Einige Lehren für einen erfolgreichen M&A-Prozess von Start-ups

Auf dem Weg zum Exit

Dr. Wolfgang Weitnauer, Weitnauer Rechtsanwälte
Dr. Wolfgang Weitnauer, Weitnauer Rechtsanwälte

Bildnachweis: Weitnauer Rechtsanwälte, VentureCapital Magazin, Pexels.

Auch wenn es kein Patentrezept gibt, lassen sich doch einige wesentliche Erfahrungen für die Gestaltung eines erfolgreichen Exits benennen.

Wer den folgenden Acht-Punkte-Katalog berücksichtigt, kann Fehler auf dem Weg zum Exit vermeiden.

1. Für Klarheit und Transparenz sorgen

Das Unternehmen sollte möglichst rasch einem potenziellen Käufer ein verlässliches Bild seiner Verhältnisse vermitteln können. Dies setzt voraus, dass die Gesellschaft nicht nur eine klare Struktur für die Aufbau- und Abbauorganisation des Managements, sondern auch kontinuierliche Controlling-Maßnahmen eingerichtet hat, wie etwa auch Frühwarnsysteme, um einen effizienten Kapitaleinsatz zu gewährleisten oder auch vor Liquiditätsengpässen rechtzeitig zu warnen. Ebenso wichtig wie ein transparentes, aussagekräftiges Berichtswesen ist aber auch eine exakte und laufende Vertragsdokumentation, einschließlich einer sauberen Protokollierung von Gesellschafterversammlungen oder Aufsichtsrats-/Beiratssitzungen. Dies alles ist keine lästige „Schikane“ oder lästiger Formalismus, sondern beschleunigt den späteren Due Diligence-Prozess. Ein unternehmerischer „Blindflug“ ist mit einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung, § 43 I GmbHG, § 93 I 1 AktG, nicht vereinbar. Ein so geführtes Unternehmen wird bereits bei einer Due Diligence-Prüfung eines potenziellen Käufers scheitern.

2. Exit-Ziele rechtzeitig gemeinsam festlegen

Wird das Unternehmen durch Finanzinvestoren finanziert, sollte bereits bei deren Einstieg allseitiges Einvernehmen über das Exit-Zeitfenster und ihre Exit-Ziele (Renditeerwartungen) erreicht werden. Bis zum Exit sollte dem Unternehmen ausreichend Zeit für seinen Reifeprozess bleiben. Zu beachten ist allerdings, dass auch eine übliche Mitverkaufspflicht im Fall einer Mehrheits-entscheidung nicht „self-executing“ ist, sondern nur zu einem Mitverkauf verpflichtet. Nur in den seltensten Fällen wird, etwa im Rahmen einer Pool-Vereinbarung von Kleingesellschaftern, einem der Gesellschafter (Poolsprecher) bereits eine umfassende Vollmacht zum Abschluss nicht nur weiterer Finanzierungsabreden, sondern auch zum Anteilsverkauf erteilt werden. Häufig bedingen sich Investoren im Zusammenhang mit einer Mitverkaufspflicht auch aus, für die Durchführung des Verkaufsprozesses einen M&A-Berater ihrer Wahl auf Kosten der Gesellschaft und/oder der Mitgesellschafter beauftragen und das Management dann von seiner Vertraulichkeitsverpflichtung für die Zwecke der Durchführung eines Due Diligence-Prozesses durch einen Kaufinteressenten auf Grundlage einer mit ihm abzuschließenden üblichen Geheimhaltungsvereinbarung befreien zu dürfen.

3. Klare Anreize für den Exit setzen

Der Exit, gleich ob Asset- oder Share Deal, wird maßgeblich vom Management gesteuert, das bei den Vertragsverhandlungen das Interesse aller Gesellschafter und der Gesellschaft im Auge behalten muss. Daher muss sich der Exit gerade auch für das Management lohnen. Dies gilt aber auch für Frühphaseninvestoren, Business Angels und sonstige nicht (mehr) in der Geschäftsführung aktive Gründungsgesellschafter. Daher sollte ein möglichst erfolgreicher Exit vertraglich incentiviert sein und sollten Liquidationspräferenzrechte zugunsten von Investoren nicht überspannt werden.

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4. Bestandssicherung betreiben

Bestes Verkaufsargument ist die Validierung der Geschäftsidee (Proof of Concept, Pilotkunden, Umsätze et cetera). Wesentliche Verträge sollten somit auch über einen Gesellschafterwechsel (Change of Control) hinaus Bestand haben und möglichst weitgehende Wettbewerbsfreiheit lassen. Allerdings sind bei Lizenzverträgen Kündigungsrechte wegen eines Change of Control meist unvermeidbar; in einem solchen Fall muss dann, wenn der Vertrag für den Kaufinteressenten wesentlich ist, der Verzicht des jeweiligen Lizenzvertragspartners auf dieses Sonderkündigungsrecht eingeholt werden. Wesentlich ist aber auch, dass mit Entwicklern, insbesondere im Bereich der Softwareentwicklung, individualvertragliche Regelungen im Rahmen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses getroffen werden, die dem Unternehmen als Arbeitgeber inhaltlich, räumlich und zeitlich unbeschränkte Nutzungsrechte an den jeweiligen Entwicklungsergebnissen einräumen. Überdies sollten Know-how-Träger möglichst an nachvertragliche Wettbewerbsverbote gebunden werden. Dies ist entweder im Rahmen des Anstellungsvertrags für die Zeit nach Beendigung der Tätigkeit nach Maßgabe der §§ 74 ff. HGB (insbesondere gegen Karenzentschädigung nach § 74 II HGB) möglich oder auch, im Fall der Beteiligung des Know-how-Trägers als Gesellschafter, im Rahmen einer Gesellschaftervereinbarung oder der Satzung. Um das dauerhafte Engagement des Gründer- und Managementteams von ganz maßgeblicher Bedeutung für die erfolgreiche Unternehmensentwicklung zu sichern, sind Leaver-Regelungen zu treffen, die nach den Gründen für die Beendigung der Tätigkeit des Gründers differenzieren und zu einem vollständigen oder teilweisen Entzug seiner Beteiligung auch als Gesellschafter führen. Dies dient auch dem fairen Ausgleich des Beitrags zur weiteren Wertsteigerung im Rahmen des Gründerteams.

