Bildnachweis: cowork AG.
Die Pandemie hat vieles in der Arbeitswelt verändert, vor allem Erwartungen und den Aktionismus, diesen gerecht zu werden. Noch nie war die Forderung nach ortsflexiblem Arbeiten größer. Gleichzeitig steigt die Zahl derer, die damit nur eine binäre Diskussion zwischen Büro und Homeoffice meinen. Zu kurz gedacht – und vor allem nicht den Bedarfen des modernen Arbeitens entsprechend!
Oft wird vergessen, dass das Homeoffice eine erzwungene Lösung war, aus der pandemischen Not geboren und sicherlich der damaligen Situation angemessen. Das Homeoffice heute als New Work zu verkaufen ist ebenso falsch wie die Verkürzung der New Work-Bewegung auf den Obstkorb in der Kantine oder aber auch die Forderung nach einer strikten Rückkehr in Büros, welche keinerlei Mehrwert gegenüber dem Homeoffice bieten. Heute haben wir vielfältige Möglichkeiten, Arbeiten und das Büro neu zu denken und hybride Lösungen zu schaffen, die den Bedarfen von Arbeitnehmern wirklich entsprechen. Dabei brauchen gerade Gründer beste Arbeitsbedingungen.
Die wichtigen Elemente des Co-Working
Im Kern lassen sich diese auf vier Elemente herunterbrechen, die oft auch als die vier „C“ des Co-Working bezeichnet werden.
- Communication: Es braucht Raum und Möglichkeit zum Austausch und zum Besprechen. Dabei lässt sich gewiss einiges – wie reine Informationsweitergabe – auch virtuell im Videocall erledigen. Feedback, Kritik oder etwa auch kreative Gedanken brauchen jedoch eher die persönliche Begegnung.
- Collaboration/Cocreation: Es braucht Raum zum gemeinsamen Arbeiten – Kreativräume mit reichlicher Visualisierungsmöglichkeit und Platz zum Prototyping mit flexiblen Möbeln und Sitzgelegenheiten.
- Concentration: Neben dem Lauten und dem Kreativen ist immer auch Raum für konzentriertes und ungestörtes Arbeiten wichtig. Auch Räume mit Türen zum Schließen für Rückzug und Fokus gehören durchaus immer noch zu den Bedürfnissen des modernen Arbeitens. Bereits die Fokussierung auf Großraumbüros vor 20 Jahren war hier ein großer Fehler.
- Chill-Out: Letztlich ist noch Raum für Pause und Erholung vonnöten. Dabei sollte auch Nahrung und Getränk mitgedacht werden und ebenso der gesundheitsförderliche Anspruch an eine „gesunde Pause“.
Es lässt sich passend zusammenfassen, dass modernes Arbeiten statt Arbeitsplätzen, welche uns zu oft an fixe Schreibtische an fixen Orten denken lassen, eher Plätze zum Arbeiten braucht. Hierbei sollte der Anspruch an die Flexibilität im Hinblick auf die Passung zur aktuell ausgeübten Tätigkeit höher gewertet werden als die reine Fokussierung auf die freie Wahl des Arbeitsorts – zumindest, wenn hiermit nur das eigene Zuhause versus das alte Büro gemeint ist.
Der dritte Ort
Dritte Orte wie Co-Working Spaces schließen hierbei eine Lücke, welche auch Gründer nutzen und ausprobieren sollten. Hier bietet sich die Möglichkeit, flexibel zwischen den beschriebenen Elementen des modernen Arbeitens zu wechseln und sich den Platz zum Arbeiten zu buchen, den man gerade für seine Tätigkeit braucht. Außerdem findet man hier ein weiteres wichtiges „C“, das sich fast nur in Co-Working Spaces finden lässt: eine Community. Während besonders Gründer in angemieteten Büros nur in ihrem eigenen Dunstkreis tätig werden, bietet der Co-Working Space vom Kaffee in der Pause bis zu gemeinsamen Community-Events Gelegenheit zum Austausch auch außerhalb der eigenen Blase. Da trifft IT-Gründerin auf Fotograf und Start-up auf Steuerberater. Solche gegenseitigen Inspirationen sind nicht zu unterschätzen. Viele Menschen sehen einerseits im alten Büro nicht den Mehrwert, den sie sich von einer optimalen Arbeitsumgebung versprechen. Andererseits finden ebenso viele in ihrem Homeoffice auch nicht die optimalen Bedingungen vor.
New Work überall?
Ist das Arbeiten im Co-Working Space jetzt New Work? Allein sicher nicht – aber es kann ein wichtiges Element darstellen. Frithjof Bergmann hatte als Sozialphilosoph im Kern seiner Bewegung die stützende Wirkung von Arbeit auf den Menschen im Sinn und forderte zu Recht eine Arbeit, die den Menschen nicht schädigt. Ebenso wollte er, dass Menschen einer Arbeit nachgehen, die sie wirklich wollen. Dies sind sicherlich Ansprüche, die nur schwer voll zu erfüllen sind, aber sicherlich kann ein tätigkeitsflexibles Arbeiten diesen eher gerecht werden als eine Arbeitsumgebung, die die Bedarfe nur eingeschränkt abbildet. So treffen im Co-Working Space besonders bei Gründern hohe intrinsische Motivation und Schaffensfreude auf optimale räumliche Bedingung und eine diverse Community.
Nachhaltigkeit als Chance
Und noch ein Gedanke lässt sich in diesem Zusammenhang andenken: Während viele klassische Büroflächen in sogenannten Central Business Districts (CBDs) – also in Städten und Ballungszentren – ansässig sind, viele Menschen aber eher außerhalb dieser Districts wohnen, ergeben sich massive Pendelbewegungen hinsichtlich der räumlichen Arbeitsmobilität. Co-Working Spaces bieten oft neben den CBDs auch dezentrale und wohnortsnahe Angebote bis hin zum ländlichen Raum, was Nachhaltigkeit sowie New Work durchaus zuträglich sein kann.
Fazit
Es bleibt zu hoffen, dass diese Möglichkeiten immer mehr auch nicht an Schreibtischen und Computern arbeitenden Menschen ermöglicht werden können. Hier gibt es mit Maker Spaces und anderen kreativen Community Offices bereits hervorragende Ansätze.
Über den Autor:
Prof. Dr. Axel Minten ist Professor für Kommunikation und Personalwesen und unterstützt als New Work-Specialist Unternehmen, Führungskräfte sowie Gründer. Er ist Partner der cowork AG und Vizepräsident im Bundesverband Coworking Spaces Deutschland (BVCS).