Bildnachweis: Felix Schmidt/Michael Rieperdinger, VentureCapital Magazin, Pexels.
Felix Schmidt hat in den vergangenen Jahren mit seinem Team den ersten Neo-
Sportsbroker Europas, Tradar, aufgebaut. Insgesamt wurden in mehreren Finanzierungsrunden insgesamt über 5 Mio. EUR eingesammelt. Sowohl die BaFin als auch fünf namhafte Bundesligavereine konnten von sich überzeugt werden und binnen weniger Wochen wurden 2.000 Nutzer sowie fast 200.000 EUR Umsatz erreicht. Doch trotz dieser hervorragenden Entwicklungen kam es aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über die Unternehmensstrategie mit dem Hauptinvestor im Frühjahr 2024 zum Verkauf der Tradar-App und der Abwicklung des Unternehmens. Der neue Eigentümer führt die Plattform in veränderter Form weiter. Welche fünf Punkte Schmidt aus dem Projekt ableitet und gelernt hat, erklärt er im Beitrag!
Vision vs. Wirklichkeit
Die große Vision war es, eine Blockchain-basierte Plattform zu schaffen, auf der (über eine Mobile App und mithilfe von Tokenisierung) virtuelle Playertoken von aktuellen Fußballbundesligaspielern gehandelt werden können. So wollten wir eine neue Form der Teilhabe für Fans ermöglichen und diesen Aspekt des Profisports revolutionieren. Und entgegen vieler „Expertenmeinungen“, ging unser Ansatz auf – konzeptionell, technologisch und wirtschaftlich! Lösungen wie unsere erfolgreich auf den Markt zu bringen, ist im Bereich des professionellen Sports definitiv möglich.
Das Potential für Tech im Sport
In der klugen Kombination von Sport und neuen Technologien steckt immenses Potential. Wobei die möglichen Anwendungsfälle weit über Berichterstattung, Vermarktung oder Trainingsoptimierung hinausgehen! Passend kombiniert und gut umgesetzt, können durch neue Technologien und Werkzeuge somit selbst gänzlich unveränderlich wirkende Themenbereiche wie Fankultur, Zuschauerinteraktion, Vereinsführung oder Transferpolitik tiefgreifend positiv verändert werden.
Ausnahmsweise können alle gewinnen!
Das Ziel neuer Plattformen und Apps sollte sein, dass Fans auch am Erfolg der genutzten Angebote partizipieren können. Zum Beispiel konnten Fans durch die Playertoken unmittelbar und langfristig am Erfolg ihrer Idole auf dem Platz teilhaben, während die Vereine gleichzeitig (dank Lizenz- und Transaktionsgebühren) eine zusätzliche Einnahmequelle für sich erschlossen. Im Gegensatz zum sportlichen Wettkampf braucht Innovation keine Verlierer. Hier können alle Beteiligten profitieren!
Innovationen sind Torchancen
Der Grund für die weit verbreitete Skepsis der Clubs und Verbände ist sicher, dass der eigenen Markenwert geschützt werden soll. Aus eigener Erfahrung würde ich die Haltung der meisten Rechteinhaber jedoch als deutlich zu defensiv bezeichnen. Frei nach dem Motto: „Lieber nicht nach vorne spielen. Hauptsache kein Gegentor kassieren.“
Unternehmerisch und betriebswirtschaftlich betrachtet, geht es doch jedoch genau darum, neue (Tor)Chancen zu kreieren: Attraktive Fan-Erlebnisse schaffen, zusätzliche Mehrwerte für Partner erzeugen, Erlösquellen generieren, Internationalisierungsstrategien implementieren, etc. Für Pilotprojekte und Kooperationen an der Schnittstelle von Sport und Tech bedarf es jedoch einer grundsätzlichen Offenheit seitens aller Beteiligten! Kurz gesagt: „Nur wer unternehmerisch nach vorne spielt, kann sich langfristig positionieren und Wettbewerbsvorteile erzeugen.“
Schier unendliche Möglichkeiten
Mittlerweile gibt es diverse Player im Sportler-Trading-Markt, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, um Fans eine neue Form der Teilhabe zu ermöglichen. Teilweise tun sie dies via Web3/Blockchain, teilweise aber auch mit anderen Technologien und Geschäftsmodellen.
Aus diesem neuen Wettbewerb im Bereich direkter Fanbeteiligung ergeben sich für mich spannende Fragen: Wie viele verschiedene Anbieter von z.B. Investments in Florian Wirtz kann es weltweit geben? Können diese gleichzeitig existieren? Und was entscheidet darüber, welche Plattform sich letztendlich durchsetzen wird? Wir stehen noch am Anfang der “Technologisierung” und der veränderten Ansprache und stärkeren Integration von Fans in die Wertschöpfungskette des Profisports. Und dabei ist Tokenisierung lediglich eine von vielen denkbaren Anwendungen. Technologien wie Künstliche Intelligenz und/oder Mixed Reality in Kombination mit Web3 besitzen in ihrer Summe noch deutlich größeres Potential.
Fazit
Professionelle Sportorganisation sollten neue Technologien als Chance begreifen und sich stärker für Partnerschaften und Pilotprojekte öffnen. Zudem könnte es sich für Investoren lohnen, dieses neue Spielfeld genau zu beobachten – denn in Anbetracht des Potenzials und der Möglichkeiten ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Sport durch digitale Anwendungen tiefgreifend verändert!
Über den Autor:
Felix Schmidt ist Absolvent der TU München (Master in “Management and Technology”) sowie
Stipendiat der Bayerischen Eliteakademie, Mitgründer und bis zum Frühjahr CEO
des Münchner Tech-Startups Tradar – dem ersten Neo-Sportsbroker Europas. Zum Interview mit Felix Schmidt aus dem Oktober 2023.