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Wettbewerbsverbote für Gründer sind im Venture Capital-Bereich üblich und grundsätzlich zulässig. Besonders wichtig für Investoren beziehungsweise den Exit-Käufer sind dabei Wettbewerbsverbote gerade für eine gewisse Zeit nach dem Ausscheiden eines Gründers vor einem Exit beziehungsweise für eine gewisse Zeit nach einem Ausscheiden im Rahmen eines Exits. Gründer haben dagegen zumeist großes Interesse an einer klaren Begrenzung solcher Verbote, damit sie möglichst frei bleiben.
In diesem natürlichen Spannungsfeld ist zu beachten, dass Wettbewerbsverbote nach Zeit, Ort und Gegenstand begrenzt sein müssen. Insbesondere kann eine gegenständlich zu weit gefasste Klausel mangels Zulässigkeit einer sogenannten geltungserhaltenden Reduktion zur Gesamtnichtigkeit des Wettbewerbsverbots führen. Lediglich in zeitlicher und, was allerdings umstritten ist, örtlicher Hinsicht ist eine solche geltungserhaltende Reduktion gegebenenfalls zulässig. Daher ist bei der Formulierung von Wettbewerbsverboten, insbesondere in sachlich-gegenständlicher Hinsicht, besondere Sorgfalt geboten – auch aus Investorensicht.
Muss nur der Hausmeister möglich bleiben oder noch viel mehr?
Mehrere oberinstanzliche deutsche Gerichte haben klargestellt, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht so weit gefasst sein darf, dass jegliche Tätigkeit ohne Bezug zur vorherigen Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen untersagt wird. Insbesondere die Anstellung in einer „untergeordneten“ Funktion müsse möglich bleiben. Das müsse zum Beispiel für eine Hausmeisterposition gelten: Denn je niedriger die Position sei, desto weniger schutzwürdig sei das Hinderungsinteresse der Gesellschaft bei vernünftiger Betrachtung einzustufen. Jedenfalls beim Hausmeister sei die Grenze erreicht, bei der die Berufsfreiheit der Person, die dem Wettbewerbsverbot unterliegen soll, überwiege. Auch die Möglichkeit einer bloßen „Pro-forma-Anstellung“ in untergeordneter Tätigkeit und damit das Risiko einer Umgehung des Wettbewerbsverbots rechtfertige nicht das Verhinderungsinteresse der Gesellschaft, zumal die Gesellschaft gegen den Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen auch durch strafrechtliche Vorschriften grundsätzlich geschützt sei. Nun ist es nahezu ausgeschlossen, dass ein Gründer nach seinem Ausscheiden beziehungsweise nach einem Exit bei einem Konkurrenzunternehmen eine Hausmeisterposition anstrebt. Hierbei handelt es sich jedoch nur um ein Beispiel, und entscheidend ist letztlich die Frage, was noch eine „untergeordnete“ Tätigkeit ist.
Jedenfalls Organtätigkeit nicht untergeordnet
Auch wenn es, wie so häufig, auf den Einzelfall ankommt, ist eine Organtätigkeit, insbesondere als Geschäftsführer, in einem Konkurrenzunternehmen in keinem Fall eine untergeordnete Tätigkeit. Muss aber alles unterhalb einer solchen Tätigkeit zulässig bleiben? Der Verfasser hat im Rahmen der Verhandlung solcher Klauseln bei Finanzierungsverträgen selbst erlebt, dass von Gründern beziehungsweise deren Beratern unter Berufung auf diese Rechtsprechung genau in diese Richtung argumentiert wurde. Das scheint aber aus rechtlicher Sicht eher nicht zwingend zu sein. Zudem dürfte eine solche Position auch nicht im (richtig verstandenen) wirtschaftlichen Eigeninteresse der Gründer liegen, denn eine solchen Position würde zu einer ganz erheblichen Zurückhaltung von Investoren und Käufern von Wachstums-unternehmen führen. So besteht zum Beispiel auch bei einem Chief Marketing Officer, Chief Technology Officer oder Chief Operating Officer und gerade bei einem Chief Financial Officer bei vernünftiger Betrachtung ein legitimes Verhinderungsinteresse der Gesellschaft sowie ihrer Investoren beziehungsweise ihres Käufers. Bei Positionen unterhalb dieser Ebene bei Konkurrenzunternehmen lässt sich dagegen trefflich streiten.
