Bildnachweis: Alstin, Pliant.
Krise? Welche Krise? Das Berliner Fintech Pliant ist seit zwei Jahren ganz weit links auf der Überholspur. In dieser Zeit wurden drei Investmentrunden erfolgreich abgeschlossen, und das in einer Phase, in der Investoren eher ihr Geld beisammenhalten.
Anfang dieses Jahres gab Pliant die jüngste Finanzierungsrunde mit 28 Mio. USD bekannt – und es handelt sich dabei um eine Series A-Runde. Bei dem jungen Fintech hat man also noch große Pläne. 2022 wurde die Zahl der Kunden um das Sechsfache gesteigert und der Umsatz vervierfacht. Zugleich schaffte Pliant den Markteintritt in mittlerweile acht europäische Länder. Vor zwei Jahren begann die Wachstumsstory des Unternehmens, das einen umfangreichen Kreditkartenservice für Firmen anbietet. Diese B2B-Lösung ermöglicht es Unternehmen, die Zahlungsprozesse mit physischen und virtuellen Kreditkarten zu optimieren. Zudem lassen sich diese Kreditkarten gut in bestehende Prozesse der Firmen und Softwaretools integrieren. Das verringert den Aufwand bei den Unternehmen erheblich. Ein weiteres Geschäftsfeld besteht darin, anderen Finanzsoftwarefirmen die Pliant-Lösungen anzubieten. Zu den ersten Kunden gehören unter anderem Candis, ein Unternehmen für Rechnungsmanagementsoftware, sowie Circula, ein Anbieter von Software für Reisekostenabrechnungen und Mitarbeiterleistungen.
Mehr als 1.500 Kunden akquiriert
„Wir sind im Bereich digitaler Kreditkarten vergleichsweise spät an den Start gegangen und haben eine fokussierte Strategie gewählt. Dadurch können wir nun einfacher skalieren und internationalisieren. Neben unserem direkten Produkt unterstützen wir ebenfalls andere Fintechs sowie Banken im Bereich Kreditkarten. Diese Kombination hat sich als richtige Hypothese erwiesen“, erklärt Malte Rau, einer der beiden Gründer von Pliant. Er war mehr als zehn Jahre im Fintech- und Bankenbereich aktiv, bevor er sich zur Unternehmensgründung entschloss. Seitdem ging es steil bergauf; Pliant beschäftigt mittlerweile mehr als 120 Mitarbeitende. In Sachen Umsatz möchte sich Rau lieber noch bedeckt halten, aber anlässlich der jüngsten Finanzierungsrunde im Februar dieses Jahres rechnet er damit, dass das Unternehmen bald profitabel arbeiten kann. Inzwischen habe Pliant mehr als 1.500 Kunden und ein fünfstelliges Volumen von Kreditkarten im Umlauf. In diesem Jahr hofft Rau auf die Erteilung einer EMI-Lizenz für ein „autorisiertes E-Geld-Institut“, wodurch ein breites Spektrum an Finanzdienstleistungen in Europa ermöglicht wird. Auf diese Weise kann Pliant dann leichter in weitere europäische Länder expandieren. Mit den Mitteln aus der jüngsten Finanzierungsrunde will Rau genau dieses Ziel erreichen. Außerdem sollen weitere Firmenpartner für die Pliant-Technologie begeistert werden.
Besondere Angebote für den Klimaschutz
Da Klimaneutralität für viele Unternehmen immer größere Bedeutung erlangt, wurde vor mehr als einem Jahr in Kooperation mit dem Startup Cozero das neue Produkt „Pliant Earth“ gestartet. Diese Funktion ermöglicht eine einfache Schätzung von CO2-Emissionen auf Basis von reisebedingten Kartenausgaben sowie eine automatische und kostenlose Kompensation der Emissionen. „Der CO2-Fußabdruck eines Unternehmens basiert auf einer Vielzahl von Transaktionen, und das Umweltmanagement läuft meist vollkommen unabhängig davon ab. Mithilfe von Cozero verknüpfen wir beide Seiten und bieten einen einfachen Einstiegspunkt für Unternehmen”, erläutert dazu Helen Tacke, CEO und Gründerin von Cozero. Pliant und Cozero planen einen weiteren Ausbau der Partnerschaft: Dazu gehören unter anderem die Abbildung von klimafreundlichen Reiserichtlinien auf Kreditkartenebene sowie ein Echtzeitaustausch von Transaktionsdaten zwischen Pliant und dem CO2-Accounting-Tool, ähnlich einer Buchhaltungsintegration. Als erste Kunden wurden inzwischen die beiden Creditreform-Tochtergesellschaften Boniversum und microm gewonnen.
Reichlich Investorengeld eingesammelt
Das rasche Wachstum von Pliant wurde ermöglicht durch eine Gruppe von Investoren, die das Unternehmen seit seiner Gründung begleiten. Alstin Capital, finleap-Gründer Ramin Niroumand über Motive Ventures und der Frühphasenfonds der Commerzbank neosfer sind seit den Pre Seed- und Seed-Runden Ende 2021 an Bord. Hier wurden bereits 20 Mio. USD Investitionsvolumen erreicht. In der Series A-Runde Anfang 2023 kamen nun noch einmal 28 Mio. USD hinzu. Noel Zeh, Managing Partner bei Alstin Capital, kennt das Team von Pliant bereits seit Ende 2019. „Die Organisationsstrukturen der erfahrenen Gründer ermöglichen eine schnelle Skalierung und Internationalisierung. In einem engen Markt ist es wichtig, dass ein Kreditkartenanbieter einfach in bestehende Strukturen integriert werden kann und er selbst entscheidet, welche zusätzlichen Funktionen er nutzen möchte“, erklärt er. Wenn ein Kreditkartenanbieter versuche, weitere Funktionen wie etwa Expense Management anzubieten, dann erschwere das meistens die Integration und verursache damit unnötige Kosten.
Ausblick
Die Wachstumsstory von Pliant zeigt nach Zehs Ansicht auch, dass bei den Anbietern für Firmen-kreditkarten noch Raum für neue Player ist. Wichtig sei dabei „Flexibilität durch Modularität“. Als weitere Vorteile nennt er das attraktive Pricing und Cashback sowie den Umstand, dass Pliant echte Kreditkarten und nicht nur Debitkarten ausgibt. „Am Ende wird die technisch beste und am leichtesten skalierbare Plattform mit der besten Execution den notwendigen Vorsprung erreichen. Genau hier schlägt Pliant den Wettbewerb“, erklärt Zeh abschließend.