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Venture Debt dient immer häufiger als Finanzierungslösung. Für das Start-up-Ökosystem hierzulande ist damit in den vergangenen Jahren eine wichtige Entwicklung in Gang gekommen – denn damit sich vielversprechende Unternehmen in der kapitalintensiven Wachstumsphase behaupten können, ist der Zugang zu einem ausdifferenzierten Finanzierungsinstrumentarium wichtig. Zum Jahresauftakt hat sich die Verfügbarkeit von Venture Debt aus Sicht deutscher Investoren verbessert.
Dem Kapitalverbrauch für Entwicklung, Markterschließung und Expansion steht bei jungen, innovativen Wachstumsunternehmen häufig noch kein entsprechender Cash Inflow gegenüber.
Zudem können sie seltener Kreditsicherheiten bereitstellen. Dies macht die Beschaffung von Eigenkapital gegen die Ausgabe von Geschäftsanteilen zum klassischen Weg der Finanzierung. Bei Venture Debt handelt es sich dagegen um auf Start-ups zugeschnittene Fremdkapitalinstrumente. Als komplementäre Finanzierungsform zum Eigenkapital bieten sie zusätzliche Liquidität zum Erreichen wertsteigernder Meilensteine. Dabei kann Venture Debt sehr flexibel auf die Verwendungszwecke des Unternehmens strukturiert werden. Der entscheidende Vorteil aus Sicht der Unternehmen sind die geringeren Kapitalkosten im Vergleich zum Eigenkapital und die Vermeidung einer Verwässerung der Geschäftsanteile. Zudem bedingt die Aufnahme von Venture Debt in der Regel keine Unternehmensbewertung. Eine Finanzierung mit Venture Debt eignet sich insbesondere für junge Wachstumsunternehmen, die bereits über Finanzierungsrunden erfolgreich Eigenkapital eingesammelt haben. Eine gute Eigenkapitalbasis, bereits erzielte Meilensteine und nicht zuletzt das Vertrauen von institutionellen Investoren sind für Kreditgeber häufig wichtige Signale. Wegen der relativ hohen Transaktionskosten durch die Flexibilität bei der Ausgestaltung ist Venture Debt zudem häufig erst bei hinreichend großen Kreditvolumen sinnvoll.
Solider Jahresauftakt 2024
Auch wenn Venture Debt noch ein Nischenmarkt ist, bezeugen die Daten des Informationsanbieters Dealroom.co ein trendmäßiges Wachstum bei der Anzahl der in Deutschland abgeschlossenen Deals. Zum Jahresauftaktquartal 2024 wurden acht Finanzierungen beobachtet und damit fast so viele wie im gesamten Vorkrisenjahr 2019. Insbesondere im Jahr 2022, als die Eigenkapitalfinanzierung aufgrund der einsetzenden Konsolidierung auf dem Venture Capital-Markt vielfach ins Stocken geriet, erreichte der Venture Debt-Markt in Deutschland seinen vorläufigen Höhepunkt. Im Jahr 2023 war die Anzahl der beobachteten Deals im Vergleich zum Vorjahr zwar wieder etwas rückläufig. Gemessen an der Anzahl der Finanzierungen war es jedoch das zweitstärkste Jahr auf dem deutschen Venture Debt-Markt.
Erhöhte Verfügbarkeit von Venture Debt
Die Verfügbarkeit von Venture Debt hatte sich in den Jahren 2022 und 2023 gegenläufig zu den am Markt beobachtbaren Transaktionen entwickelt. So blieb das Angebot im Verlauf des Jahres 2022 gemäß einer Investorenbefragung von KfW, Bundesverband Beteiligungskapital und Deutsche Börse Venture Network zusehends hinter der steigenden Nachfrage zurück. Den Tiefpunkt erreichten die Stimmungsindikatoren zu den Erwartungen und zur Lage zum Jahreswechsel 2022/2023. Nach einer zwischenzeitlichen Erholung während des vergangenen Jahres ist das Klima im ersten Quartal 2024 nochmals gestiegen. Insbesondere die Erwartung der Investoren hinsichtlich der Verfügbarkeit von Venture Debt war zum Jahresbeginn wieder mehrheitlich positiv.
Fortschritte des Ökosystems bei Wachstumsfinanzierung müssen Hand in Hand gehen
Zu einer Verbesserung der Verfügbarkeit von Venture Debt seit Jahresende 2022 dürfte eine positive Entwicklung des Angebots durch Geschäftsbanken und Venture Debt-Fonds beigetragen haben. Da Venture Debt nur ein ergänzender Baustein im Finanzierungsmix sein kann, hängt die qualifizierte Nachfrage aktuell jedoch auch maßgeblich von den Aussichten bei der Eigenkapitalfinanzierung über den Venture Capital-Markt ab. Für Venture Capital-Investoren können wiederum Aussichten auf gute Finanzierungsbedingungen der Unternehmen durch den Zugang zu Venture Debt-Instrumenten ein Impuls bei vorgelagerten Finanzierungsrunden sein. Das deutsche Ökosystem ist in den letzten Jahren gereift und beheimatet mehr denn je junge Unternehmen in der späteren Wachstumsphase. Für deren Erfolgschancen ist schlussendlich ein ausdifferenziertes Angebot über die gesamte Finanzierungskette wichtig. Derzeitige staatliche Initiativen tragen dem Rechnung. Der Zukunftsfonds der Bundesregierung setzt mit seinen Bausteinen an den verschiedenen Stellen an und unterstützt über öffentliche Mittel die Mobilisierung privater Finanzierungsangebote. Das Programm Venture Tech Growth Financing zielt namentlich auf die Entwicklung des Venture Debt-Markts im Schulterschluss mit privaten Finanzierungspartnern ab.
Über den Autor:
Dr. Steffen Viete ist Ökonom bei KfW Research mit den Schwerpunkten Gründungen und Gründungsfinanzierung, insbesondere Venture Capital.