Bildnachweis: NBank Capital.
Mit rund 80 Portfoliounternehmen und rund 80 Mio. EUR investiertem Kapital ist NBank Capital ein wichtiger Pfeiler für Gründer und Mittelständler in Niedersachsen. Die drei Geschäftsführer Ralf Borchers, Simon Köhler und Christoph Siegfried bilden die neue Spitze des Hauses.
VC Magazin: Seit Mai 2024 leiten Sie in der neuen Konstellation die Geschicke der NBank Capital. Welche Pläne und Ziele haben Sie sich gemeinsam gesetzt?
Siegfried: Die NBank Capital umfasst die Bereiche Start-ups – und Mittelstandsfinanzierung. Den Bereich Start-ups verantwortet Ralf Borchers; er ist durch seine langjährige Tätigkeit in diesem Feld ein sehr guter Netzwerker mit vielen Kontakten. Die mittelständischen Unternehmen verantwortet Simon Köhler, der auch durch vorherige Tätigkeiten im Bereich Private Equity und Corporate Finance hervorragende Expertise mitbringt. In meiner Doppelfunktion als Bereichsleiter für die NBank bin ich als Jurist sowohl für die regulatorischen Themen als auch die Weiterentwicklung der Gesellschaft zuständig. Wir haben uns gemeinsam zum Ziel gesetzt, die Netzwerkfunktion der NBank Capital noch mehr auszubauen. Wir sind keine Beteiligungsgesellschaft, die nur auf die Rendite schaut, sondern verstehen uns als Schnittstelle zwischen allen Stakeholdern. Dazu gehört auch, unser Wissen und unser Netzwerk zur Politik, zu Investoren, zu Kooperationspartnern und zu Geschäftsbanken unseren Kunden zur Verfügung zu stellen.
VC Magazin: Was zeichnet den Venture Capital-Standort Niedersachsen aus? Welche Herausforderungen erleben Sie, welche Stärken sehen Sie?
Borchers: Niedersachsen ist ein Flächenland, und das prägt auch die Venture Capital- und
Gründerszene. Es gibt keine Konzentration auf einen bestimmten Standort, obwohl Hannover natürlich ein starkes Zentrum ist. Aber auch Braunschweig, Göttingen, Osnabrück
und Oldenburg haben durch die Universitäten innovative Gründungen zu bieten. Dies macht
es für uns anspruchsvoller, Kontakt zu allen Regionen zu halten, aber als NBank haben wir
mehrere Beratungsstellen und pflegen unsere Kontakte zu den regionalen Ökosystemen aktiv. Niedersachsen verfügt generell über eine sehr lebendige Start-up-Szene, die seit 2019 durch verschiedene Förderprogramme des Landes stark gewachsen ist. Die Nachfrage nach Beteiligungskapital wächst jedes Jahr weiter, und auch die Angebotsseite wird immer breiter. Als NBank Capital tragen wir zu einem organischen Wachstum bei. Allerdings müssen wir feststellen, dass sich Regionalbanken und Sparkassen aus dem Beteiligungsgeschäft zurückziehen und damit Substanz verloren geht. Das entwickelt sich zu einer Herausforderung für den Standort – wir wollen diesen Wegfall kompensieren und sehen das auch als Chance. Wir brauchen oft private Co-Investoren, allein schon aus beihilferechtlichen Gründen. Daher bauen wir unser Investorennetzwerk – auch zu Investoren außerhalb Niedersachsens – systematisch aus.
VC Magazin: Niedersachsen zählt viele DAX-Unternehmen und Mittelständler. Welche potenziellen Co-Investoren sind für Sie interessant? Wie bewerten Sie das Engagement im Bereich Family Offices und Corporate Venture Capital?
Borchers: Die großen Corporates spielen in einer eigenen Liga und suchen leider nicht unbedingt den Kontakt zu regionalen Investoren, weil sie global investieren. Die große Ausnahme in Niedersachsen ist Sartorius in Göttingen mit seinen Aktivitäten rund um die Life Science Factory. Sehr engagiert sind dagegen viele Family Offices, die Grimmes Niedersachsens sozusagen. Die Unternehmer haben Weltmarktführer in ihren Nischenthemen geschaffen, Firmen mit Tausenden Mitarbeitern aufgebaut und sind geschätzte Partner. Sie vernetzen sich auch stärker untereinander – und hier können wir als Netzwerker auch eine wichtige Rolle einnehmen, Brücken bauen und voneinander lernen. Erhebliches Engagement gibt es insbesondere in der Osnabrücker Szene rund um das Seedhouse.
VC Magazin: Wie ist Ihr Portfolio aktuell aufgestellt, in welchen Branchen sind Sie unterwegs?
Siegfried: Wir haben ein Portfolio von fast 80 Unternehmen: Ein Drittel sind frühphasige Start-ups, die wir bei der Markteinführung begleiten, ein weiteres Drittel befindet sich in der Wachstumsphase und die Übrigen sind etablierte Unternehmen. Diese Verteilung spiegelt auch die Nachfrage nach unseren Produkten aus dem Start-up-Bereich wider. Wir sind branchen- und themenübergreifend tätig. Damit ist unser Portfolio vielfältig, vom Bauunternehmen über Medizintechnik bis zu etablierten Maschinenbauern. Bei den Startups dominieren digitale Geschäftsmodelle und Branchen, in denen Niedersachsen besonders stark ist. Dazu zählen Agrartechnik, Cleantech, Energie, aber auch Mobilität, Biotech und Life Sciences. Letztere entwickeln sich aktuell sehr dynamisch.
