Bildnachweis: Colipi GmbH.
Das Hamburger Start-up Colipi konnte kürzlich eine Seed-Finanzierung über 1,8 Mio. EUR abschließen. Zu den Investoren zählen der High-Tech Gründerfonds, der Innovationsstarter Fonds Hamburg, Nidobirds Ventures GmbH und Stefan De Loecker. Mit ihrem Climate Oil will Colipi eine klimaneutrale Alternative zu Palm- und Erdöl bieten.
VC Magazin: Wie kamen Sie auf die Idee für Ihr Start-up?
Webers: Es gilt, ein klimaheißes Problem zu lösen. Unsere Lebensqualität basiert auf vermeintlich günstigen fossilen und pflanzlichen Kohlenwasserstoffen. Dafür werden jährlich 4.400 Megatonnen Erdöl und 210 Megatonnen Pflanzenöl produziert; zerstörerisch für uns und die Umwelt. Das World Economic Forum beziffert die globalen Kosten für Klimawandelschäden auf 3 Bio. USD pro Jahr. Klimakosten werden durch den Gesetzgeber in zunehmenden Maßen in die Bücher der Privatwirtschaft transferiert; potenziell existenzbedrohend. Aber Bevölkerungswachstum und Konsumverhalten werden sich praktisch in Demokratien nicht gesetzlich regulieren lassen. Wie soll also der Hunger nach Öl nachhaltig und günstig gestillt werden? Mikroorganismen können komplexe Moleküle umweltschonend synthetisieren. Es gibt natürliche Hefezellen, die Kohlenstoff zum Beispiel aus Zucker aufnehmen, Sauerstoff veratmen und daraus Öl produzieren, inklusive biogenem Kohlenstoffdioxid. Unsere Innovation ist das Ersetzen von Zuckern mit industriellen Abfallströmen und das Wiederverwerten des Kohlenstoffdioxids mit einem neuartigen bakteriellen Carbon Capture and Utilization (CCU)-Schritt. Im Jahr 2022 haben wir festgestellt, dass die weltweite Verfügbarkeit von hefenutzbaren Abfallströmen nicht ausreicht, um etwa 210 Mio. Tonnen Öl zu produzieren. Daraus leitete sich unsere zweite und bahnbrechende Innovation ab. Wir denken jetzt die CCU-Gasfermentation größer und entwickeln sie eigenständig parallel zur Hefetechnologie weiter. Sogenannte Knallgasbakterien wandeln Kohlenstoffdioxid mithilfe von Energie aus der Veratmung von Wasserstoff und Sauerstoff in Biomaterialien und Wasser um. Damit das günstig, schnell und skalierbar gelingt, mussten wir einen speziellen Gasbioreaktor entwickeln, den wir patentiert haben. Dieser „Moon Shot“ hat gewaltiges Potenzial, was von den Seed-Investoren honoriert wurde, wobei die Hefeöltechnologie sozusagen ein doppelter Boden ist, der wesentlich früher kommerzialisiert werden wird.
VC Magazin: Ihr Ziel ist es, eine Alternative zu umweltschädlichem Erd- und Palmöl zu schaffen. Welchen Kundenkreis sprechen Sie mit Ihrem Climate Oil an?
Webers: Erd- und Palmöl wird in fast allen Industrien eingesetzt – ein Billionen-Dollar-
Markt. Mit den Ölen sprechen wir zuerst Industriekunden aus der Kosmetik- und
Waschmittelindustrie an, die mutige Nachhaltigkeitsvorreiter sind; kein Platz für Greenwashing. Parallel dazu bauen wir neue Wertschöpfungsketten zu industriellen Quellen von Abfall- und Kohlenstoffdioxidströmen auf, die wir an der Wertschöpfung beteiligen werden. Climate Oil ist ein Drop-in für klassische Öle, hat aber einen extrem reduzierten CO2- und Umweltfußabdruck, was die grüne Bilanz der Unternehmen verbessern wird.
VC Magazin: Welche nächsten Meilensteine möchten Sie mit dem frischen Kapital erreichen?
Webers: Wir werden mehrere Hundert Liter Hefeöl produzieren. Kosmetikindustriepartner
erstellen daraus Produkte, die noch 2024 in die Drogerie- und Supermarktregale gelangen.
Die Bakterien werden erfolgreich dahin gehend verändert, dass sie ökonomisch sinnvolle
Mengen Öl produzieren. Die Bakterien-Pilotanlage wird ausgereizt und die Daten genutzt,
um die nächste Skalierung im Jahr 2026 zu ermöglichen.
VC Magazin: Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren?
Webers: In fünf Jahren werden wir weltweit der größte Produzent von Hefeöl sein, wobei
dann unsere Fabriken profitabel sind und als Blueprint für weitere Projekte auf allen Kontinenten dienen. Unsere CCU-Technologie wird Marktreife erreicht haben und bereit sein, mit Industriepartnern, insbesondere CO2-Emittenten, unter Lizenz, skaliert zu werden.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Zum Interviewpartner:
Maximilian Webers ist Co-Founder & CEO der Colipi GmbH. Seine Karriere startete er in Jakarta als Projektleiter, gefolgt von Strategieberatung, dann Teamleitung bei einem Software-Start-up, bevor er für die Gründung nach Hamburg zog.