Vom Spin-off zum Scale-up

Eigenschaften erfolgreicher universitärer Gründender

Dr. Philipp Gerbert (TUM Venture Labs)
Dr. Philipp Gerbert (TUM Venture Labs)

Bildnachweis: TUM Venture Labs.

Seit Jahren wächst das Investoreninteresse an Deeptech – eine Riesenchance für universitäre Ausgründungen. Gründende müssen dabei den Spagat zwischen glaubhaften Entrepreneuren und technischer Entwicklungsexpertise meistern, um Venture Capitalisten für sich zu begeistern. Immer wichtiger wird es aber auch, Innovationszyklen zu verkürzen.

Ausgründungen aus der Universität transformieren neu entwickelte Technologien und Forschungsergebnisse in ein marktfähiges Produkt. Professionell umgesetzt und skaliert haben diese Deeptech-Lösungen das Potenzial, Branchen zu verändern, neue Märkte zu schaffen und gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen, etwa im Bereich Umwelt und Klimawandel, bei Nahrung und Gesundheit oder bei der Cybersicherheit. Das macht sie attraktiv für Investoren (Venture Capitalisten) auf der Suche nach lukrativen Geschäftsmodellen. In der zweiten Jahreshälfte 2022 bildete Deeptech das leistungsstärkste Segment, hinter dem Bereich Energie, wie der European Deep Tech Report 2023 von dealroom.co, Lakestar und Walden Catalyst aufzeigt. Andererseits sind Deeptech-Investitionen häufig mit hohen Risiken verbunden: Die Entwicklung und Kommerzialisierung sind oft zeitaufwendig und teuer, der Erfolg mit großen Unsicherheiten verbunden.

Darauf achten Wagniskapitalgeber traditionell …

2.779 Start-ups entstehen laut Gründungsradar 2022 des Stifterverbands jährlich an Deutschlands Hochschulen, davon 1.108 aus dem Feld Wissens- und Technologietransfer. Die Basis für die meisten dieser Ausgründungen bildet das geschützte geistige Eigentum (IP). Aktuell gibt es wichtige Initiativen, etwa von der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SprinD), IP schneller und zu Start-up-freundlichen Konditionen von Universitäten auf Gründende zu übertragen. Für Venture Capitalisten sind darüber hinaus unternehmerische Qualifikationen und Marktpotenzial entscheidend: Bringen Teammitglieder Businesserfahrung mit? Idealerweise sogar Gründungs-erfahrung? Zudem achten Wagniskapitalgeber gerade bei universitären Ausgründungen auf ein ausgeprägtes Markt- und Kundenverständnis. Das gesamte Gründungsteam sollte sich auf einen klaren Zielmarkt konzentrieren. Bei Deeptech erwarten Venture Capitalisten zudem, dass universitäre Gründende öffentliche Deeptech-Fördermittel – regional, bundesweit und europäisch – kennen und effektiv nutzen, um das Risiko des privaten Kapitals im Rahmen zu halten.

… Und hiermit differenzieren sich Deeptech-Gründungen in der Zukunft

Zunehmend wird von Deeptech-Gründungen erwartet, den oft langwierigen Innovationszyklus von Forschungsergebnissen zu einem marktfähigen Produkt mit modernen Methoden entscheidend zu verkürzen und damit Kapitalbedarf und Time-to-Market – sowie das Investitionsrisiko – drastisch zu reduzieren. Vier Hebel helfen hierbei:

  • Additive Fertigung und DIY-Hardware: Die industrielle Entwicklung, Herstellung und Skalierung neuer Produkte in unterschiedlichsten Hardware-Technologiefeldern, wie Aerospace, Life Sciences oder dem Bauwesen, lassen sich über moderne 3-D-Drucker oft um mehr als 70% reduzieren und gleichzeitig programmatisch optimieren. Zudem ermöglichen elektronische Geräte wie Raspberry Pi und Arduino eine kürzere Feedback-schleife in der Prototypen-entwicklung.
  • Simulation: In vielen Deeptech-Bereichen kann die moderne Simulationstechnik die initialen Kosten entscheidend senken und gleichzeitig den Prozess beschleunigen. Zunehmend können Produkte und Herstellungsprozesse sogar gleichzeitig simuliert werden.
  • Künstliche Intelligenz (KI): Generative KI automatisiert und beschleunigt inzwischen nicht nur wissenschaftliche Arbeit oder das Programmieren von Codes, sondern auch die Erstellung von Businessplänen und unterstützt bei der Vorbereitung und Durchführung von Kundeninterviews. Gründende können so bis zu 80% Zeit und Kapital sparen.
  • Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft: Um zukunftssicher und schnell in künftige Märkte einzudringen, muss die Kreislauffähigkeit und Nachhaltigkeit von Beginn an Teil jedes Design- und Geschäftsmodells sein. Für viele Venture Capitalisten ist das inzwischen ein Faktor, um kostspielige Folgerisiken zu vermeiden. Eine Kombination dieser vier Hebel ist in naher Zukunft von allen Spitzenausgründungen aus dem universitären Umfeld zu erwarten.

Fazit

Eine starke IP, unternehmerische Leidenschaft mit Fokus auf Markt- und Kundenbedürfnisse, clevere Nutzung von privatem und öffentlichem Kapital und durch moderne Methoden beschleunigte Innovationszyklen: So schaffen es akademische Entrepreneure immer besser, den Spagat zwischen glaubhaften Entrepreneuren und technischer Expertise zu meistern, Wagniskapital einzusammeln und über skalierbare Ausgründungen zur Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit beizutragen.

Zum Autor:

Dr. Philipp Gerbert verantwortet als General Managing Director den Aufbau und die Entwicklung der TUM Venture Labs.