Bildnachweis: Best Nights VC.
Die älteren Semester der Boomer-Generation verabschieden sich so langsam in den Ruhestand und die Jungen übernehmen mit einer neuen Herangehensweise das Ruder. Der Wandel geht auch an der Old-School Venture-Capital-Welt nicht vorbei. Denn: GenZ wird mit einer neuen Werteorientierung die Zukunft von Investmentfirmen prägen.
Die Venture-Capital-Branche wird oft durch ihren strategischen Fokus auf finanziellen Gewinn charakterisiert. Und doch wäre es zu simpel, sie nur in diesem Licht zu sehen. Denn viele Anleger haben die Bedeutung von sozialer Verantwortung und ethischen Geschäftspraktiken längst erkannt. Was die Anleger der Generation Z auszeichnet, ist die große Hingabe für diese Werte und die Beharrlichkeit, sie in jeden Aspekt ihrer Anlagestrategie einzubeziehen.
So investiert GenZ
Für GenZ-Investoren geht es nicht nur um Gewinnmaximierung, sondern auch um den Aufbau einer besseren Welt. Themen wie Klimawandel, soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung am Arbeitsplatz liegen ihnen sehr am Herzen, und sie sehen Risikokapital als ein wirksames Instrument, um positive Veränderungen in diesen Bereichen voranzutreiben. Es reicht nicht mehr aus, nur ein milliardenschweres Marktpotenzial zu haben, die Investition muss auch das Potenzial für einen positiven Impact haben.
Dieser werteorientierte Ansatz spiegelt sich in der Art der Start-ups wider, die GenZ-Investoren unterstützen. Von nachhaltigen Modemarken bis hin zu Start-ups im Bereich der erneuerbaren Energien suchen sie aktiv nach Möglichkeiten, in Unternehmen zu investieren, die ihren Werten entsprechen und einen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten.
Ein weiteres wichtiges Thema ist Diversität und Inklusion (D&I). Die GenZ erwarten, dass die von VCs unterstützten Gründer die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Deshalb müssen sich VCs intensiv mit dem Thema D&I auseinandersetzen und diesbezüglich konkrete Initiativen umsetzen. So wird es beispielsweise immer wichtiger, Vorbilder in VCs zu haben, die verschiedene Hintergründe und Minderheitengruppen repräsentieren.
Social Media wird wichtiger – auch für VCs
Für VCs und Gründer, die jüngere Investoren anlocken wollen, wird es immer wichtiger, in den sozialen Medien präsent zu sein. Im Gegensatz zu früheren Generationen sucht die Generation Z hauptsächlich über soziale Medien und Online-Communities potenzielle Investments. Es ist wichtig, die Online-Präsenz nicht nur als Visitenkarte zu betrachten, sondern als Mittel zum Aufbau einer Markenidentität, die bei den jüngeren Generationen Anklang findet. Mit wachsender Kaufkraft und zunehmender Präsenz in Entscheidungs-positionen der GenZ ist es von größter Bedeutung, diesem Wandel Rechnung zu tragen.
Für VCs, die GenZ-Investoren anziehen möchten, wird es außerdem immer wichtiger, ein unverwechselbares Alleinstellungsmerkmal zu haben. Das traditionelle Modell von VCs, die einfach nur Finanzmittel bereitstellen, ist angesichts der harten Konkurrenzsituation nicht mehr effektiv. Ob es sich nun um operative Erfahrung, einen unfairen Vorteil in Bezug auf Branchenerfahrung oder Medien- und Marketingunterstützung handelt, jeder VC sollte sein Alleinstellungsmerkmal identifizieren und nach außen kommunizieren.
Neue Wege bei der Due-Diligence-Prüfung
Einer der ersten Schritte, die Investoren der Generation Z bei der Bewertung eines Unternehmens unternehmen, ist die gründliche Überprüfung der Social-Media-Konten und die Analyse des Online-Engagements rund um das Thema. Für verbraucherorientierte VCs dienen Social-Media-Plattformen als Indikatoren für das Engagement der Kunden und bieten wichtige Leistungsindikatoren (KPIs) zur Bewertung von Wachstum und kultureller Relevanz. Metriken, die durch die Interaktion der Nutzer entstehen, wie z. B. Follower, Kommentare und Likes sind entscheidend, um das Interesse der Zielgruppe zu messen.
Die Überwachung dieser Zahlen hilft festzustellen, ob das Produkt oder die Dienstleistung das Verbraucherverhalten verändert oder nur vorübergehend für Aufsehen sorgt. Wichtig ist vor allem das anfängliche organische Wachstum, gefolgt von der Entwicklung einer Online- (und möglicherweise Offline-) Gemeinschaft, die zu einem bedeutenden Vermögenswert werden kann.
Kohärentes Storytelling ab Tag 1
Eine erfolgreiche Online-Präsenz basiert auf einem kohärenten Storytelling und einer konsistenten redaktionellen Linie, die durch bezahlte Werbung und Markenpartnerschaften verstärkt werden kann, wenn das Unternehmen wächst. So waren beispielsweise nutzergenerierte Inhalte ein wesentlicher Bestandteil unserer Due-Diligence-Prüfung beim BNVC-Portfoliounternehmen 222. Die Nutzer gaben online von Anfang an sehr positives Feedback zur Arbeit von 222. Das Start-up hatte ab Tag 1 einen Kreativdirektor, der in der Außendarstellung eine klare Linie vorgab – ein ungewöhnlicher Schritt für ein Pre-Seed-Unternehmen, der es 222 aber ermöglichte, eine aufstrebende Marke im Lifestyle-Bereich zu werden. Ein gutes Vorbild für alle Start-ups, die sich an Endverbraucher richten: Der Aufbau einer starken Markenidentität und überzeugendes Storytelling in den sozialen Medien.
Über die Autorin:
Bianca Ambrosini ist Investment Analystin bei Best Nights VC. Dort ist sie für den gesamten Prozess vom Sourcing potenzieller Start-ups bis zum Geschäftsabschluss zuständig. Mit ihrer Passion für Tech und Kultur hat sie vor allem junge Start-ups aus der Musik- und Unterhaltungsbranche im Blick.