Bildnachweis: traide.ai, HTGF, Smart Infrastructure Ventures.
In Deutschland sind aktuell rund 720.000 Unternehmen von zollrechtlichen Aspekten betroffen. Fragen zu Compliance in diesem Bereich fanden bislang eher wenig Beachtung. Das Berliner Start-up traide AI bietet seinen Kunden SaaS-Lösung mittels künstlicher Intelligenz. Eine Finanzierungsrunde wurde kürzlich abgeschlossen.
Die Verantwortlichen von traide sind angetreten, Risiken im internationalen Handel zu vermeiden oder zumindest zu minimieren. Und davon gibt es reichlich: Schon die Verwendung verbindlicher Verträge stellt manche Beteiligten vor große Herausforderungen, soll das Papier doch alle Bedingungen enthalten, einschließlich Lieferbedingungen, Zahlungsbedingungen und Garantien, die Vertrauen aufbauen und Missverständnisse vermeiden sollen. Je nach Risiko und Komplexität einer Transaktion muss das richtige Zahlungsverfahren ausgewählt werden. Eine Transportversicherung soll das Risiko von Schäden an der Ware während des Transports minimieren. Und schließlich soll die Einhaltung von Vorschriften und Gesetzen dazu führen, dass alle notwendigen Vorschriften und Gesetze eingehalten werden, um Risiken im Zusammenhang mit Zöllen, Steuern und anderen rechtlichen Problemen zu vermeiden. Anders ausgedrückt: Produktklassifikationen im internationalen Geschäft sind eine äußerst komplizierte Angelegenheit. Fehltritte können zu Verzögerungen, zusätzlichen Steuern oder sogar Strafen führen. Die bislang gängige Abwicklung von Zollvorgängen birgt vielerlei Fehlerquellen. Hier setzt traide an.
Garantien im internationalen Handel
traide wurde 2021 mit dem Ziel gegründet, zollrechtliche Prozesse zu optimieren und dadurch den internationalen Handel für Unternehmeneffizienter und sicherer zu gestalten. Die Anfänge des Start-ups liegen im Inkubatorprogramm der Code University, die ersten Räumlichkeiten wurden in der Factory Berlin bezogen. Hinter traide stehen Leonie Althaus, Hendrik Niemann und Philipp Friebertshäuser, wobei Letzterer bereits Gründererfahrung im KI-Bereich sammeln konnte. „Wir nutzen unsere unternehmenseigenen SaaS-Tools und setzen auf neueste Cloud- und KI-Technologien, um Unternehmen anhand ihrer individuellen Produktinformationen bei der Einhaltung ihrer zollrechtlichen Verpflichtungen und der Automatisierung ihrer zoll-rechtlichen Prozesse zu unterstützen“, erklärt CEO und Co-Gründerin Althaus. Die SaaS-Lösung verarbeitet Produktstammdaten sowie Einkaufs- und Bestellvorgänge und ist für Unternehmen jeder Größe und Branche geeignet. Damit kann traide die Ermittlung der Zollstammdaten sicherstellen, die bislang manuell erfolgte. „Dazu machen wir uns die Zolltarifnummer zunutze, da an dieser Import- und Exportregularien sowie Steuer- und Zollsätze hängen“, so Althaus. Die betreffenden Zolltarifnummern können anhand eigens trainierter Deep Learning Modelle nicht nur identifiziert, sondern auf Basis von zollrechtlichen Informationen und Dokumenten oder Entscheidungen von Zollbehörden auch begründet werden. „Wir bieten unseren Kunden eine ‚Out of the Box-Lösung‘ an“, erklärt Althaus. „Unsere Produkte sind ohne weiteren Input direkt nach der Installation beim Kunden nutzbar.“ Dabei konzentriert sich traide „nicht auf den Prozess, sondern auf die notwendigen Daten für den Prozess“.
Für Strategen interessant?
Im August konnte traide eine siebenstellige Finanzierungsrunde abschließen. Beteiligt waren der High-Tech Gründerfonds als Lead-Investor sowie Smart Infrastructure Ventures, Prequel Ventures und Business Angels. Die neuen Mittel sollen nun in die weitere Entwicklung und Skalierung der KI-basierten SaaS-Lösung fließen, die Unternehmen jeder Größe und Industrie bei der Automatisierung ihrer zollrechtlichen Prozesse unterstützt. „Das Zollwesen ist ein
stark ‚unterdigitalisierter‘ Bereich – viele Prozesse laufen noch über Papierdokumente oder Excel-Listen. Der Fachkräftemangel im Zollbereich erschwert die Situation in vielen Zollabteilungen in Unternehmen zusätzlich“, sagt Senior Investment Manager Dr. Maurice Kügler vom High-Tech Gründerfonds. KI berge daher große Potenziale, das Zollwesen zu digitalisieren, „angefangen bei der Übersetzung von individuellen Produktinformationen von Unternehmen in benötigte Zolldaten bis hin zur Erstellung von sicheren, automatisierten Zollanmeldungen“. Man arbeite nun gemeinsam mit dem Team daran, das Unternehmen zu der „Nummer-eins-B2B-SaaS-Plattform“ für zollrechtliche Compliance mit internationaler Sichtbarkeit aufzubauen.
Standardisierte Prozesse ideal für KI-Lösungen
„KI ist in aller Munde, aber welches sind die konkreten Anwendungsbereiche?“, fragt auch Björn Bauermeister von Smart Infrastructure Ventures. „Wo liegt der wirkliche Mehrwert? Und wo ist KI ein bloßes ‚Buzzword‘?“ Der Zollbereich, so Bauermeister, ist in großem Maße abgesteckt durch klare Regelwerke mit einem geringen Graubereich. Doch die Vielzahl von Matrizen mache es vielen Menschen schwer, diesen aufwendigen Prozess zu verstehen. „Das Fehlerrisiko ist hoch und die Arbeit selbst eher unattraktiv. Doch gerade diese standardisierten Prozesse bieten sich an für KI-Lösungen“, so Bauermeister. Skalierbarkeit, die frühzeitige Internationalisierung und die Automatisierung von Prozessen machen ein Unternehmen wie traide interessant für Investoren.
Ausblick
Aktuell konzentriert sich traide auf das operative Wachstum; so ist auch eine Erweiterung des Mitarbeiterstamms geplant. „Für die Zukunft schließen wir aber auch die Zusammenarbeit mit einem strategischen Investor nicht aus“, fasst Althaus zusammen. „Wir bauen ein starkes Partnernetzwerk auf, denn wir tun etwas, was bislang kein anderer tut.“