„In Krisen zeigt sich, was einen ausgezeichneten Private Equity-Manager ausmacht“

Interview mit Thomas Weinmann, REIA Capital

Thomas Weinmann, REIA Capital
Thomas Weinmann, REIA Capital

Bildnachweis: REIA Capital.

Das Private Equity-Umfeld erlebt derzeit durch das gestiegene Zinsumfeld eine neue Marktphase, in der vor allem höhere Renditen von den Investoren eingefordert werden. In welchem Bereich diese zu erzielen sind und was es dafür braucht, weiß REIA Capital-Gründer Thomas Weinmann.

VC Magazin: Das Private Equity-Geschäft erlebt derzeit herausfordernde Zeiten. Wie nehmen Sie den Markt wahr?

Weinmann: Wir befinden uns in einer Preisanpassungsphase, die im mittelgroßen Marktsegment noch etwa zwei Jahre dauern wird, bei Large Buy-outs vielleicht noch fünf Jahre. Das Large Cap-Segment ist momentan in beide Richtungen eingeschränkt, denn die Käufer erwarten heute eine höhere Rendite – die Verkäufer sind aber noch nicht bereit, die hieraus resultierenden geringeren Preise zu akzeptieren. Außerdem spüren wir weiter Zurückhaltung bei den Börsengängen. Es gab zwar das IPO von Douglas, das allerdings im Nachhinein nicht besonders erfolgreich lief – obwohl das Marktumfeld für Börsengänge damals offen war. Dies wird weitere Börsenpläne eher abschrecken. Strategen brauchen länger, um sich für einen Kauf zu entscheiden; insofern gestaltet sich auch dieser Exit-Kanal schwierig und wirkt sich negativ auf die Renditen aus. Im Mid Market-Segment hingegen geht der Markt bereits wieder auf, vor allem für IT, Cybersecurity, SaaS und
Life Sciences. Dort sehe ich aktuell vernünftigere Preise, und Unternehmen mit Alleinstellungsmerkmalen lassen sich gut verkaufen. Im Small Cap-Bereich sind die Preise ebenfalls nicht übertrieben. Es gibt zwar weniger Transaktionen als 2021, aber es findet eine ausreichende Anzahl statt – an Private Equity-Fonds ebenso wie an Strategen.

VC Magazin: Wie erleben Sie die Stimmung bei den institutionellen Investoren?

Weinmann: Wir kommen aus einer Phase, in der sehr viel investiert worden ist, gefolgt von Rückführungen von Brückenfinanzierungen, die seit 2023 von Private Equity-Fonds nur noch bedingt genutzt werden. Den hieraus resultierenden Kapitalabrufen stehen niedrigere Ausschüttungen an Investoren gegenüber, da deutlich weniger Exits stattfinden. Dadurch leiden die klassischen Private Equity-Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds unter einer Cashflow-Verwerfung, aus der nun große Zurückhaltung bei Neuinvestments resultiert.

VC Magazin: Die Ausschüttungsquoten für Private Equity-Fonds erreichten zuletzt historische Tiefststände. Wie bewerten Sie die Entwicklung für dieses Jahr?

Weinmann: Bei kleineren Transaktionen finden Ausschüttungen statt, bei den großen eher keine. Man spürt den Druck auf Private Equity-Fonds, Liquiditätsevents zu schaffen, weil es notwendig ist, das eigene Fundraising voranzutreiben. Neben klassischen Verkäufen setzen Private Equity-Fonds immer mehr auf Continuation Funds, und Secondary-Transaktionen nehmen zu. Dadurch entsteht mehr Liquidität im Markt.

VC Magazin: Sehen Sie angesichts des schwierigeren Marktumfelds höhere Risikoprämien?

Weinmann: Im ersten Schritt sehe ich höhere Renditeerwartungen, denn wenn die sichere Rendite um bis zu 4% steigt, müssen auch die risikobehafteten Investments mehr Rendite bringen. Wir erleben eine höhere Geldknappheit, aber teilweise Fondsmanager, die noch nicht die neue Zeit verstanden haben. Jene haben es schwer, neues Kapital einzusammeln, da die institutionellen Investoren aufgrund des geopolitischen Umfelds und der Zinsentwicklung höhere Renditen einfordern. Risiko fordert schlichtweg eine bestimmte Prämie – das wurde nur eine Zeit lang vergessen. Hier findet derzeit ein größeres Erwachen statt

VC Magazin: Was zeichnet in diesen herausfordernden Zeiten einen guten Private Equity-Manager aus?

Weinmann: Entscheidend sind eine relevante Erfahrung, Alleinstellungsmerkmale und das Streben nach Rendite. Es kommt bei der Erfahrung nicht nur auf die Branchenkenntnis an, sondern auch auf Management- und Krisenerfahrung, sprich darauf, zu erkennen, wann ein guter Zeitpunkt für einen Verkauf ist oder wie von Krisen und Bewertungsentwicklungen profitiert werden kann. Branchenkenntnisse und regionale Erfahrungen machen ein Alleinstellungsmerkmal aus oder zum Beispiel auch besondere Kenntnisse bei Carve-outs. Zum Dritten sollte sich ein guter Private Equity-Manager immer die Frage stellen, wie und wo er die besten Renditen erzielen kann. Vor allem in Krisen zeigt sich, wer bei Ebbe mit Badehose dasteht.