VC Magazin: Spüren Sie auch den bundesweiten KI-Hype?
Borchers: Allein in unserem Portfolio befindet sich fast ein Dutzend Unternehmen, die ihre
Produkte dahin gehend weiterentwickeln oder deren Geschäftsmodell originär auf Künstlicher Intelligenz basiert. KI ist ein großes Thema, das wir auch in den Anfragen sehen. Wir freuen uns, dass wir bereits vor Jahren in Start-ups investiert haben, die KI in ihre Geschäftsmodelle integriert haben, wenngleich das ganze Potenzial damals noch gar nicht in der heutigen Form greifbar war.
VC Magazin: Mit NSeed investieren Sie in junge Start-ups in frühen Phasen. Wie erleben Sie den derzeitigen Frühphasenmarkt und das Preisniveau?
Köhler: Wir sehen viel Mut zu Gründungen, auch zur Fortführung von etablierten Unternehmen – und das Thema Nachfolge wird immer wichtiger. Bis 2026 erwarten wir in Niedersachsen bis zu 17.000 anstehende Unternehmensnachfolgen, denen aktuell noch sehr wenige Nachfolgeinteressierte beziehungsweise bereits geregelte Nachfolgen gegenüberstehen. Wir begrüßen daher das Interesse der Gründer sehr. Darüber hinaus wird bedingt durch die Zurückhaltung der Investitionen im Markt die Qualität der Businesspläne wieder deutlich höher; das sah eine Zeit lang leider anders aus. In puncto Preisfindung waren die Bewertungen durch die sehr lange Niedrigzinsphase, viel Kapital im Markt bei fehlenden Anlagemöglichkeiten geprägt und die Start-ups etwas verwöhnt. Daraus resultierte ein sehr selbstbewusstes Auftreten der Gründer, mit oft nicht nachvollziehbaren Bewertungen. Insofern sehe ich aktuell eher eine Marktgesundung auf ein realistisches Niveau. Als NBank Capital behalten wir durch unseren Förderauftrag immer das Gesamtbild im Blick und versuchen, neue innovative Technologien und Geschäftsmodelle aufzubauen. Dafür gehen wir bei frühphasigen Start-ups auch Risiken ein, die andere Investoren nicht eingehen können oder wollen.
VC Magazin: Fachkräftemangel, Nachwuchssorgen, Zinssteigerungen – was treibt die Mittelständler in Niedersachsen am meisten um? Was erleben Sie in Gesprächen mit Ihren Portfoliounternehmen?
Köhler: Wir sehen, dass die Geldpolitik wieder gelockert werden könnte, was unseren mittelständischen Unternehmen in Niedersachsen natürlich Investitionen durch sinkende Finanzierungskosten zusätzlich erleichtern würde, und hier mehr Licht in den Markt zurückkommt. Fachkräftemangel ist ein omnipräsentes Thema. Unsere Portfoliounternehmen müssen häufig ihre Planbudgets für Personal anpassen, weil sie mit den ursprünglich eingeplanten Kosten nicht auskommen – wenn sie überhaupt Fachkräfte finden. Weitere Themen, die die Unternehmer umtreiben, sind Dokumentationspflichten und die Bürokratie. Das fängt im Kleinen an, bei Verrechnungsdokumentationen oder der Arbeitszeiterfassung. Auch die DSGVO spielt nach wie vor eine Rolle, weil erst jetzt die Reichweite der erforderlichen Regelungsbedarfe und Absicherungen in den anwendenden Unternehmen in vollem Maß auch durch Rechtsprechung erkennbar wird. Zudem erleben wir auch durch die noch hohen Kapitalkosten Herausforderungen bei der Finanzierung. Oft wird von den Hausbanken unserer Kunden nach Eigenkapitaleinsatz gefragt; hier können wir mit unseren Produkten sehr gut unterstützen.
VC Magazin: Welche Erwartungen haben Sie für den Venture Capital- und Mittelstandsmarkt in nächster Zeit?
Siegfried: Nicht nur die niedersächsische, sondern die gesamte Wirtschaft steht unter einem unglaublich hohen Transformationsdruck – auch mit Blick auf die geforderte Klimaneutralität. Hier wird ein gewaltiger Bedarf anrollen, der mit Investitionen einhergeht, aber keine unmittelbar höheren Erträge einbringt, sondern eher den Status quo sichert. In diesen Fällen wollen wir auch mit der Bereitstellung von Beteiligungskapital zur Eigenkapitalstärkung und Finanzierung dieser Investitionsbedarfe beitragen. Hier sehen wir als Teil einer Förderbank eine besondere Verantwortung. Ich würde mich außerdem freuen, wenn es uns gelingt, unsere Portfoliounternehmen auch untereinander zu vernetzen und diese sich gegenseitig unterstützen. Unser Ziel ist es, Unternehmen wachsen und Mehrwert stiften zu sehen. Das steht vor der Renditeerwartung, denn wir möchten die Unternehmen wirklich voranbringen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Über die Interviewpartner:
Christoph Siegfried ist Geschäftsführer der NBank Capital und gleichzeitig Leiter des Bereichs Beteiligungen bei der NBank. Simon Köhler ist stellvertretender Bereichsleiter und verantwortet als Geschäftsführer der NBank Capital die mittelständischen Unternehmen. Ralf Borchers ist bereits seit drei Jahren Geschäftsführer bei der NBank Capital und betreut das Feld der Start-ups.