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Mitarbeiterbeteiligungsprogramme spielen für Start-ups bei der Gewinnung und der Bindung (qualifizierter) Mitarbeiter eine essenzielle Rolle. Dem trägt auch der kürzlich veröffentlichte Regierungsentwurf zum Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz) Rechnung. Ziel dieses Gesetzes soll – unter anderem – sein, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Start-ups durch die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme zu erhöhen.
Im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen werden (Schlüssel-)Mitarbeiter durch die Gewährung echter oder virtueller Geschäftsanteile an der Wertentwicklung des Start-ups beteiligt. Eine solche Incentivierung ist insbesondere für Start-ups bei der Gewinnung von neuem Personal essenziell, da den noch jungen Unternehmen oftmals die Möglichkeit fehlt, mit dem Gehaltsniveau bereits etablierter Marktteilnehmer zu konkurrieren. Mitarbeiterbeteiligungsprogramme erlauben Start-ups, eine attraktive, erfolgsabhängige Zusatzvergütung anzubieten, ohne dabei ihre knappe Liquidität zu belasten. Da Start-ups die Teilnahme an Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen in der Regel an eine bestimmte Verweildauer im Unternehmen („Vesting“) knüpfen oder die Beteiligung im Laufe der Zeit anwächst, tragen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme auch zur langfristigen Bindung von Personal bei. Die Attraktivität und unternehmerische Effektivität von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen hängen hierbei maßgeblich von den anwendbaren steuerlichen Rahmenbedingungen ab.
Gestaltung und Besteuerung
Grundsätzlich ist zwischen eigenkapitalbasierten und virtuellen Mitarbeiterbeteiligungs-programmen zu unterscheiden. In der eigenkapitalbasierten Variante erhalten die teilnehmenden Mitarbeiter eine gesellschaftsrechtlich vollwertige Gesellschafterstellung. In der Praxis entscheiden sich bislang jedoch kaum Start-ups für eine solche Ausgestaltung. Aus einer Corporate Governance-Perspektive führt die Beteiligung einer Vielzahl von Kleingesellschaftern potenziell zu einer Behinderung und Verlangsamung gesellschaftsinterner Prozesse. Diese Probleme können durch ein Stimmen-Pooling der Mitarbeiter beziehungs-weise die Bündelung der Beteiligungen in einer KG oder GbR weitgehend mitigiert werden. Gewinne aus der Realisierung einer realen Beteiligung unterliegen dabei – in Abhängigkeit von der Höhe der Beteiligung – entweder der Abgeltungsteuer in Höhe von 25% oder dem sogenannten Teileinkünfteverfahren, welches zu einer vergleichbar attraktiven Besteuerung führt. Die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Beteiligung und dem dafür tatsächlich bezahlten Erwerbspreis wird einkommenssteuerrechtlich als Arbeitslohn behandelt (geldwerter Vorteil). Dieser geldwerte Vorteil ist mit dem persönlichen Einkommensteuersatz des jeweils Begünstigten zu versteuern und bereits bei Gewährung der Beteiligung steuerbar (Dry Income). Dieses zeitliche Auseinanderfallen der Entstehung der Steuerlast und des potenziellen Zuflusses liquider Mittel aus der Veräußerung der Beteiligung führt daher regelmäßig zu einer als prohibitiv empfundenen Belastung der begünstigten Mitarbeiter. Auch der 2021 eingeführte und aktuell geltende Aufschub der Besteuerung des geldwerten Vorteils gemäß § 19a EStG konnte diese Problematik nur bedingt entschärfen, da dieser Aufschub bei der Veräußerung der Beteiligung, der Beendigung des Arbeits- beziehungsweise Dienstverhältnisses und spätestens mit Ablauf von zwölf Jahren ab Erhalt der Beteiligung endet. Sofern innerhalb dieser Frist kein Exit stattfindet oder der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet, besteht weiterhin das Risiko der Besteuerung ohne Liquiditätszufluss. Auch die Gestaltungspraxis konnte bisher keine überzeugende Lösung dieser Problematik entwickeln. Die Anteile bei Stundung des Kaufpreises zum Verkehrswert anzubieten vermeidet die Entstehung eines geldwerten Vorteils, belastet die begünstigten Mitarbeiter jedoch mit dem Risiko, bei der negativen Entwicklung des Start-ups nur einen geringen Wert zu realisieren und dennoch beim Auslaufen der Stundung den vollen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts der Beteiligung zur Zeit der Gewährung der Anteile zu schulden. Eine andere Variante besteht in der Gewährung sogenannter Hurdle Shares. Hierbei werden die Anteile unter dem Verkehrswert angeboten. Die Entstehung eines geldwerten Vorteils soll dadurch vermieden werden, dass die Anteile mit einer negativen Liquidations-präferenz in Höhe des Verkehrswerts zum Zeitpunkt der Gewährung der Anteile ausgestattet werden. Diese Variante geht einher mit einer komplexen Vertragsgestaltung und dem Risiko, dass dennoch ein zu versteuerndes Dry Income entsteht, wenn die Hürde (Hurdle) nicht korrekt berechnet wird oder die Finanzbehörden der Logik nicht folgen.
