Triumph – Neustart – Partnerschaft

25 Jahre Beteiligungskapital in Deutschland: Eine Erfolgsgeschichte

Dr. Wolfgang Weitnauer (Weitnauer Rechtsanwälte), Ulrike Hinrichs (BVK) & Bernhard Kugel (S-UBG Aachen)
Dr. Wolfgang Weitnauer (Weitnauer Rechtsanwälte), Ulrike Hinrichs (BVK) & Bernhard Kugel (S-UBG Aachen)

Bildnachweis: Weitnauer Rechtsanwälte, BVK, S-UBG Aachen, VentureCapital Magazin, Pexels.

In den 1990er-Jahren war der Markt für Venture Capital und Private Equity in Deutschland noch relativ klein und wenig ausgereift. Es gab nur wenige spezialisierte Fonds, und institutionelle Investoren waren zurückhaltend. Der Börsengang der Deutschen Börse im Jahr 2000 und die anschließende Dotcom-Blase markierten jedoch einen Wendepunkt, der das Interessean Start-ups und Technologieunternehmen schürte.

„Die Branche hat sich sehr gewandelt in den letzten 25 Jahren“, sagt Bernhard Kugel vom Vorstand der S-UBG. „Pflegte sie um die Jahrtausendwende noch ein wenig reguliertes Nischendasein und steckte Venture Capital noch in den Kinderschuhen, so sind heute beide Bereiche – Private Equity und Venture Capital – zu einem wesentlichen und klar regulierten Finanzierungsbaustein für Mittelstand und Start-ups geworden.“ Mit der Zeit entstanden zahlreiche neue Fonds, die sowohl Frühphasenfinanzierungen als auch spätere Finanzierungsrunden und Buyouts abdeckten. Die Einführung von staatlichen Förderprogrammen und steuerlichen Anreizen, insbesondere durch die KfW Bankengruppe, unterstützte diese Entwicklung erheblich. Auch der Mittelstand öffnete sich zunehmend für Beteiligungskapital, was zu einer stärkeren Durchmischung von traditionellen und innovativen Finanzierungsmodellen führte. „Von den Anfängen, die oft von Skepsis und Unverständnis begleitet waren, hat sich die Branche zu einem festen Bestandteil der deutschen Wirtschaft etabliert“, unterstreicht Ulrike Hinrichs, Geschäftsführerin des Branchenverbands BVK. „Beteiligungskapital hat entscheidend dazu beigetragen, Unternehmen in verschiedenen Wachstumsphasen zu unterstützen, Innovationen voranzutreiben und zahlreiche Arbeitsplätze zu schaffen. Insbesondere der Mittelstand hat von diesen Finanzierungsformen profitiert und konnte so seine Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext stärken“, so Hinrichs.

Attraktivität des Markts erhöht

Die Digitalisierung der Wirtschaft hat die Nachfrage nach Wagniskapital weiter gesteigert. Heute gibt es in Deutschland eine Vielzahl von Venture Capital- und Private Equity-Fonds, die in wachstumsstarke Unternehmen investieren. Der Zugang zu Kapital hat sich verbessert, und erfolgreiche Exits sowie Börsengänge haben die Attraktivität des deutschen Markts erhöht. „Die Beteiligungsbranche hat in dieser Zeit außer Hochs auch einige Tiefs erlebt, sei es gleich zu Beginn dieses Jahrtausends den Absturz des Neuen Markts, dann die Finanzmarktkrise und zuletzt die Coronapandemie. Erlebt haben wir daher Zyklen, die die Konditionen von Beteiligungskapital und generell die Investmentbereitschaft bestimmen, aber auch immer wieder zur Konsolidierung des Markts, sei es aufseiten von Start-ups oder Fonds, geführt haben“, resümiert Dr. Wolfgang Weitnauer von der Kanzlei Weitnauer Partnerschaft. Wesentliche Veränderungen dieser Zeit sind für ihn vor allem die Erfolgsgeschichte des High-Tech Gründerfonds, die Förderung von Business Angel-Aktivitäten durch den INVEST-Zuschuss, die kapitalmarktrechtliche Regulierung durch das KAGB und die europäischen Verordnungen sowie die definitive Befreiung der Managementvergütung von AIF im Sinne von § 1 Abs. 3 KAGB von der Umsatzsteuer.

