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Techtransfer zwischen Universitäten und Start-ups

Thomas Doppelberger (Fraunhofer Ventures), Prof. Dr. Rafaela Kraus (Universität der Bundeswehr München), Dr. Juliane Gottmann (Universität Augsburg), Dr. Thomas Großmann (Projektträger Jülich)
Thomas Doppelberger (Fraunhofer Ventures), Prof. Dr. Rafaela Kraus (Universität der Bundeswehr München), Dr. Juliane Gottmann (Universität Augsburg), Dr. Thomas Großmann (Projektträger Jülich)

Bildnachweis: Fraunhofer Ventures, Universität der Bundeswehr München, Universität Augsburg, Projektträger Jülich.

Wenn Wissenschaft und Start-ups gut zusammenarbeiten, dann sind beeindruckende Innovationen möglich. Wie lassen sich Technologien aus der Wissenschaft in die Praxis transferieren? Welche Rolle können Inkubatoren und Acceleratoren dabei spielen?

Universitäten und Forschungsinstitute sind auf der Suche nach geeigneten Kandidaten für eine Zusammenarbeit. „Wir scouten und sensibilisieren jedes Semester viele Studierende und Wissenschaftler durch Lehrveranstaltungen und unterschiedliche Events. So bauen wir frühzeitig den Kontakt zu Gründungsinteressierten an der Universität Augsburg auf. Und es kommen auch viele Teams proaktiv auf uns zu, vor allem im Bereich KI und Produktion, die Interesse an einer Kooperation haben. Wir sind hier in Augsburg und der Region sehr gut vernetzt“, sagt Dr. Juliane Gottmann, wissenschaftliche Geschäftsführerin des KI-Produktionsnetzwerks an der Universität Augsburg. Einen ähnlichen Weg wählt Prof. Dr. Rafaela Kraus, Vizepräsidentin für den Hochschulbereich für angewandte Wissenschaften, Entrepreneurship und Chancengerechtigkeit an der Universität der Bundeswehr München: „Wir setzen auf einen interaktiven Prozess. Auf der einen Seite informieren wir über Social Media, veranstalten Events und Workshops. Gleichzeitig sind wir offen für alle Ideen und Initiativen, die an uns herangetragen werden, und kümmern uns dann individuell darum, die richtigen Angebote für das jeweilige Start-up-Projekt zu finden. Wir sind sowohl proaktiv als auch reaktiv in unserer Herangehensweise.“

Es braucht „Lust auf Gründung“

Bei der Wahl der Gründungsteams bestehen nach Aussage der beiden Praktikerinnen keine harten Ausschlusskriterien. „Also erst einmal braucht es Lust auf Gründung, dann sind wir glücklich“, fasst Gottmann zusammen. Sowohl bei der Universität Augsburg als auch bei der Universität der Bundeswehr München – und das liegt auf der Hand – sollen die Geschäftsideen mit den Zielen der Universität und den angebotenen Förderprogrammen korrespondieren. Dazu gehören an der der Universität der Bundeswehr München unter anderem das Programm „Entrepreneurship Excellence“ für wissenschaftliche Mitarbeitende sowie der Accelerator „SpaceFounders“ für bereits gegründete Start-ups aus dem Spacetech-Bereich.

Interesse nimmt weiter zu

Im Allgemeinen gibt es eine stetig wachsende Nachfrage nach einer Zusammenarbeit. „Immer mehr Gründer erkennen die Vorteile, die eine enge Zusammenarbeit mit einer wissenschaftlichen Einrichtung wie der Universität der Bundeswehr München bietet, die engen Kontakt zum öffentlichen Sektor und zur Bundeswehr hat, also zu einem speziellen Markt“, sagt dazu Kraus. Auch an der Universität Augsburg stellt man eine zunehmende Nachfrage fest. Das liege an der wachsenden Bekanntheit der Angebote. „Auch die Erfolge unserer Gründerteams sorgen dafür, dass sich die Möglichkeiten immer mehr herumsprechen“, fügt Gottmann an.