Inwieweit sind diese Entscheidungen übertragbar?
Die oben erwähnten Gerichtsentscheidungen betrafen nicht unmittelbar (technologie-orientierte) Wachstumsunternehmen, sondern Unternehmen aus anderen Bereichen. Der Verfasser steht deren Übertragbarkeit auf solche Unternehmen eher skeptisch gegenüber. Es lässt sich bei solchen zumeist hierarchieflachen Unternehmen kaum eine klare Grenze ziehen, wo eine eher untergeordnete Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen eine Gefährdung für die Gesellschaft darstellt und wo nicht. Dabei ist auch angemessen zu berücksichtigen, dass die Investoren der Gesellschaft oft substanzielle Mittel zur Verfügung stellen beziehungsweise der Käufer im Exit-Fall oft einen substanziellen Kaufpreis zahlt.
Keine Übertragbarkeit auf Anteilskaufverträge beim Exit
Zweifelhaft und nach Ansicht des Verfassers abzulehnen ist die Übertragbarkeit dieser Entscheidungen auf Wettbewerbsverbote in Anteilskaufverträgen im Exit-Fall: Hier scheint jedenfalls dann, wenn (auch) die Gründer bei dem Exit erhebliche Erlöse erzielen, eine vollständige Nichtbetätigung bei Konkurrenzunternehmen beziehungsweise eine Nichtgründung solcher Unternehmen für einen gewissen Zeitraum (in der Regel werden hier zwei bis maximal drei Jahre vereinbart) grundsätzlich angemessen und zumutbar. Bleiben die Gründer allerdings (wie nicht selten der Fall) für eine gewisse Zeit weiterhin im Unternehmen tätig, so ist eine Berücksichtigung dieser Entscheidungen im entsprechenden Dienstvertrag des Gründers (nicht jedoch auch im Anteilskaufvertrag) geboten. Praktisch wichtiger ist es, die Gesellschaftstätigkeit, mit der für einen gewissen Zeitraum nicht konkurriert werden darf, in sachlich-gegenständlicher und territorialer Hinsicht möglichst konkret und präzise zu definieren. Dennoch können die Gerichtsentscheidungen nicht einfach ignoriert werden. Die Praxis muss mit diesen leben und umgehen.
Wie könnte eine sachgerechte Lösung aussehen?
Grundsätzlich sachgerecht (jedoch stets abhängig von etwaigen Besonderheiten des Einzelfalls) könnte nach Ansicht des Verfassers eine Regelung sein, nach der das Wettbewerbsverbot nicht für eine Tätigkeit des jeweiligen Gründers oder der jeweiligen Gründerholding für einen Wettbewerber gilt, wenn die Tätigkeit (i) eine untergeordnete Hilfstätigkeit ist, (ii) nicht im Zusammenhang mit der bisherigen Tätigkeit des Gründers oder der Gründerholding für die Gesellschaft steht und (iii) keinen Einfluss auf strategische oder operative Geschäftsentscheidungen des Wettbewerbers vermittelt. Der jeweilige Gründer beziehungsweise die jeweilige Gründerholding sollte die Beweislast dafür tragen, dass die Tätigkeit diese Voraussetzungen für die Ausnahme vom Wettbewerbsverbot erfüllt. Geheimhaltungsverpflichtungen des Gründers sollten davon ausdrücklich unberührt bleiben.
Fazit
Auch für die sogenannte Hausmeisterrechtsprechung lässt sich eine sachgerechte und angemessene Lösung bei Wettbewerbsverboten finden. Die Praxis muss mit dieser Rechtsprechung umgehen, auch wenn deren Übertragbarkeit auf (technologieorientierte) Wachstumsunternehmen eher zweifelhaft zu sein scheint. Wettbewerbsverbote sind für Investoren und Exit-Käufer zumeist ein sehr sensibles Thema. Zu lange und zu intensive Verhandlungen hierüber können bei diesen Misstrauen hervorrufen. Sie sollten deshalb auch in dieser Hinsicht zügig und lösungsorientiert geführt werden.
Zum Autor:
Dr. Thomas Derlin, LL.M., ist Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Corporate/M&A, Venture Capital sowie Private Equity.