25 Jahre Private Equity Forum NRW
25 Jahre Private Equity Forum NRW

Erfolgsgeschichten prägen die Branche

Höhepunkte, aber auch Herausforderungen prägten die letzten 25 Jahre. Neben dem Börsengang der Deutschen Börse, dem Platzen der Dotcom-Blase sowie der Gründung des HTGF bleibt vor allem die globale Finanzkrise 2008/2009 in Erinnerung. Diese führte jedoch auch zu einer Reifung der Branche. In den Folgejahren erholte sich der Markt. Große internationale Venture Capital-Fonds begannen, verstärkt in deutsche Unternehmen zu investieren. „Auch die Branchen, in die investiert wird, haben sich diversifiziert – von der klassischen Industrie über Technologie bis hin zu nachhaltigen und sozialen Projekten“, sagt Hinrichs. „Zudem haben sich die Rahmenbedingungen verbessert, und es gibt heute eine Vielzahl an Fördermaßnahmen und Programmen, die das Wachstum der Branche unterstützen.“

Exit-Meilensteine

2018 stellte der Rekordverkauf von Delivery Hero für 4,4 Mrd. EUR einen Meilenstein dar und unterstrich die Attraktivität deutscher Start-ups für internationale Investoren. Auch der erfolgreiche Börsengang von TeamViewer im Jahr 2019, mit einer Bewertung von 5,25 Mrd. EUR, war ein bedeutender Erfolg. „Größer und gleichzeitig vielschichtiger ist die Szene geworden; die Anzahl der Anbieter und deren Fokussierung auf bestimmte Bereiche hat sich deutlich erhöht“, sagt Kugel. „Waren um 2000 noch viele Bankentöchter unter den Anbietern von Beteiligungskapital, so ist das heute eher die Ausnahme, und typische Fondsstrukturen sind der Regelfall.“ Heute wird zudem mehr Wert auf nachhaltige und verantwortungsvolle Investitionen gelegt. Die Themen Environmental, Social, and Governance (ESG) und Impact Investing haben an Bedeutung gewonnen. Investoren achten zunehmend darauf, dass ihre Beteiligungen nicht nur finanziellen Ertrag bringen, sondern auch positive soziale und ökologische Auswirkungen haben.

Eine wichtige Rolle vor weiteren Herausforderungen

In Zukunft wird Beteiligungskapital in Deutschland eine zunehmend wichtige Rolle spielen, insbesondere im Kontext der Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit – darin sind sich die Experten einig. Venture Capital und Private Equity können weiterhin entscheidend dazu beitragen, junge und innovative Unternehmen zu finanzieren, die oft das Rückgrat neuer technologischer Entwicklungen und digitaler Transformationen bilden. Start-ups in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, grüne Technologien und Biotechnologie könnten besonders profitieren. „Wesentlich sind die Herausforderungen, mit denen auch die gesamte Wirtschaft konfrontiert ist“, meint Kugel. „Auswirkungen von Krieg, Klimawandel, Protektionismus und Populismus et cetera sowie sich daraus ergebende Planungsunsicherheiten reduzieren die Planbarkeit von Geschäftsmodellen und erhöhen die Anforderungen an die Wandelbarkeit beziehungsweise Anpassungsfähigkeit von Unternehmen.“ Darüber hinaus kann Beteiligungskapital eine wichtige Rolle bei der Bewältigung des demografischen Wandels und der Nachfolgeproblematik im deutschen Mittelstand spielen. Viele Familienunternehmen stehen vor der Herausforderung, geeignete Nachfolger zu finden, und Private Equity Fonds können hier als Partner auftreten, um den Übergang zu erleichtern und das Wachstum zu fördern.

Zunehmende Internationalisierung

Und schließlich kann die zunehmende Internationalisierung des Beteiligungskapitalmarkts dafür sorgen, dass sich deutsche Unternehmen noch stärker mit globalen Investoren vernetzen. Dies kann den Zugang zu Kapital erleichtern und den Wettbewerbsvorteil deutscher Firmen auf internationaler Ebene stärken. Ganz ohne Veränderungen wird dies allerdings nicht gehen. „Wir reden von der gesetzlichen Regulierung der steuerlichen Transparenz von Venture Capital- und Private Equity-Fonds als registrierte AIFs, steuervergünstigten Mitarbeiterbeteiligung bei Start-ups (Stichwort: eigenkapitalähnliche Genussrechte als neuer Standard) oder der Abschaffung der notariellen Form für Geschäftsanteilsübertragungen“, sagt Weitnauer und verweist weiterhin auf den Fortbestand von Verlustvorträgen bei bloßen Kapitalerhöhungen zu Zwecken der Finanzierung sowie die Mobilisierung privaten Kapitals durch weitere steuerliche Anreize. „Innovative Start-ups und der Mittelstand sind das Rückgrat unserer Wirtschaft und daher zu stärken“, so Weitnauer. „So zeigt sich auch schon am Namen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes vom 11. Dezember 2023, das der Stärkung des deutschen Kapitalmarkts dienen soll, dass ohne Beteiligungskapital die Zukunft nicht gesichert ist.“

Ausblick

Herausforderungen sieht auch Hinrichs: „Eine der größten Hürden bleibt die regulatorische Komplexität und die oft restriktiven gesetzlichen Rahmenbedingungen. Bürokratische Hürden und steuerliche Nachteile im Vergleich zu anderen Ländern erschweren es manchmal, internationales Kapital anzuziehen.“ Darüber hinaus müsse das Bewusstsein für die Vorteile von Beteiligungskapital weiter gestärkt werden, besonders bei Familienunternehmen und traditionellen mittelständischen Betrieben. „Schließlich ist die Talentakquise und -bindung in der Branche eine stetige Herausforderung, da der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte intensiv ist.“