderten Zinssituation am Finanzmarkt aber auch „parken“ zu können.Auch die Strategen warten noch ab; jedoch vor allem, weil sie zuallererst ihr Unternehmen in diesen herausfordernden Zeiten stabilisieren bzw. den äußeren Veränderungen anpassen müssen. Und da sowohl Finanz- als auch strategische Investoren in Wartehaltung verharren, werden die Bewertungen voraussichtlich vorerst nicht steigen.
VC Magazin: Welche Konsequenzen leiten die Unternehmen daraus ab?
Zoll: Etablierte Unternehmen müssen schauen, inwieweit ihre Strukturen, Geschäftsmodelle und Finanzierung noch den Veränderungen im Markt gerecht werden und welche Anpassungen eventuell notwendig sind. Start-ups haben ihre Cash Burn Rate weit stärker zu kontrollieren und werden den Fokus auf rentables Wirtschaften legen müssen. Die Tatsache, dass Fremdfinanzierungen aufgrund der Zinswende schwieriger geworden sind, werden alle spüren. Die Konzentration auf Profitabilität wird die logische Folge sein.
VC Magazin: Welche Investitionstrends bei technisch getriebenen Geschäftsmodellen im Sportbusiness sehen Sie?
Zoll: Schaue ich hierbei in die USA, die uns diesbezüglich einen Schritt voraus sind, und beziehe mich auf Aussagen verschiedener Venture Capital-Unternehmen, die sich intensiv mit solchen Geschäftsmodellen beschäftigen, werden sich die zukünftigen Techgeschäftsmodelle im Sportbusiness um die Themen bessere Datennutzung, datenbasierte Community-Betreuung, Virtual Reality, Streamingdienste zwecks Kundenbindung, E-Sports sowie den Megatrend Nachhaltigkeit und die im Sport rasant steigende Zielgruppe Frauen drehen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Über den Interviewpartner:
Dr. Stephan Zoll ist CEO der Signa Sports United N.V., einer Sport-E-Commerce- und Technologieplattform mit Sitz in Berlin, die über 100 Webshops betreibt und an der NYSE gelistet ist.