Bildnachweis: GSK Stockmann.
Mit den European Long-Term Investment Funds (ELTIFs) unter der neuen ELTIF-Verordnung nimmt der europäische Gesetzgeber einen neuen Anlauf, regulierte Fondsvehikel für flexiblere Investitionsmöglichkeiten zu öffnen. Im Venture Capital-Bereich bieten sich dadurch neue Möglichkeiten, in einem regulierten Rahmen auch in den Fintech- und Kryptomarkt zu investieren.
Nach einer im Markt wenig beachteten ersten ELTIF-Verordnung 2015 hat der Gesetzgeber im letzten Jahr eine neue ELTIF-Regulierung auf den Weg gebracht („ELTIF 2.0“), die seit dem 10. Januar 2024 gilt und vieles gegenüber dem ersten Entwurf verbessert. Die neuen Gestaltungsmöglichkeiten erweitern die bisherigen Grenzen der Anlagestrategien und erlauben damit breit gefächerte Investments in den wachsenden und zukunftsträchtigen Fintech- und Kryptomarkt.
Fintech- und Kryptomarkt
Fintech-Angebote sind inzwischen gerade durch regulatorische Vorgaben deutlich erwachsener geworden. Die Angebotspalette reicht weit über Nischenprodukte hinaus und umfasst inzwischen eigenes Kreditgeschäft, Asset-Management, Vermögensverwaltung bis hin zu Versicherungsleistungen. Die große Diversifizierung zeigt, wie tief die jungen Unternehmen im Finanz- und Versicherungsbereich angekommen sind und wie erfolgreich sie mit innovativen Lösungen bestehende Strukturen durchdringen können. Durch stetigen technologischen Fortschritt, gerade durch KI, Big Data und die aus dem Blockchain-Bereich bekannte Distributed Ledger Technology, wird diese Entwicklung in den nächsten Jahren eher noch zunehmen. Dabei eröffnen die erwartete Einführung von Central Bank Digital Currencies (CBDCs), Real Time Payments (RTPs) und Deposit Token weitere neue Möglichkeiten. Eine immer stärkere (Token-)Regulierung insbesondere an den Schnittstellen zwischen MiCAR, verstärkten Antigeldwäscheanforderungen, KWG, eWpG, MiFID II, KAGB und Vermögensanlagengesetz bringen gleichzeitig aber auch immer stärkere Compliance- und Organisationsanforderungen mit sich.
Venture Capital-Investitionen …
Bei der Weiterentwicklung von Fintechs und Kryptoanwendungen spielen Venture Capital-Investoren, die neben dem benötigten Kapital auch strategische und operative Partnerschaften bieten und der jungen Branche zusätzlichen Schub geben, eine besondere Rolle.
… über ELTIFs
Für die Ausgestaltung derartiger Investitionen und auch strategischer Partnerschaften können ELTIFs eine sinnvolle Lösung sein:
- Durch ihre Grundausrichtung auf langfristige Investitionen und die breit gefächerten Anlagemöglichkeiten bieten sie die notwendige Risikostreuung, verbunden mit einer strategischen Langzeitperspektive. Mindestens 55% des Kapitals muss in bestimmte, zulässige Anlagevermögenswerte investiert werden. Diese umfassen auch Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche Instrumente sowie Sachwerte und damit gerade auch tendenziell illiquide Vermögenswerte. Die restlichen maximal 45% dürfen auch in sogenannten OGAWAnlagen, also zum Beispiel Wertpapiere und an geregelten Märkten gehandelte Geldmarktinstrumente, investiert werden. Für einzelne Sachwerte und Unternehmensinvestitionen gelten dabei – jedenfalls wenn Privatkunden beteiligt sind – zusätzliche Anlagegrenzen von jeweils maximal 20% des Anlagevermögens pro Anlage, was eine hinreichend breite Diversifikation und damit Risikostreuung bei gleichzeitig gezielter Investitionsauswahl sicherstellt.
- Die Investitionsmöglichkeiten in Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche Instrumente beschränken sich auf sogenannte qualifizierte Portfoliounternehmen, das heißt auf kleine und mittlere Unternehmen, die nicht gelistet sind oder eine Marktkapitalisierung von maximal 1,5 Mrd. EUR haben. Grundsätzlich sind dabei Unternehmen der Finanzbranche ausgeschlossen; eine ausdrückliche Ausnahme besteht jedoch für Finanzunternehmen, die vor weniger als fünf Jahren zugelassen oder registriert wurden, wodurch sich Investitionsmöglichkeiten gerade in junge Fintechs eröffnen.
- Für Investitionen in den Kryptomarkt kommt es darauf an, wie diese Instrumente im Einzelnen eingeordnet werden können: Soweit sie beispielsweise als (Krypto-)Wertpapiere oder in Form von Investment Token als tradierte Finanzinstrumente eingestuft werden, ist eine Investition denkbar; ebenso in Unternehmen, die im Kryptomarkt aktiv sind. Eine direkte Investition in Kryptowährungen wie Bitcoin ist hingegen nicht zulässig, da diese – letztlich aufgrund ihrer Volatilität und Unsicherheit am Markt – keine zulässigen Anlagegegenstände sind.
ELTIF 2.0 als Inkubator?
Insgesamt stellen die neu regulierten ELTIFs damit ein rechtlich spannendes Vehikel für Investitionen in den Fintech- und Kryptobereich dar, das durch langfristige Kapitalbereitstellung, weite Flexibilität, klare Anforderungen an Diversifikation, Risikomanagement und Transparenz den Fintechs und Unternehmen aus der Kryptobranche Zugang zu institutionellen und privaten Investoren öffnen kann. Durch gezielte Steuererleichterungen und regulatorische Vorteile gegenüber klassischen Fonds können ELTIFs dabei auch für Investoren strukturelle Vorteile bieten.
Fazit
ELTIFs können damit eine wichtige Rolle dabei spielen, den Fintech- und Kryptomarkt für Venture Capital-Investitionen zu öffnen, um mit langfristig bereitgestelltem Kapital Innovationen in diesem wichtigen Zukunftsfeld zu fördern.
Über den Autor:
Philippe Lorenz ist Rechtsanwalt bei GSK Stockmann und zuständig für die Bereiche Banking und Financial Services, Digitalisierung und Sustainable Finance.