„Die Debt-Finanzierung ermöglicht uns schnelles Handeln, wenn sich Chancen bieten“

Interview mit Bijal Patel, Staffbase

Bijal Patel, Staffbase
Bijal Patel, Staffbase

Bildnachweis: Staffbase.

Ein Einhorn aus Chemnitz: Staffbase hat es vor zwei Jahren in die Riege der Unicorns geschafft. Das 2014 gegründete Start-up streckt seine Fühler mittlerweile bis nach Japan aus – Kapital dafür erhält es unter anderem über eine Venture Debt-Finanzierung mit der KfW.

VC Magazin: Staffbase bietet eine digitale Plattform für Mitarbeiterkommunikation an. Wie funktioniert das Geschäftsmodell und welche Meilensteine haben Sie bisher erreicht?

Patel: Staffbase ist eine Software as a Service(SaaS)-Lösung für Mitarbeiterkommunikation. Wir helfen Unternehmen, ihre Mitarbeitenden zu erreichen, untereinander zu verbinden und mit besserer Kommunikation zu inspirieren – ob am Schreibtisch oder mobil. Unsere Plattform bietet eine eigene Mitarbeitenden-App, ein Intranet, E-Mail-Newsletter, SMS, Digital Signage und Microsoft 365-Integrationen, die alle über eine einzige Content-Management-Plattform verwaltet werden können. Staffbase wird von rund 2.500 Unternehmen genutzt und erreicht mehr als 15 Millionen Mitarbeitende. Seit der Gründung 2014 haben wir unser Angebot stetig ausgebaut und erzielen inzwischen über 100 Mio. EUR ARR.

VC Magazin: Wie bewerten Sie die aktuellen Finanzierungsbedingungen für junge Wachstumsunternehmen hierzulande? Welche Herausforderungen haben Sie erlebt?

Patel: Deutschland bietet generell guten Zugang zu Risikokapital, und wir arbeiten mit sehr guten Investoren zusammen. Allerdings war es herausfordernd, eine Kreditlinie zur nachhaltigen Wachstumsfinanzierung bei einer deutschen Bank zu erhalten. Als schnell wachsendes B2B-Software-Scale-up haben wir einen hohen Cash Burn, was deutsche Banken aufgrund ihrer traditionellen Bewertungsmodelle mit einem erhöhten Kreditrisiko bewerten. Also haben wir uns international umgesehen und eine Kreditlinie bei der Silicon Valley Bank (SVB) aufgenommen, die unsere wiederkehrenden Umsätze und hohen Bruttomargen höher bewertete. Nach dem Zusammenbruch der SVB haben wir die Finanzierung dann umstrukturiert, und JP Morgan bot uns letztlich eine revolvierende Kreditlinie über 50 Mio. EUR zu äußerst attraktiven Konditionen an. Unsere Erfahrung zeigt, dass deutsche Software-Scale-ups internationale Banken in Betracht ziehen sollten, die das tatsächliche Kreditrisiko von SaaS-Unternehmen besser verstehen. Diese Banken schätzen gute SaaS-Kennzahlen wie stabil wachsende wiederkehrende Umsätze und hohe Bruttomargen, die zusammen mit einem klaren Weg zur Profitabilität wesentliche Indikatoren für finanzielle Stabilität sein können.

VC Magazin: Sie haben kürzlich eine Debt-Finanzierung abgeschlossen. Welche Pläne haben Sie mit der Kreditlinie? Wer war an der Finanzierung beteiligt?

Patel: Der Markt für Mitarbeiterkommunikation bietet großes Potenzial, sowohl durch die Erschließung neuer Regionen als auch durch den Ersatz veralteter oder selbst entwickelter Systeme. Unser Ziel ist es, weiter zu investieren, um in diesem Bereich führend zu bleiben. Wir haben uns erfolgreich im APAC-Raum etabliert und erschließen gerade den japanischen Markt, mit weiteren internationalen Wachstumsschritten im Blick. Außerdem prüfen wir Akquisitionen, um unser Angebot zu erweitern. Diese Kreditlinie gibt uns die Möglichkeit, schnell zu handeln, wenn sich Chancen bieten. Die Finanzierung wurde von JP Morgan abgewickelt, die auch die Zusammenarbeit mit der KfW koordiniert haben. Lark übernahm die rechtliche Beratung.

VC Magazin: Das frische Kapital kam unter anderem aus dem VTGF-Programm des Zukunftsfonds. Wie liefen der Prozess und die Zusammenarbeit mit der KfW ab?

Patel: JP Morgan hat uns empfohlen, die KfW einzubinden, um das Risiko zu diversifizieren.
Anfangs schien das wegen potenziell mehrfacher Prüfungsprozesse komplex, doch JP Morgan übernahm die Abstimmung und gestaltete den Ablauf mit der KfW effizient und unkompliziert. Die KfW war ein starker Partner, der unser Geschäftsmodell versteht und uns durch die
gute Zusammenarbeit echten Mehrwert gebracht hat.

VC Magazin: Welche Bedingungen braucht es aus Ihrer Sicht für ein stärkeres Later Stage-Ökosystem in Deutschland, welche Unterstützung erwarten Sie von der Politik hierbei?

Patel: Scale-ups arbeiten in einem sehr schnelllebigen Umfeld – das macht es für die Politik oft schwierig, ein agiles und unterstützendes Umfeld zu schaffen. Deutschland hat in den letzten Jahren wichtige Schritte zur Unterstützung von Start-ups unternommen, zuletzt etwa die WIN-Initiative. Für Unternehmen in späteren Wachstumsphasen mit größerem Kapitalbedarf gibt es jedoch immer noch wenig Optionen. Bei meiner Arbeit mit Scale-ups in den USA und Großbritannien habe ich dort eine höhere Flexibilität und Risikobereitschaft erlebt, auch auf administrativer Ebene. Deutschland ist bekannt für seinen stabilen, konsensbasierten Innovationsansatz, was viele Vorteile bringt. Doch zusätzliche Flexibilität und Risikobereitschaft im privaten wie auch im öffentlichen Sektor könnten das Wachstum von Scale-ups noch besser fördern und das deutsche Ökosystem für Unternehmen in späteren Entwicklungsphasen noch wettbewerbsfähiger machen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Interviewpartner:

Bijal Patel ist CFO von Staffbase. Er ist seit mehr als 20 Jahren in der Softwarebranche tätig und hat dabei zahlreiche internationale Scale-ups bei strategischer Ausrichtung, Expansion und Internationalisierung unterstützt.