Exist-Förderprogramm erfolgreich

Ein universitätsübergreifendes Programm für die Zusammenarbeit von Hochschulen und Gründerteams ist „Exist“. Im Kern soll es dabei um den Wissenstransfer aus den Universitäten in den Markt gehen. In den jeweiligen Hochschulen sind die Gründungsberater die ersten Ansprechpartner und entwickeln dann gemeinsam die nächsten Schritte auf dem Weg zur Unternehmensgründung sowie auch die mögliche Antragstellung für Exist. Laut Dr. Thomas Großmann, Leiter Gründungsnetzwerke bei der für die Steuerung des Programms zuständigen Forschungszentrum Jülich GmbH, gelten bei der Zulassung zum Förderprogramm folgende wichtige Voraussetzungen: „Es muss sich um eine echte Innovation handeln. Weiterhin legen wir großen Wert auf die Marktfähigkeit der Geschäftsidee und ein Alleinstellungsmerkmal. Wichtig sind auch qualifizierte Teams – möglichst mit einer komplementären Zusammensetzung.“ Aus den jeweiligen Fakultäten der Universitäten würden sich dann mehr oder weniger automatisch die Bereicheergeben, bei denen eine Zusammenarbeit mit Gründern erfolgt. Die Nachfrage nach dem Programm ist unverändert hoch.

Auf jeden Fall ausprobieren

Alle drei Praktiker raten dazu, eine Gründung unbedingt auszuprobieren. Durch die bestehenden Förderprogramme könnten die Risiken deutlich reduziert werden. „Brennt für eure Idee, tauscht euch mit anderen aus, startet im Team und sucht den Kontakt zu uns – der Rest kommt von allein“, ermutigt Gottmann. Ähnlich sieht das auch Exist-Projektmanager Großmann, denn „man bekommt ein Jahr Zeit mit einer guten finanziellen Ausstattung – daher kann man eigentlich nicht viel falsch machen“. Wichtig sei gerade bei technischen Studienfächern, dass es am Ende nicht auf eine überzeugende Technologie, sondern überzeugende Einsatzmöglichkeiten dafür ankommt. „Gründer müssen lernen, vom Kundennutzen her zu denken“, so Kraus. Auch bei der zukünftigen Finanzierung des Unternehmens leisten die Hochschulen in ihren Beratungsprogrammen eine wichtige Unterstützung.

Fraunhofer fördert Ausgründungen intensiv

Fraunhofer Venture betreut Ausgründungen aus den 76 Fraunhofer-Instituten in Deutschland. „Basis ist immer ein Forschungs- und Entwicklungsergebnis, das über den Weg der Gründung eines Spin-offs in den Markt gebracht werden soll. Bei verschiedenen Gründungsprojekten setzen sich die Teams auch aus Fraunhofer-Mitarbeitenden und auch Externen aus dem Netzwerk der Fraunhofer-Institute, der Gründer oder Fraunhofer Venture zusammen“, schildert Thomas Doppelberger, Leiter von Fraunhofer Venture aus München. Wie viele andere Praktiker legt auch Fraunhofer Venture Wert auf interdisziplinäre Teams und die Kombination von Kompetenzen aus dem wissenschaftlichen Background einerseits und Expertise im Bereich Finanzen, Vertrieb, Marketing, Unternehmensaufbau andererseits. „Das ist eine gute Basis für die Gründung, die weiteren Entwicklungsschritte eines Spin-offs und die Akquise von externem Kapital“, fährt Doppelberger fort. Die Betreuung der Gründungsteams umfasst alle Fragen von der Idee bis zur Gründung. Kernstück sei die Erstellung eines entsprechenden Business- und Finanzplans sowie die Entwicklung passender Geschäftskonzepte. Doppelberger erklärt, dass auch bei Fraunhofer Venture die Anzahl der Projektideen und Gründerteams ansteigend ist – und das, obwohl „die derzeitige Situation am Arbeitsmarkt viele Alternativen für die Karriere von wissenschaftlichen Mitarbeitenden bietet und nicht immer die Selbstständigkeit im Rahmen eines Hightech-Spin-offs im Vordergrund der persönlichen Karriereplanungen steht“. Um die Teams zu unterstützen, gibt es zudem ein Accelerator-Programm, um auch die persönliche Motivation zu unterstützen, für Fragen schnell zur Verfügung zu stehen und den Gründerteams den nötigen Freiraum zu bieten.

Fazit

Jungen Unternehmen bieten sich in der Kooperation mit Universitäten und wissenschaftlichen Instituten gute Entwicklungsmöglichkeiten – wenn die Angebote genutzt werden.