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Spätestens seit 2021 die deutsche Investitionskontrolle auf den Hoch- und
Zukunftstechnologiebereich erweitert wurde, ist die Intensivierung der Kontrolle ausländischer Investitionen in deutsche Unternehmen auch im Venture Capital voll angekommen. So wurde es z. B. 2023 dem ausländischen Mehrheitsgesellschafter im Fall KLEO Connect vom BMWK untersagt, die Geschäftsanteile eines inländischen Gesellschafters einziehen zu lassen.
Investitionskontrolle wesentlicher Baustein bei Investition und Exit
Mit der Kontrolle von ausländischen Investitionen in bestimmte Wirtschaftsbereiche sind
Meldepflichten, Prüfverfahren des BMWK und Wirksamkeitshindernisse für die betroffenen
Rechtsgeschäfte verbunden. Meldepflichten treffen grundsätzlich den Investor oder Erwerber und sind sowohl von ihm als auch der Zielgesellschaft im Zeitplan und Pflichtenheft einer Investition zu berücksichtigen – sonst drohen schwebende Unwirksamkeit von Vollzugshandlungen und ein strafbewehrtes partielles Vollzugsverbot. Die Zielgesellschaft und deren Gesellschafter haben ein originäres Interesse, dass das regulatorische Erfordernis der Investitionskontrolle frühzeitig gesehen und erfüllt wird. Nur wenn die Kombination aus Geschäftsmodell, Produkten und Neuinvestor bzw. Exitkanal investitionskontrollrechtlich unbedenklich sind, kann die Beteiligung des Neuinvestors oder ein Exit wie geplant gelingen.
Inhalt der Investitionskontrolle
Zentral für die deutsche Investitionskotrolle ist der Erwerb von Einflussmöglichkeiten durch ausländische Investoren, die – unabhängig von der Unternehmensgröße – primär an den erworbenen Stimmrechten des Investors festgemacht werden. Die für eine Meldung relevanten Schwellen beginnen – abhängig vom betroffenen Wirtschaftsbereich – bereits bei einem Erwerb von 10 % der Stimmrechte. Auch für gleichwertige Einflussmöglichkeiten oder die Erhöhung von bestehenden Stimmrechtsanteilen kann eine Meldepflicht bestehen.
Inhaltlich werden meldepflichtige Investitionen darauf geprüft, ob sie die öffentliche Ordnung oder Sicherheit voraussichtlich beeinträchtigen (sektorübergreifendes Verfahren) oder wesentliche Sicherheitsinteressen der BRD voraussichtlich beeinträchtigen (sektorspezifisches Verfahren, das v. a. Rüstungstechnik betrifft).
Investitionskontrollverfahren nehmen zu
Eine Auswertung des BMWK zeigt eine kontinuierliche Zunahme der Verfahren: 2022 gab es bereits über 300 Meldungen, davon mündete etwa jede zehnte in ein (vertieftes) Prüfverfahren, das die zweimonatige Verfahrensdauer um bis zu acht Monate verlängern kann. Im Regelfall entscheidet das BMWK aber in deutlich kürzerer Frist. Im Schnitt betrug 2022 die Dauer eines Prüfverfahrens 28 Tage, die eines vertieften Prüfverfahrens 184 Tage. Die meisten Verfahren betreffen Investoren aus USA, China und dem Vereinigten Königreich und sind sog. sektorübergreifende Verfahren, d. h. Investitionen im Zusammenhang mit kritischen Infrastrukturen oder in Zukunfts- und Hochtechnologie, wie zum Beispiel KI, Robotik, Nanotechnologie, Additive Fertigung, Cloud Computing oder IT-Produkte mit Schutzfunktionen. Die große Mehrheit der meldepflichtigen Fälle wird freigegeben, ohne dass beglei-tende Anordnungen erfolgen oder es zu einer Untersagung kommt.
Herausforderungen und Ausblick
Die Definition der prüfrelevanten Wirtschaftsbereiche in der Außenwirtschaftsverordnung hat
zahlreiche Unschärfen. Die damit verbundene Unsicherheit kann im Rechtsgespräch mit dem BMWK zwar teilweise reduziert werden. Sie wurde jedoch im Fall Kleo Connect im Jahr 2023 durch das BMWK verschärft. Die Evaluierung der Regelungen für die Investitionskontrolle durch das BMWK hat zahlreiche Verbesserungspotenziale identifiziert und wird zu weiteren Anpassungen und Veränderungen führen, welche die Venture Capital Praxis im Auge behalten muss: Sei es ein die bisherigen Regelungen in AWG und AWV zusammenführendes Investitionskontrollgesetz oder auch das diskutierte Screening von outbound investments. Dadurch wird die Dynamik des Rechts der Investitionskontrolle weiter zunehmen und ist die Investitionskontrolle Pflicht-Prüfpunkt bei jeder Beteiligung und Transaktion mit Auslandsbezug.
Zu den Autoren:
Björn Weidehaas berät Family Offices, Fonds, Business Angels und zahlreiche Start-ups ganzheitlich während Finanzierungsphasen sowie Unternehmen während Restrukturierungen und im Insolvenzrecht.
Dr. Daniel Petzold berät zu allen Facetten des deutschen und europäischen Kartellrechts sowie zur Investitionskontrolle und den damit verbundenen Verfahren. Beide sind Rechtsanwälte und Partner am Münchner Standort der Kanzlei LUTZ | ABEL.