Herausforderungen frühphasiger Life Sciences-Start-ups in Deutschland

Early Stage-Investments: Fokus Life Sciences

Dr. Jannik Lockl, inContAlert GmbH
Dr. Jannik Lockl, inContAlert GmbH

Bildnachweis: inContAlert GmbH.

Investitionen in Life Sciences-Start-ups befinden sich seit Jahren auf einem hohen
Niveau. Hinter klassischen Venture Capital-Branchen wie Software as a Service (SaaS), E-Commerce oder Fintech haben sich auch Life Sciences-Investments etabliert. Doch viele Investoren schrecken vor der Branche zurück. Woran liegt das?

Life Sciences-Start-ups sehen sich Herausforderungen gegenüber, die sich signifikant von anderen Branchen unterscheiden: breite Teamkompetenzen, hohe Finanzierungsvolumen bei langen Zeiträumen bis zu ersten Umsätzen, klinische Studien, hohe regulatorische Hürden sowie komplexe Vergütungssysteme.

Team und Technologietransfer

Unabhängig von der Branche ist das Gründerteam zentral für den Erfolg. In den Life Sciences gestaltet es sich jedoch weitaus schwieriger, bei der Zusammensetzung ein komplementäres Team zu formen, das alle relevanten Funktionsbereiche vereint. Die Ideen entstammen meist universitärer Forschung, sodass den Jungunternehmern oft unternehmerische, betriebswirtschaftliche, regulatorische und vertriebliche Erfahrung fehlen. Auch die Rolle von nichtoperativen Mitgründern sorgt bei späteren Finanzierungsrunden regelmäßig für Schwierigkeiten, wenn diese eine zu hohe Beteiligung an der Firma halten.

Finanzierung

Die Finanzierung von Life Sciences-Start-ups basiert auf drei Säulen: Forschungsförderung, Business Angels und Venture Capital-Fonds. In Deutschland fehlen weniger die Grundlagenforschung und Forschungsförderung, sondern oft deutsche Venture Capital-Investoren in späteren Phasen, die den hohen Kapitalbedarf decken können. Dies liegt unter anderem daran, dass der Weg bis zum Erfolg (Umsätze, Exit) deutlich länger als in den klassischen Venture Capital-Branchen ist, was auch die von den Investoren anvisierte Rendite beeinflusst. Es kann mehrere Jahre dauern, bis ein Medizinprodukt zugelassen ist und in den Gesundheitssystemen auch vergütet wird. Zwischen Gründung und Exit liegen bei Medtech-Start-ups im Mittel zehn Jahre. Die Abwägung dieses Risikos erfordert ein hohes Maß an Branchenkenntnis im Investmentteam. Spezialisierte, branchenerfahrene Venture Capital-Fonds und Business Angels sind bei den Gründerteams besonders gefragt, da sie die notwendige Geduld mitbringen und nachhalten, dass Branchenspezifika wie Zulassung, klinische Vermarktung und Vergütung adressiert werden.

Regulatorische Anforderungen und Vermarktung

Das Inverkehrbringen eines Medizinprodukts unterliegt regulatorischen Auflagen. Diese sind je nach Region unterschiedlich (EU: MDR; USA: FDA; China: SFDA) und ziehen hohe Aufwände nach sich. Von der umfassenden technischen Dokumentation über Wartezeiten bei unabhängigen Prüfstellen bis zur Durchführung von Zulassungsstudien warten in kaum einer Branche derart viele externe Quality Gates auf. All dies sichert noch nicht den Markterfolg, sondern erlaubt lediglich, auf dem Markt tätig zu werden. Zum Markteintritt sind meist weitere Studien erforderlich, um die gesundheitsökonomischen Aspekte des Produkts zu evaluieren und einen Weg in die Vergütung zu finden. Jene Ergebnisse sind von zentraler Bedeutung in der Kommunikation mit Ärzten, Kliniken und Krankenkassen.

Fazit

Verlaufen Zulassung und Studien nach Plan, steht einer Vermarktung jedoch nichts mehr im Wege. Das Startup kann von den hohen Einstiegsbarrieren für Wettbewerber profitieren und so die Grundlage für hohe Renditen und einen erfolgreichen Exit schaffen – vorausgesetzt, es fand auf dem Weg Investoren mit entsprechender Branchenkenntnis und Ausdauer.

Über den Autor:

Der mehrfach ausgezeichnete Gründer Dr. Jannik Lockl konnte in seinen bisherigen Gründungen sowohl öffentliche Förderungen (zum Beispiel EXIST FT) als auch Venture Capital-Runden (unter anderem HTGF, Bayern Kapital, Carma Fund) erfolgreich abschließen. Er ist CEO & Co-Gründer des Venture Capital-finanzierten Medtech-Start-ups inContAlert GmbH.