Eine neue Chiptechnologie – made in Aachen

Wie das millionenschwere Startup Black Semiconductor mit dem TechVision Fonds die Chip-Welt erobern möchte

Black Semiconductor-Team
Black Semiconductor-Team

Bildnachweis: Cem Sarac, VentureCapital Magazin, Pexels, Tech Vision Fonds, Martin Braun.

Das Aachener Start-up Black Semiconductor sicherte sich im Sommer 2024 eine der bisher größten Finanzierungen für ein Deeptech-Unternehmen zur Chipherstellung in Europa. Neben öffentlichen Fördermitteln in Höhe von mehr als 200 Mio. EUR erhielt
es Eigenkapital von führenden Risikokapitalfirmen, Konzernen und Business Angels – darunter auch der TechVision Fonds (TVF) aus Aachen, der weitaus mehr mitbringt als nur finanzielle Mittel.

Sebastian & Daniel Schall (Black Semiconductor)
Sebastian & Daniel Schall (Black Semiconductor)

Die Brüder Daniel und Sebastian Schall gründeten das Deeptech-Start-up 2020 in Aachen. Ihr Ziel ist es, die Datenübertragung zwischen Chips durch ein neues Verfahren zu revolutionieren. Siliziumbasierte Chips rechnen und kommunizieren mittels elektronischer Signale – das benötigt eine Menge Energie und erzeugt Wärme. Um das zu optimieren, kombiniert die Technologie der Gründer die elektronischen Signale zum Rechnen innerhalb der Chips mit photonischen (optischen) Signalen für die Kommunikation zwischen ihnen. Somit funktionieren die zu einem Netzwerk verbundenen Chips wie ein einziger Hochleistungschip. Diese Technologie basiert auf Graphen – ein neuartiges Material, das erst 2004 entdeckt und seitdem unter anderem an der RWTH erforscht wurde. Das Graphen wird in einem enorm komplexen Verfahren in die etablierte Chipfertigung integriert. „Wir beschleunigen dadurch die Datenübertragung zwischen den Chips um ein Zehnfaches“, erklärt Daniel Schall. „Zudem vergrößern wir die Distanz, über die sich Signale effizient transportieren lassen – von dem Zentimeter- in den Kilometerbereich.“ Hersteller können also ihre Chips mithilfe der Technologie von Black Semiconductor optimieren, ohne die bestehenden Fertigungsschritte kostspielig und zeitintensiv umstellen zu müssen.

Die Technologie hat nicht nur das Potenzial, die Kommunikationsgeschwindigkeit zwischen den Chips signifikant zu erhöhen: Sie reduziert durch die integrierte optische Übertragung auch den Stromverbrauch. „Das spielt vor allem unter dem Aspekt der Ressourceneffizienz eine große Rolle“, so Schall. „Würden wir den Zubau von Rechenleistung mit konventionellen Technologien fortsetzen, würden wir wahrscheinlich in zehn Jahren die gesamte weltweite Stromerzeugung nur für Rechenzentren verbrauchen.“ Hinzu kommen weitere Innovationen in chipbasierte Technologien wie Hochleistungsrechner, Künstliche Intelligenz oder autonomes Fahren – dadurch entsteht ein Engpass in der Datenübertragung. Der TVF hat die mögliche Tragweite, die das Projekt für Deutschland, aber auch die Europäische Union hat, erkannt und ist seit der Series A-Runde am Aachener Startup beteiligt.

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Auf einen Blick

Unternehmen: Black Semiconductor
Branche: Chip-Tech/Semiconductors
Finanzierungsanlass: Series-A-Finanzierung
Beteiligungszeitraum: Seit 2024
Mitarbeiter: 40 (Stand 2024)
Adresse: Schloss-Rahe-Strasse 15, 52072 Aachen

Abhängigkeit verringern

Das Timing könnte nicht besser sein, denn das Wettrennen um die Technologieführerschaft in der Chipindustrie nimmt weiter an Fahrt auf. Die USA und China liefern sich einen erbitterten Handelsstreit, und die EU strebt danach, ihre Abhängigkeit im wichtigen Halbleitersektor zu reduzieren. Dazu investiert sie im Rahmen des Förderprogramms „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) in die Mikroelektronik- und Halbleiterbranche. Black Semiconductor ist bisher das einzige Start-up, das diese Förderung erhalten hat.