VC Magazin: Welche Rolle spielt für Sie dabei Diversität?

Weinmann: Einen Mix im Team braucht es sowohl im Hinblick auf geschlechter- als auch altersmäßige Vielfalt. Ich halte zudem die häufig verbreitete Skepsis gegenüber der Gen Z für absolut falsch. Man braucht alle Altersklassen im Team, um bessere Entscheidungen zu treffen. Und man muss Menschen fördern: Die Branche hat Nachwuchsschwierigkeiten, weil das Thema Finanzen schon in der Schule kaum behandelt wird. Dabei hat unser Geschäftsmodell branchenübergreifend sehr spannende Themen und bringt wesentlich mehr mit als Zahlen. Wir investieren in Menschen – darum ist das richtige Gefühl für die von uns analysierten Teams essenziell.

VC Magazin: Welche Veränderungen kommen in den nächsten Jahren auf die Branche zu?

Weinmann: Anbieter müssen sich immer mehr auf Alleinstellungsmerkmale fokussieren, wenn sie nachhaltig erfolgreich sein wollen. In der Branche geht der Trend hin zu Spezialisten; es gibt immer weniger generalistische Fonds. Kleine Fonds werden zudem sehr viel professioneller. Während beispielsweise vor 20 Jahren nur die großen Fonds gelegentlich 100-Tage-Pläne erstellt haben, gehört das heute zum Standardrepertoire. Man muss mittlerweile bedeutend stärker beweisen, dass man das Handwerkszeug eines Private Equity-Managers beherrscht. Eine gewisse Herausforderung in der Branche stellt derzeit die ESG-Thematik dar: Die Bereitschaft dafür war schon immer vorhanden, aber die entsprechenden Zahlen zu generieren ist anspruchsvoll für Private Equity.

VC Magazin: Welche Nähe der Private Equity-Fonds zum Later Stage-Segment beobachten Sie?

Weinmann: Private Equity-Gesellschaften schauen auf Later Stage-Investments, um die interessanten Geschäftsmodelle der nächsten Jahre zu finden. Dazu gehören Geschäftsmodelle im Cybersecurity-Bereich und klassische Private Equity-Modelle, weil sie profitabel sind und große Wachstumspotenziale bieten.

VC Magazin: Mit REIA Capital sind Sie mit Ihrem ersten Produkt am Markt, konnten bereits das First Closing vermelden. Welche nächsten Schritte stehen an?

Weinmann: Wir sind derzeit stark in der Vermarktung unterwegs, haben eine Reihe von Kooperationspartnern und verzeichnen eine ausgesprochen große Nachfrage von Privatpersonen. Diese Investoren haben laufende Einkommen und sind daher nicht von der Cashflow-Krise betroffen. Wir sehen vor allem starken Zuspruch, weil wir im Small Cap-Bereich investieren und mit unserer Partnerstruktur über einen sehr großen Erfahrungsschatz auch im operativen Private Equity-Geschäft verfügen. Zudem bieten wir zwei Steuerstrukturen an und können somit jede Art von Investor bedienen. Auf der Investmentseite bietet sich uns ein riesiges Universum, da die Private Equity-Fonds Schwierigkeiten im Fundraising haben. Als Kapitalsammelstelle der Privatanleger und kleinen institutionellen Investoren sind wir hier ein Fels in der Brandung.

VC Magazin: Nach welchen Kriterien suchen Sie die Private Equity-Fonds aus, in die Sie investieren?

Weinmann: Wir suchen Private Equity-Fonds aus, die bei 100 Mio. EUR starten, und definieren das Feld der Small Caps bis 500 Mio. EUR Fondsvolumen. Zudem investieren wir selektiv in Lower Mid Cap-Fonds mit Fondsvolumen bis zu 1 Mrd. EUR. Unsere Dachfonds planen aktuell Investments von 7,5 Mio. bis 15 Mio. EUR, verteilt auf acht bis zwölf Fonds mit Fokus auf Europa. Wir konzentrieren uns auf die nordische Region, Großbritannien, Benelux, Italien und Spanien. Wir schauen zudem auch auf CEE. Deutschland klammern wir hingegen weitgehend aus, da viele unserer Investoren hier bereits über Aktien und Wertpapiere investiert sind und wir mehr Streuung generieren möchten. Branchenseitig setzen wir auf Gesundheit, IT und Business-Service. Entscheidend sind für uns: historische Überperformance unserer Zielfonds, die auch in Zukunft Bestand haben; ein Alleinstellungsmerkmal und vor allem das Team, das im Interessengleichklang mit uns investiert sein muss.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Über den Interviewpartner:

Thomas Weinmann ist Gründer von REIA Capital, seit mehr als 25 Jahren im Private Equity-Bereich aktiv und kennt die Branche als Private Equity- und Dachfondsmanager. Zudem ist er in mehreren Verwaltungsräten für Single Family Offices tätig.