Mangelnde Attraktivität der Programme
Vor dem vorstehend geschilderten Hintergrund entscheiden sich Start-ups in der Praxis deshalb meist für die Einführung virtueller Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, welche reale Stammgeschäftsanteile – im Regelfall ohne besondere Vorzugsrechte – im Hinblick auf ihre Beteiligung an zukünftigen Exit-Erlösen schuldrechtlich nachbilden. Da die somit eingeräumten Geldzahlungsansprüche unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts eines Exits stehen, erfolgt auch der steuerbare Vermögenszufluss erst bei Eintritt des Exits und Auszahlung. Die Besteuerung von Dry Income ist somit ausgeschlossen. Bei den Zahlungen aus virtuellen Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen handelt es sich allerdings um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die dem regulären persönlichen Einkommensteuersatz des jeweils Begünstigten unterliegen. Unter der gegenwärtigen Rechtslage wird somit die Attraktivität von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen dadurch erheblich reduziert, dass die Inanspruchnahme der Abgeltungssteuer beziehungsweise des Teileinkünfteverfahrens regelmäßig mit dem Risiko der Besteuerung von Dry Income einhergeht beziehungsweise der Ausschluss dieses Risikos um den Preis der Anwendung des persönlichen Einkommensteuersatzes erkauft werden muss.
Regelungen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes
Der Regierungsentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz sieht nun vor, die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der verbilligten Überlassung realer Anteile um bis zu 20 Jahre aufzuschieben. Bei Ablauf dieser Frist oder dem vorherigen Ausscheiden des Mitarbeiters wird der Aufschub bis zur Veräußerung der Anteile weiter verlängert, wenn der Arbeitgeber die Haftung für die eigentlich anfallende Lohnsteuer unwiderruflich übernimmt. Damit wird das Instrument der Mitarbeiterbeteiligung massiv aufgewertet, da in Zukunft die Abgeltungsteuer beziehungsweise das Teileinkünfteverfahren ohne das Risiko der Besteuerung von Dry Income in Anspruch genommen werden kann. Daneben soll der Anwendungsbereich des § 19a EStG auf Unternehmen ausgeweitet werden, deren Gründung maximal 20 Jahre zurückliegt, wenn diese Unternehmen höchstens 1.000 Mitarbeiter beschäftigen, einen Jahresumsatz von maximal 100 Mio. EUR erzielen und sich ihre Bilanzsumme auf höchstens 86 Mio. EUR beläuft. Dabei ist es ausreichend, wenn die Schwellenwerte bei Anteilsübertragung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre erfüllt wurden. Außerdem soll § 19a EStG zukünftig auch den Erwerb von Anteilen an Konzerngesellschaften sowie Konstellationen erfassen, in denen die Mitarbeiter die Anteile nicht von ihrem Arbeitgeber, sondern von dessen Gesellschaftern erhalten. Schließlich wird der Freibetrag in § 3 Nr. 39 EStG von 1.440 auf 5.000 EUR erhöht.
Über die Autoren:
Markus Döllner, LL.M. (London), ist Senior Associate und Ludwig Niller Associate am Münchner Standort der Wirtschaftskanzlei Poellath. Beide beraten bei Finanzierungen und Akquisitionen bis hin zu Exits die gesamte Bandbreite von Venture Capital.