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KfW Capital hat seinen ersten ESG-Report veröffentlicht – mit Daten von 93 Venture
Capital-Fonds, 67 Wagniskapitalfondsmanagern und mehr als 1.200 Portfoliounternehmen.
VC Magazin: Das Portfolio von KfW Capital umfasste zur Datenerhebung 112 Venture Capital-Fonds. Wie aufwendig ist das ESG-Reporting?
Bardubitzki: Eine ESG-Datenabfrage für ein so großes Portfolio wie das von KfW Capital ist tatsächlich zeit- und ressourcenintensiv. Zumal: ESG-Daten zu erheben, ist derzeit noch mit vielen Herausforderungen verbunden, da die wenigsten Start-ups und Wachstumsunternehmen diese bereits verfügbar in den Systemen haben. Das war uns von Beginn an klar, aber dank vieler Fonds und Unternehmen war der Rücklauf dennoch schon gut: Insgesamt haben wir rund 75.000 Datenpunkte abgefragt und zwei Drittel der angefragten Daten erhalten. Wir können mit dem ESG-Report erstmalig einen Überblick über den Status quo geben, auf dem wir in den nächsten Jahren mit mehr Daten und Zeitreihen analytisch aufsetzen wollen.
VC Magazin: Welche drei Kernergebnisse zeigt der Report?
Rock: Ein wesentliches und eindeutiges Ergebnis für den Markt lautet, dass sich eine Klassifizierung nach Artikel 8 im Rahmen der EU-Offenlegungsverordnung SFDR in unserem Portfolio vermehrt als Standard etabliert: Bereits mehr als die Hälfte „unserer“ Venture Capital-Fonds ist als Artikel 8-Fonds klassifiziert – und berücksichtigt ESG-Aspekte in den Prozessen und der Investitionstätigkeit. Ein zweites spannendes Ergebnis aus unserer Sicht: Die Geschlechtervielfalt auf Fondsmanagementebene spiegelt sich in den Portfoliounternehmen wider. Das heißt: Wenn ein Fondsmanagementteam mindestens eine Frau auf Partnerebene hat, liegt der Frauenanteil bei den Start-up-Gründern, im Board, auf C-Suite-Ebene und sogar auf Ebene der Mitarbeitenden jeweils höher.
Bardubitzki: Ein dritter interessanter Aspekt ist, dass fast die Hälfte der hierzu befragten Portfoliounternehmen mindestens eine Person im Unternehmen hat, die ganz oder teilweise für Nachhaltigkeitsthemen verantwortlich ist. Es zeigt sich, dass dieses wichtige Thema auch von den Portfoliounternehmen vermehrt ernst genommen und durch eine klare Verantwortlichkeit auch verstärkt institutionalisiert wird.
VC Magazin: ESG findet zunehmend Einzug in die Investmentprozesse der Wagniskapitalfonds. Für all diejenigen, die noch daran arbeiten: Was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste dabei?
Bardubitzki: Das Wichtigste ist die Fokussierung auf materielle Risiken. Es gibt unendlich viele Themen, mit denen man sich im Kontext Nachhaltigkeit befassen kann. Das gilt für Fondsmanager, aber auch für Unternehmen. Man sollte daher genau analysieren, welche Aspekte wirklich relevant sind. Bestimmende Faktoren sind hier zum Beispiel die Branche, in die investiert wird, aber auch die Phase der potenziellen Zielunternehmen.
Rock: Ein Beispiel dazu: Ein kleines Start-up im B2B-Software-Bereich hat deutlich weniger Risiken im Bereich „Umwelt“ als ein produzierendes Unternehmen in der Wachstumsphase mit 400 Mitarbeitenden. Eine Materialitätsanalyse sollte daher immer der erste Schritt sein. Basierend auf den Ergebnissen kann eine entsprechende zielgerichtete Strategie entwickelt werden.
VC Magazin: Warum lohnt sich das Reporting von ESG-Daten?
Rock: Für uns war das größte Anliegen, mit diesem Report die Datenverfügbarkeit und Transparenz im Venture Capital-Ökosystem weiter zu verbessern. Nur durch diese Transparenz ist es möglich, herauszuarbeiten, welche Maßnahmen funktionieren und zielführend sind, aber auch Entwicklungspotenziale im Portfolio zu identifizieren und weitere Impulse in den Markt zu setzen. Frei nach dem Motto: „You can only manage what you measure.“ Für unsere Fonds und Start-ups selbst ergibt sich aus dem Reporting ebenfalls ein wertvoller Benefit: Die Erhebung von ESG-Daten ermöglicht es, fundiertere Entscheidungen im Hinblick auf das Management von entsprechenden Risiken, aber auch die Nutzung von Chancen zu treffen und damit langfristig resilientere Unternehmen aufzubauen. Und davon profitieren schlussendlich alle.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.
Über die Interviewpartner:
Theresa Bardubitzki ist Senior Nachhaltigkeitsmanagerin und Dr. Björn Rock ist Produkt- und Nachhaltigkeitsmanager von KfW Capital. Der „Fondsinvestor aus Verantwortung“ hat zum Ziel, das Wagniskapitalökosystem durch Venture Capital-Fondsinvestments zu stärken.