Bildnachweis: S-UBG Aachen & Techvision Fonds.
Seit 2007 investiert der TechVision Fonds als Schwestergesellschaft der S-UBG Aachen in Technologie-Start-ups aus dem Rheinland, seit Sommer 2023 aus dem neuen TechVision Fonds II mit einem Volumen von zunächst 42 Mio. EUR. Erstmalig deckt der neue Fonds nicht mehr nur das Rheinland, sondern auch die Euregio Maas-Rhein ab.
VC Magazin: Sie erhalten jährlich eine hohe Zahl an Pitchdecks und Businessplänen. Welche schauen Sie sich genauer an, welche legen Sie zur Seite?
Kugel: Es sind in der Tat sehr viele Pitchdecks, die uns erreichen, und leider wird es zunehmend populärer, diese zum Beispiel über Social Media-Kanäle wahllos zu verteilen. Das heißt für uns, zügig eine passende Vorselektion zu schaffen, um dann den verbleibenden Start-ups gebührende Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Zudem suchen wir auch selbst aktiv nach spannenden Gründungen. Wir schauen uns zwischen 100 und 200 Pitchdecks im Jahr näher an und prüfen zunächst, ob das Start-up überhaupt potenziell Venture Capital-kompatibel ist – oder es sich etwa um Berater, Erfinder oder gar Ingenieurbüros handelt, die uns anschreiben. Außerdem braucht es eine ausreichende technologische Tiefe und den regionalen Fit. Letztlich spielt auch das Management eine entscheidende Rolle. Wir müssen den Gründern zutrauen können, die gesetzten Ziele in den folgenden Jahren umzusetzen.
VC Magazin: Welche Fehler beobachten Sie bei Start-ups in der frühen Phase besonders häufig?
Kugel: Start-ups scheitern aus vielerlei Gründen, nur selten ist es eine einzige Sache. Häufig unterschätzt wird, welche Zeiträume und Kosten mit einem bestimmten Erfolg am Markt einhergehen. Auch regulatorische Anforderungen wie das Zulassungsprozedere werden teilweise von den Gründern unterschätzt. Wir sehen auch immer wieder, dass die Bedürfnisse des Kunden mit der Technologie nicht ausreichend erfüllt werden oder es an der unmittelbaren Problemlösung mangelt. Letztlich steht wie immer der Faktor Mensch an erster Stelle bei der Frage, warum etwas misslingt. Das beginnt bei der Selbsteinschätzung und führt über die Teamzusammensetzung bis hin zur Fähigkeit aller, sich an neue Situationen anzupassen.
VC Magazin: Sie investieren seit Neuestem auch in Start-ups aus den Niederlanden und Belgien. Wie kam es dazu? Was machen Start-ups aus den Nachbarländern anders?
Kugel: Mit dem neuen Fonds erschließen wir uns in der Euregio Maas-Rhein einen 360-Grad-Blick. Eine wichtige Rolle spielt dabei Aachen als europäische Stadt, denn für junge Europäer sind nationalstaatliche Grenzen nicht mehr so relevant, und wir können eine grenzübergreifende Zusammenarbeit von Start-ups und Mittelständlern schaffen, die wir über die S-UBG erreichen. Schwerpunkt bleibt nach wie vor das Rheinland, im Einzelfall aber arbeiten wir mit Partnern aus den Niederlanden oder Belgien, die bereits einige Investments mit uns in der Region eingegangen sind – und auch wir können dort investieren. Letztlich ist die Wirtschaftskraft der angrenzenden Regionen Ostbelgien und Limburg sehr stark und ihre Expertise insbesondere im Life Sciences-Umfeld ausgezeichnet. Beide Länder denken sehr weltoffen, das beginnt schon beim Sprachverständnis.
VC Magazin: Start-ups leiden aktuell unter dem schwierigen Marktumfeld – Ihre drei Tipps, um gut durch die Krise zu kommen?
Kugel: Mehr denn je gilt es, frühzeitig dafür zu sorgen, liquide zu bleiben, sprich früh mit dem Fundraising zu beginnen. Die Gründer sollten zudem möglichst Partner und Investoren um sich scharen, die Erfahrungen und Netzwerke mitbringen und auch bereit sind, entsprechend nah und ansprechbar zu sein. Wichtig ist weiterhin, einen offenen und realistischen Blick darauf zu behalten, wie sich das eigene Unternehmen und die Umwelt entwickeln, und bereit zu sein, sich bei Bedarf anzupassen. Der Fokus sollte außerdem in diesen Zeiten auf Kapitaleffizienz liegen, also was kann ich mit dem eingesetzten Kapital erreichen um Wert zu schaffen? Ein verengter Fokus auf Wachstum ist nicht zeitgemäß.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zum Interviewpartner:
Bernhard Kugel ist Vorstand der S-UBG und Geschäftsführer des TechVision Fonds und blickt zurück auf 25 Jahre Erfahrung im Venture Capital-Segment sowie der Mittelstandsfinanzierung.