5. Lasten rechtzeitig abwerfen

Schwachstellen sollten möglichst frühzeitig bereinigt werden. Je einfacher die Finanzierungs- und Kapitalstruktur des Unternehmens gestaltet ist, desto leichter fällt auch der Exit. Allein schon wegen der hiermit verbundenen Zinslast sollte Mezzanine-Kapital nur im begrenzten Umfang eingesetzt werden. Dabei ist insbesondere auch zu bedenken, dass der Verzicht auf nicht werthaltige Gesellschafterforderungen beziehungsweise deren Einbringung aufseiten der Gesellschaft zu einem ergebniserhöhenden außerordentlichen Ertrag führt, der allenfalls durch Verlustvorträge ausgeglichen wird.

6. Be prepared

Das Unternehmen sollte finanziell auch für einen notfalls längeren Verkaufsprozess ausgestattet sein, um eine Wettbewerbssituation unter den Kaufinteressenten beispielsweise in einem Auktionsverfahren ausnutzen zu können. Die eigenen Stärken und Schwächen sollten im Vorhinein ebenso geklärt sein, etwa durch eine eigene Due Diligence (Vendor Due Diligence), wie die Interessen potenzieller Käufer (Synergieeffekte? Marktzugang und Marktanteil?). Das Instrument einer SWOT-Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken) dient dazu, ein klares, internes Bild über das Unternehmenspotenzial sowie die Eigenschaften eines idealen Käufers zu gewinnen. Den Verkauf darf man nicht dem Zufall überlassen, sondern hierfür bedarf es eines strukturierten Prozesses, für den man ausreichend Zeit einplanen muss. Entscheidend für den Erfolg ist das richtige Timing.

7. Geschlossenes Auftreten

Auch wenn die Verkäufer häufig unterschiedliche Interessen verfolgen, so müssen sie sich dennoch als Einheit gegenüber einem Kaufinteressenten präsentieren. In manchen Situationen wird gerade auch für in der Geschäftsführung tätige Gründungsgesellschafter der Exit nur ein Zwischenschritt sein, wenn sie nach dem Verkauf und der Übernahme durch den Erwerber, wenn auch vielleicht in anderer Funktion, an der weiteren Unternehmensentwicklung mitarbeiten. Es empfiehlt sich daher, sich möglichst frühzeitig für den Verkaufsprozess auf ein gemeinsames Verhandlungsteam zu verständigen, das für die interne Abstimmung verantwortlich ist und gegebenenfalls divergierende Interessen austarieren kann. Dementsprechend sollten in einem solchen Verhandlungsteam insbesondere auch Finanzinvestoren eng eingebunden sein. Es empfiehlt sich, Geduld beim Verhandeln zu haben und nicht zu früh zu viele Informationen preiszugeben.

8. Gezielte Ansprache

Die Darstellung der Stärken des eigenen Unternehmens in einem Informations- beziehungsweise Verkaufsmemorandum muss konsistent und plausibel sein. Hier ist die Hilfe erfahrener Berater von Nutzen: Denn oft ist schon entscheidend, welcher potenzielle Interessent wie angesprochen wird. Nichts ist verheerender und für den Ruf und die spätere Wertschätzung des Unternehmens schädlicher als eine planlose Ansprache aller nur möglichen Interessenten, etwa durch breit angelegte Mailing-Aktionen. Daher sollten sich die Verkäufer zumindest auf eine Liste potenzieller Interessenten (Long List) und dann nach Auswertung der Angebote auf eine Short List verständigen. Vorteilhaft ist es in diesem Stadium des Vorfühlens, den potenziellen Kaufinteressenten das erste Preisangebot machen zu lassen.

Fazit

Erfolge fallen nicht vom Himmel, man muss sie sich erarbeiten. Dies setzt eine möglichst präzise realistische und zeitlich terminierte Planung voraus und erfordert eine entsprechende Umsetzungskompetenz der verantwortlichen Unternehmer. Ein Unternehmen sollte ab dem Tag der Gründung so aufgestellt sein, dass es jederzeit verkaufbar ist (et respice finem).

Über den Autor:

Dr. Wolfgang Weitnauer ist Gründer und Partner von Weitnauer Rechtsanwälte. Die Sozietät hat Büros in München, Mannheim, Berlin und Hamburg.