Bildnachweis: Everphone.
Mit dem „Reduce, Reuse und Recycle-Ansatz“ ermöglicht das Berliner Startup Everphone eine Kreislaufwirtschaft für Smartphones – und konnte damit die KfW von einer Finanzierung über das Venture Tech Growth Financing (VTGF)-Programm überzeugen.
VC Magazin: Mit Everphone setzen Sie sich für eine nachhaltige Smartphone-Nutzung ein. Wie funktioniert das Geschäftsmodell und wie sehen Ihre bisher erreichten Meilensteine aus?
Heise-Rotenburg: Everphone ist die One-Stop-Lösung für Firmen-Smartphones und -Tablets. Als führender Device as a Service (DaaS)-Anbieter übernimmt Everphone Beschaffung, Konfiguration, Verwaltung, Sicherheit und Austausch der Geräte für Unternehmen und Organisationen. Die Zeitersparnis der firmeninternen IT beträgt beim Einrichten der Geräte bis zu zwei Stunden pro Gerät. DaaS erlaubt es Unternehmen und Angestellten, ihr bevorzugtes Smartphone von angesehenen Herstellern auszuwählen. Everphone verwaltet bereits über 400.000 Geräte für mehr als 1.800 Unternehmen, darunter mehrere DAXUnternehmen.
VC Magazin: Wie bewerten Sie die aktuellen Finanzierungsbedingungen für junge Wachstumsunternehmen hierzulande? Welche Herausforderungen haben Sie erlebt?
Heise-Rotenburg: Hier ist zwischen Eigenkapital und Fremdkapital zu unterscheiden. Schon während der COVID-Krise haben sich die Möglichkeiten für Start-ups, Eigenkapital einzuwerben, deutlich verschlechtert. Das hat sich im Jahr 2023 nochmals verstärkt. Diese
Entwicklung liegt auch daran, dass viele Venture Capital-Investoren weniger risikobereit
sind und ihre Gelder zurückhalten, um bestehende Investitionen weiter finanzieren zu können. Schwieriger geworden ist es vor allem für Start-ups im Anfangsstadium. Unternehmen, die über einen Proof of Concept verfügen, den Markteintritt erfolgreich gestaltet haben und Verbesserungen bei den Unit Economics nachweisen können – wie Everphone –, finden auch weiterhin Investoren. Fremdkapital hingegen ist grundsätzlich immer am Markt verfügbar – die Frage ist, zu welchen Konditionen und Bedingungen. Jedoch bleiben Herausforderungen wie der Mangel an Risikobereitschaft bei traditionellen Banken und die hohe Wettbewerbsintensität um Investitionsmittel bestehen. Auch hier helfen eine solide Erfolgsbilanz und gut aufbereitetes Datenmaterial, um Banken zu überzeugen.
VC Magazin: Everphone hat in einer Finanzierungsrunde Anfang 2024 neben 21 Mio. EUR Eigenkapital auch 250 Mio. EUR Fremdkapital einsammeln können, die KfW hat sich an einer asset-basierten Finanzierung beteiligt. Welche Pläne verfolgen Sie mit diesem Kapital?
Heise-Rotenburg: Unsere diversifizierte Finanzierungsstrategie sowie langfristige Partnerschaften mit Banken und Investoren stellen auch in wechselhaften Zeiten eine stabile Finanzierungsbasis sicher. Bei Everphone gilt die „goldene Bilanzregel“: Alles Wachstum wird aus Eigenkapital finanziert, alle Geräte aber mit Fremdkapital. Das eingeworbene Fremdkapital wird also dafür genutzt, weitere Geräte für den Einsatz bei unseren Kunden zu finanzieren. Die KfW ist konkret an unserer Inventory Facility beteiligt: Wir beschaffen gängige Smartphone- und Tablet-Modelle laufend zu besten Marktpreisen und lagern sie, um durch die konstante Verfügbarkeit unsere Kunden innerhalb von 24 Stunden beliefern zu können. Bezüglich Eigenkapital gilt: Den Großteil werden wir nutzen, um die Verwaltung und den Betrieb von mobilen Geräten für Großkunden noch einfacher zu gestalten. Dazu zählt die internationale Expansion um bis zu 1 Mio. weitere Geräte und das Erschließen von neuen gewerblichen Nutzergruppen. Auch technisch wollen wir unseren Kunden Einblicke in Business Intelligence- und ESG-Daten geben. Aktuell werden bereits mehr als die Hälfte aller Geräte über unsere Everphone-API gemanagt. Die Plattform ermöglicht Großunternehmen, alle wichtigen ESG-Reporting-Anforderungen für nachhaltige IT-Strategien „auf Knopfdruck“ umzusetzen. Auch das bauen wir weiter aus.
VC Magazin: Das frische Kapital kam unter anderem aus dem VTGF-Programm des Zukunftsfonds. Wie liefen der Prozess und die Zusammenarbeit mit der KfW ab?
Heise-Rotenburg: Die Kooperation mit der KfW war vom Erstkontakt bis zum Vertragsabschluss sehr zielgerichtet und professionell. Viele junge Unternehmen denken bei modernen, zukunftssichernden Finanzierungen nicht direkt an die KfW. Mit dem Programm Venture Tech Growth Financing (VTGF) stellt die KfW innovativen und schnell wachsenden Unternehmen Fremdkapital zur Finanzierung ihres weiteren Wachstums zur Verfügung. Die
Zusammenarbeit und der Austausch mit dem VTGF-Team waren sehr gut, und wir freuen uns, die KfW als Finanzierungspartner gewonnen zu haben. Dies zeigt das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit unseres Geschäftsmodells und ist somit etwa auch für Kunden eine positive und überzeugende Nachricht.
VC Magazin: Welche Bedingungen braucht es aus Ihrer Sicht für ein stärkeres Later Stage-Ökosystem, welche Unterstützung erwarten Sie von der Politik hierbei?
Heise-Rotenburg: Ein stärkeres Later Stage-Ökosystem erfordert eine breitere Palette an Finanzierungsoptionen, darunter Venture Capital, Private Equity, Fremdkapital, alternative Kreditinstrumente und auch Zugang zu öffentlichen Märkten. Die Politik könnte regulatorische Rahmenbedingungen schaffen, die Investitionen in spätere Unternehmens-phasen attraktiver machen – zum Beispiel durch Steueranreize für langfristige Investitionen oder die Vereinfachung von IPOs. Zudem ist eine verbesserte Unterstützung bei der Skalierung von Unternehmen erforderlich: etwa Förderprogramme für Wachstums-unternehmen oder der Ausbau von Netzwerken und Infrastrukturen, die den Austausch zwischen Unternehmen, Investoren und anderen Akteuren fördern. Letztendlich sollte die Politik auch den internationalen Austausch fördern, um grenzüberschreitende Investitionen zu erleichtern und die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Later Stage-Markts zu stärken.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Über die Interviewpartnerin:
Dr. Veronika von Heise-Rotenburg ist Chief Financial Officer (CFO) und Co-Geschäftsführerin bei Everphone. Veronika ist ausgewiesene Expertin für Digital Finance und assetbasierte Finanzierungen.