„Die Unterstützung der Frühphasenfinanzierung ist unter die politischen Räder gekommen“

Interview mit Dr. Ute Güntherund Dr. Roland Kirchhof, Business Angels Deutschland BAND

Dr. Roland Kirchhof & Dr. Ute Günther (BAND)
Dr. Roland Kirchhof & Dr. Ute Günther (BAND)

Bildnachweis: BAND.

Mit Blick auf die Bundestagswahl fordern die Business Angels in Deutschland internationale wettbewerbsfähige und verlässliche Rahmenbedingungen. Im Interview berichten die beiden Geschäftsführer des Verbands Business Angels Deutschland BAND, Dr. Ute Günther und Dr. Roland Kirchhof, was sie sich von der neuen Bundesregierung erhoffen.

VC Magazin: Auf dem Business Angels Tag in Mainz begrüßten Sie mehr als 700 Teilnehmende. Welche Stimmung haben Sie unter den Business Angels wahrgenommen, wie blicken sie derzeit auf den Markt?

Günther: Der „Deutsche Business Angels Tag“ ist das Flagship Event der Angels Community in Deutschland. Man trifft sich, lernt sich kennen, feiert, diskutiert, saugt Wissen auf. Insofern ist die Stimmung immer freudig angeregt, erwartungsvoll und grundsätzlich positiv. Sie kippt und wird richtig schlecht, geht es um die politischen Rahmenbedingungen für Angel Engagements. Da ist in den letzten Jahren von der Politik viel Porzellan zerschlagen worden – die Marginalisierung von INVEST ist nur ein Beispiel. Insofern wird – und wurde auch in Mainz – mit Nachdruck mehr Wertschätzung seitens der Politik für Angels eingefordert, schließlich sind Business Angels Deutschlands wichtigste Frühphasenfinanzierer.

VC Magazin: Welche Rolle spielt die Förderung von Business Angels in der Startup-Strategie der Bundesregierung. Wo müsste noch nachgebessert werden?

Kirchhof: Die Bundesregierung hat sowohl bei ihrer Start-up Strategie als auch bei der WIN-Initiative den Schwerpunkt auf die Finanzierung von Wachstums- und Pre-IPO-Unternehmen gelegt. Angesichts der Situation, dass sich deutsche Start-ups in diesen Phasen überwiegend bei ausländischen Investoren umsehen müssen, ist das nachvollziehbar. Leider ist die Unterstützung der Frühphasenfinanzierung dabei unter die politischen Räder gekommen. BAND hat daher bereits im Sommer 2024 in einem „Business Angels Manifest“ zusammengefasst, was für die Frühphase dringendst erforderlich ist und dies im Vorfeld der Wahlen nochmals bekräftigt:

• Drastischer Bürokratieabbau: Dazu zählt, endlich die zeitaufwändigen und kostenintensiven Beurkundungserfordernisse bei der Abtretung von GmbH Geschäftsanteilen – eine Vorschrift aus dem Jahr 1892 – abzuschaffen.
• Flächendeckender Aufbau von Business Angels Co-Investment Fonds auf Bundes- und Landesebene, um privates Kapital durch öffentliches Geld zu hebeln.
• Reset des INVEST Zuschusses – das Programm mindestens wieder für alle Angels öffnen und Folgefinanzierungen als förderfähig einstufen.
• Mit staatlicher Unterstützung Marktstrukturen für Angel Secondaries errichten. Das würde Angels die nötige Liquidität verschaffen, um neue Frühphaseninvestments eingehen zu können.
• Mit einem steuerlichen Roll-over Anreize bieten, um Exiterlöse wieder in Start-ups zu investieren.

VC Magazin: Beim Business Angels Tag haben sie das neue 464-seitige Handbuch für Angel-Investoren vorgestellt. Wem empfehlen Sie die Lektüre?

Günther: Das „Business Angels Handbuch“ ist ein Buch, das für alle Fragen, die im Alltag von Business Angels auftreten, Auskunft gibt. Es liefert praktische Tipps, ganz viel Wissen und vertiefende Einblicke, adressiert sowohl Angels, die neu im Markt sind als auch erfahrene Investorinnen und Investoren. In gleicher Weise nützlich ist das Buch für Gründerinnen und Gründer von Start-ups, weil sie nahezu alles über die Finanzierung durch Business Angels lernen können. Für Akteure aus dem Beratungs- und Serviceumfeld sowie der Gründerunterstützungsszene bietet es eine hervorragende Informationsquelle. Das „Business Angels Handbuch“ ist bereits die dritte Publikation, die wir in erfolgreicher Kooperation mit dem VC Magazin auf den Weg gebracht haben.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zu den Interviewpartnern:

Dr. Ute Günther und Dr. Roland Kirchhof sind der Vorstand der Business Angels Deutschland (BAND). Der Verband organisiert die deutschen Angels-Netzwerke, betreibt Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit und fördert die Professionalisierung und Forschung der Szene in Deutschland.