Bildnachweis: Integrate IP, VC Magazin.
Ein durchwachsendes Investitionsjahr neigt sich dem Ende und die Private Equity- und Venture Capital-Branche blickt hoffnungsvoll auf 2024. In unserer Reihe „Adventsgespräche“ haben wir mit Marktkennern über ihre Erwartungen und Aussichten für 2024 sowie ihre eigene Wahrnehmung dieses Jahres gesprochen.
VC Magazin: Man hört ständig die Begrifflichkeit „Due Diligence“, seltener „IP Due Diligence“. Was ist der Unterschied und warum ist das so?
Schade: Eine IP Due Diligence ist prinzipiell ein kleiner, aber feiner Bestandteil einer regulären Due Diligence. Bei einer regulären Due Diligence werden wichtige Aspekte wie beispielsweise rechtliche, finanzielle, steuerliche oder wirtschaftliche Themen überprüft. Die IP Due Diligence prüft zusätzlich auch das geistige Eigentum, um Risiken und Chancen in diesem Bereich zu identifizieren. Die Prüfung und Bewertung der IP gewinnen zunehmend an Wichtigkeit, dennoch wird sie noch oft vernachlässigt. Gründe können Ressourcenmangel sein oder schlichtweg fehlendes Bewusstsein bzgl. der Bedeutung von geistigem Eigentum. Eine IP Due Diligence kann zudem auch unabhängig von einer regulären Due Diligence durchgeführt werden. Beispielsweise im Rahmen von M&A Projekten.
VC Magazin: Welche Auswirkungen haben die technologischen Entwicklungen des Jahres 2023 auf den Prozess der IP Due Diligence, insbesondere im Hinblick auf digitale Innovationen und Künstliche Intelligenz?
Schade: Technologische Fortschritte erweitern den Umfang einer IP Due Diligence grundsätzlich. Digitale Assets und KI-bezogene Rechte werden in diesem Zusammenhang auch überprüft werden müssen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das immer schneller zunehmen.
VC Magazin: Wem empfehlen Sie eine IP Due Diligence durchzuführen?
Schade: Das empfehle ich Investoren, die in Unternehmen investieren wollen, da eine vorherige IP Due Diligence dabei hilft, die Werthaltigkeit und potenzielle Risiken des geistigen Eigentums besser einzuschätzen. In der Regel können Erkenntnisse aus einer IP Due Diligence den Deal zu Gunsten des Investors positiv beeinflussen.
Start-ups, die ihre Innovationen schützen und attraktiver für Investoren werden wollen.
Unternehmen, die vor Fusionen oder Übernahmen stehen, um potenzielle Risiken im Zusammenhang mit geistigem Eigentum zu minimieren.
VC Magazin: Rechtliche Beratung ist teuer. Ab welcher Unternehmensgröße bzw. ab welchem Unternehmenswert lohnt sich die Durchführung einer IP Due Diligence?
Schade: Ab einer bestimmten Größe wird eine IP Due Diligence empfohlen, da die Risiken und der Wert des geistigen Eigentums zunehmen. Dies beginnt häufig mit wichtigen FTO-Recherchen und Analysen (Freedom-To-Operate), welche dann regelmäßig Bestandteil einer IP Due Diligence sind. Die Kosten-Nutzen-Analyse hängt häufig von der Branche ab; in technologieintensiven Sektoren ist eine frühe IP Due Diligence oft sehr sinnvoll.
VC Magazin: Was empfehlen Sie Investoren für das Jahr 2024?
Schade: Investoren sollten verstärkt frühzeitig das Thema IP Due Diligence berücksichtigen, um mögliche Risiken im Zusammenhang mit geistigem Eigentum frühzeitig zu erkennen und Unternehmen wirklich umfassend zu durchleuchten. Nicht selten beeinflussen frühe Erkenntnisse aus einer IP Due Diligence den weiteren Verlauf einer übergeordneten Due Diligence, wodurch Risiken reduziert und hohe Kosten vermieden werden können. Eine proaktive Überprüfung der IP-Landschaft sollte Teil der Investitionsstrategie sein, um langfristige Werthaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zum Interviewpartner:
Mirko Schade ist geschäftsführender Partner der Patentanwaltskanzlei Keller Schneider und Geschäftsführer des auf IP Due Diligence spezialisierten Unternehmens Integrate IP. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Evaluationen von Start-ups, Management des geistigen Eigentums (Intellectual Property) sowie Beratung von Innovations- und Entwicklungsprozessen.