Finanzierung in dreistelliger Millionenhöhe

Björn Lang (Tech Vision Fonds)
Björn Lang (Tech Vision Fonds)

Die Seed-Finanzierungsrunde 2021 brachte zunächst einige der renommiertesten Business Angels der Branche in den Gesellschafterkreis von Black Semiconductor – darunter Hermann Hauser, Mitgründer von ARM, und Andreas von Bechtolsheim, Mitgründer von Sun Microsystems. Der TVF stieg in der darauffolgenden Series A-Runde mit ein. „Auch wenn wir bevorzugt in noch früheren Unternehmensphasen investieren, stellte die Kombination aus Spitzenteam, technologischer Exzellenz und sehr starkem Netzwerk aus Business Angels ein einzigartiges Set-up für ein Investment dar“, sagt Björn Lang, Partner der TVF Management GmbH. „Da ein riesiges Potenzial vor Black Semiconductor liegt und das Founder-Team uns in den Investorenkreis aufnehmen wollte, haben wir sehr gerne an der Series A-Runde mitgewirkt.“ In dieser erhielt das Start-up 25,7 Mio. EUR an Eigenkapital. Hinzu kam die IPCEI-Förderung in Höhe von 228,7 Mio. EUR über sieben Jahre, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und vom Land Nordrhein-Westfalen.

Neben den bereits genannten Business Angels investierte der TVF gemeinsam mit sehr renommierten und branchenerfahrenen Venture Capital-Investoren, darunter Project A, Vsquared, Cambium, Onsight, Porsche Ventures, Scania Growth, Capnamic und die NRW.Bank. Seit jeher bietet der TVF seinen Start-ups aber nicht nur Kapital, sondern auch Zugang zum regionalen Ökosystem und die Vernetzung mit anderen Start-ups, Firmen und Business Angels. Der Support im regionalen Ökosystem war für Black Semiconductor das entscheidende Kriterium.

Wertvolle Kontakte vor Ort

Die Brüder Schall kommen gebürtig aus der Pfalz – ein regional fokussierter Investor, der sie im Start-up-Ökosystem in und um Aachen unterstützen kann, war neben internationalen Investoren der richtige, komplementäre Faktor. „Auch wenn wir bereits eine breite Basis an Unterstützern hatten, wollten wir gezielt unser Netzwerk in Aachen und der Region ausbauen“, so Sebastian Schall. „Der TechVision Fonds hat uns mit genau den Playern zusammengebracht, die uns weiterhelfen konnten.“

Das war wichtig, denn Black Semiconductor ist durch den Bau der Pilotfertigung in Aachen kein Start-up, dessen Sitz überall sein kann. Es benötigt vor Ort Personal, Dienstleister und Finanzierungspartner. Der TVF konnte diesen Zugang schnell und unkompliziert herstellen – das hilft, den Firmenstandort langfristig zu etablieren.

Kommerzieller Durchbruch – Gut für die Region

Black Semiconductor
Black Semiconductor

Mit dem frischen Kapital will Black Semiconductor bis 2026 eine Produktionsanlage für die Pilotlinie in Aachen aufbauen und mindestens 90 Arbeitsplätze in den nächsten zwei Jahren schaffen. Die Größe des Teams wird sich planmäßig jährlich verdoppeln. „Die Effekte dieses Projekts beschränken sich aber nicht nur auf die lokale Wirtschaft und den Arbeitsmarkt“, so Lang. „Das Unternehmen entwickelt eine europäische Spitzentechnologie, die das Potenzial hat, zum weltweiten Standard zu werden. Dadurch wird die EU souveräner und begegnet den großen Playern der Chip-Industrie auf Augenhöhe.“

Neben der großen Relevanz für Europa wirkt sich das Investment in Black Semiconductor auch auf die Region als Gründungsstandort aus. „Diese ist zwar die Geburtsstätte vieler etablierter Unternehmen von internationaler Bedeutung, bislang aber noch nicht die Wiege der erfolgreichsten europäischen Startups“, so Lang. „Wir hoffen, das mit Black Semiconductor und weiteren Unternehmen zu ändern und die Region somit noch prominenter und attraktiver für die besten Gründungsteams zu machen. Denn die Voraussetzungen hier sind nicht nur durch die ausgeprägte Hochschullandschaft, sondern auch die Lage im Dreiländereck sowie eine stark ausgeprägte Startup Community ideal.“

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Über TVF Management

Der TechVision Fonds (TVF) ist der führende Early-Stage VC-Fonds aus dem
Rheinland/NRW mit Fokus auf Technologie-Startups in den Phasen Pre-Seed bis Series A.
Der TVF fokussiert auf herausragende Teams aus der Region inkl. der angrenzenden
Niederlande und Belgien. Das TVF Management verfügt über Erfahrung aus vier
Fondsgenerationen und hat derzeit über 100 Millionen Euro Assets under Management.

Hinter dem Fonds stehen potente Investoren wie die NRW.BANK, acht Sparkassen aus dem
westlichen NRW sowie über 20 erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer.

Der TVF unterstützt Gründungsteams mit Nähe, Netzwerk und Expertise und ebnet ihnen
den Weg zum nächsten internationalen Branchenführer. Über das Netzwerk der S-UBG
Gruppe bietet der TVF einen einzigartigen Zugang zu über 150 erfolgreichen Unternehmen
verschiedener Industriezweige, und etabliert Kontakte zwischen Startups und ihren ersten
Kunden, Partnern und Beratern.