Die österreichische FlexCo – ein Vorbild für Deutschland?

Neue Rechtsform

Dr. Wolfgang Weitnauer, Weitnauer Rechtsanwälte
Dr. Wolfgang Weitnauer, Weitnauer Rechtsanwälte

Bildnachweis: Weitnauer Rechtsanwälte.

Österreich hat Ende 2023 mit der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG oder FlexCo) zum Zweck der Förderung der Gründer- und Start-up-Szene eine neue Rechtsform eingeführt, die mehr Flexibilität bieten soll, sei es bei der Kapitalbeschaffung durch genehmigtes oder bedingtes Kapital oder auch für die Übertragung von Geschäftsanteilen und das interne Abstimmungsverfahren.

Die mit dem FlexKapGG eingeführte Möglichkeit einer 1-EUR-Stückelung der Geschäftsanteile und einer uneinheitlichen Stimmabgabe bei Inhaberschaft mehrerer Anteile, genehmigtes Kapital zur Erleichterung von Kapitalerhöhungen oder auch die Möglichkeit eines schriftlichen Umlaufverfahrens auch ohne Zustimmung aller Gesellschafter sind allerdings keine Neuerungen aus deutscher Sicht, zumal das GmbH-Recht weitestgehend dispositiv ist, so etwa auch das Zustimmungserfordernis hinsichtlich des Umlaufverfahrens gemäß § 48 Abs. 2 GmbHG.

Bemerkswert sind jedoch zwei Besonderheiten:

• Für die Übertragung und Zeichnung neuer Geschäftsanteile an einer FlexCo bedarf es nicht mehr zwingend einer notariellen Beurkundung. Vielmehr genügt die Errichtung einer Urkunde durch einen Rechtsanwalt; den die Urkunde errichtenden Notar oder Anwalt trifft dabei (anders als in Deutschland das notarielle Formerfordernis von § 15 Abs. 3, 4 GmbHG) nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Flex-KapGG die Pflicht zur Überprüfung der Zulässigkeit der Anteilsübertragung und Belehrung der Parteien.

• Die FlexCo bietet darüber hinaus die Möglichkeit, für Mitarbeiter bis zur Höhe von 25% des Stammkapitals sogenannte Unternehmenswertanteile auszugeben, §9 FlexKapGG. Sie vermitteln einen anteiligen Anspruch auf den Bilanzgewinn und einen Liquidationserlös. Auch wenn mit den Unternehmenswertanteilen keine Stimmrechte verbunden sind, haben ihre Inhaber doch das Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und zur Information über schriftliche Abstimmungen; ferner stehen ihnen allgemeine Informations- und Einsichtsrechte wie einem Gesellschafter zu. Für die Übertragung der Unternehmens-wertanteile bedarf es nach § 9 Abs. 6 FlexKapGG nur der Schriftform. Auch sind die Namen der Unternehmenswertbeteiligten nur in einem internen, von der Geschäftsführung geführten Anteilsbuch zu erfassen. Für den Fall einer mehrheitlichen Veräußerung der Anteile der Gründungsgesellschafter ist den Unternehmenswertbeteiligten im Gesellschaftsvertrag ein Mitverkaufsrecht einzuräumen, § 10 Abs. 1 FlexKapGG. Ergänzt werden die Regelungen zu den Unternehmenswertanteilen durch das zum Jahresanfang in Kraft getretene Start-Up-Förderungsgesetz. Hiermit wurde eine begünstigte Besteuerung der Mitarbeiterbeteiligung eingeführt. Ähnlich wie durch §19a EstG wird die Dry Income-Besteuerung dadurch vermieden, dass Mitarbeiter, die innerhalb von zehn Jahren nach der Gründung des Start-ups mit eingeschränkter Größe (maximal 100 Arbeitnehmer und Umsatzerlöse von nicht mehr als 40 Mio. EUR, wenn keine Konzernverbindung) beteiligt wurden, eine vergünstigte Besteuerung im Zeitpunkt des Zuflusses eines Veräußerungserlöses oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses in Anspruch nehmen können. Diese vergünstigte Besteuerung besteht in einem festen Steuersatz von 27,5% aus einer Besteuerungsgrundlage von 75% des Erlöses oder (im Leaver-Fall) des gemeinen Werts der Anteile.

Fazit

Da es sich bei den meisten Regelungen des GmbHG um dispositives Recht handelt, bedarf es der Einführung einer neuen Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, wie der FlexCo, in Deutschland nicht, auch nicht einer eigenen Anteilsgattung für Mitarbeitende mit (wenn auch eingeschränkten) Teilnahmerechten (zur Alternative eigenkapitalähnlicher Genussrechte etwa VC Magazin 07/2023, Start-up 2024, S. 74). Vielmehr genügt die Abschaffung des notariellen Formerfordernisses nach österreichischem Vorbild. In steuerlicher Hinsicht erscheint es aber beispielhaft, dass für die Mitarbeiterbeteiligung nur der letztendliche Zufluss besteuert wird und dies zum überwiegenden Teil (75%) zu einem deutlich vergünstigten Steuersatz.

Über den Autor:

Dr. Wolfgang Weitnauer ist Gründer und Partner von Weitnauer Rechtsanwälte. Die Sozietät hat Büros in München, Mannheim, Berlin und Hamburg.