Bildnachweis: Weitnauer Rechtsanwälte.
Der BGH hat am 12.09.2023 entschieden, dass für den Geschäftswert, der der Gebührenrechnung eines Notars für eine nominale Barkapitalerhöhung zugrunde zu legen ist, auch eine gesondert in einer Beteiligungsvereinbarung vereinbarte Zuzahlung in die Kapitalrücklage zu berücksichtigen sei. Dies gelte auch für den Fall eines Tatsachenprotokolls, wenn also lediglich das Ergebnis der abgegebenen Stimmen in der notariellen Niederschrift festgehalten wird. Im Ausgangsfall waren 16.270 Geschäftsanteile im Nennbetrag von je EUR 1 ausgegeben und gesondert eine schuldrechtliche Zuzahlung gegenüber den übrigen Gesellschaftern in Höhe von etwas mehr als EUR 7 Mio. vereinbart worden. Hierfür berechnete der Notar unter Beachtung der Höchstgrenze von EUR 5 Mio. gem. § 108 Abs. 5 GNotKG eine Gebühr (zufälligerweise in gleicher Höhe wie die Kapitalerhöhung) von EUR 16.270,00 netto. Der BGH geht zwar auch davon aus, dass der Kapitalerhöhungsbeschuss einen bestimmten Geldwert hat, § 108 Abs. 1 S. 2 GNotKG, stellt aber dennoch nicht auf den Nominalbetrag der Kapitalerhöhung ab, sondern greift auf die allgemeine Wertermittlungsvorschrift von § 97 Abs. 1, 2 GNotKG zurück, die aber nach ihrem Wortlaut nur für Verträge und Erklärungen gilt. Grund hierfür sei, dass § 108 Abs. 1 S. 2 GNotKG durch Verweis auf § 105 Abs. 1 GNotKG nur einen „Mindestwert“ von EUR 30.000,00 vorsehe.
Dies rechtfertigt aber den Rückgriff auf eine allgemeine Wertermittlungsvorschrift nicht, die nur dann zum Tragen kommen könnte, wenn eben kein bestimmter Wert vorgesehen ist. Denn eine Kapitalerhöhung kann einen höheren Betrag als EUR 30.000,00 ausmachen, insb. auch bei Zahlung eines Agios. Auch dieser Betrag ist dann „bestimmt“. Auch für die Anmeldung einer Kapitalerhöhung zum Handelsregister ist nach § 105 Abs. 1 Nr. 3 GNotKG nur auf den Unterschiedsbetrag zum eingetragenen Stammkapital abzustellen, nicht aber auf eine irgendwie geartete Verschiebung von Werten. Die praktischen Folgen dieser Entscheidung, insb. auch für die VC-Szene, werden vom BGH nicht bedacht. Gründer und Investoren, insb. soweit sie aus dem Ausland kommen, werden dies nur ungläubig zur Kenntnis nehmen.
Wie kann man Kostenfallen vermeiden und den Zeichnungsprozess vereinfachen?
So wie in den USA Finanzierungsrunden über den Verkauf von Vorzugsanteilen durch die Gesellschaft ablaufen, sollte hierfür in Deutschland angesichts der durch den BGH befürworteten Kostenfolgen einer Barkapitalerhöhung durch Gesellschafterbeschluss die Ausgabe genehmigten Kapitals durch die Geschäftsführung der Gesellschaft dienen. Dies führt zu folgender Struktur einer Finanzierungsrunde:
• Bereits in der Gründungssatzung sollte genehmigtes Kapital (bis zu 50% des eingetragenen Stammkapitals) geschaffen werden. Ferner sollten gemäß dem GESSI-Standard beurkundungsbedürftige Exit-Regeln, insb. die Mitverkaufspflicht, oder auch Vesting-Regeln in der Satzung erfasst werden.
• Abschluss des Beteiligungsvertrags in Schriftform oder über DocuSign.
• Beschluss der Geschäftsführung über die Ausgabe genehmigten Kapitals (nur Schriftform erforderlich).
• Gesonderte Übernahmeerklärungen durch die Investoren, die nur der notariellen Beglaubigung bedürfen.
• Neufassung der Satzung mit Schaffung weiteren genehmigten Kapitals in notariellem Beschlussprotokoll.
• Privatschriftlicher Beschluss über Neufassung/Änderung von Geschäftsordnungen und/oder Geschäftsführerverträgen.
Damit verkürzt sich die Dauer des Abschlusses der Finanzierungsrunde erheblich und fallen Notarkosten nur für die Beglaubigung der Übernahmeerklärungen und die Neufassung der Satzung an. Auf den Unternehmenswert oder Zuzahlungen kommt es nicht an.
Zum Autor:
Dr. Wolfgang Weitnauer ist Gründer und Partner von Weitnauer Rechtsanwälte Steuerberater. Die Sozietät hat Büros in München, Mannheim, Berlin und Hamburg.