„Transformation braucht Innovation“

Interview mit Johanna Antonie Tjaden-Schulte (NRW.Bank)

Johanna Antonie Tjaden-Schulte, NRW.Bank
Johanna Antonie Tjaden-Schulte, NRW.Bank

Bildnachweis: NRW.Bank.

Innovationen sind essenziell für die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit in Deutschland und damit Grundlage einer erfolgreichen Transformation. Im Interview spricht Johanna Antonie Tjaden-Schulte über die Impulse, die eine Förderbank dafür setzen kann. Die neue Vorständin der NRW.Bank fokussiert sich auf Innovation und Transformation, zudem gehört unter anderem auch der Bereich Eigenkapitalfinanzierung in ihren Verantwortungsbereich.

VC Magazin: Sie sind seit dem 1. Oktober 2024 im Vorstand der NRW.Bank. Welche Pläne und Ziele haben Sie sich für Ihre Vorstandstätigkeit gesetzt?

Tjaden-Schulte: Mein Ziel ist es, dass wir mit unserem Förderangebot noch aktiver am
Markt auftreten und mit den Akteuren in den Dialog kommen. Wir wollen gezielt Impulse aufnehmen und unsere Förderung entlang der Bedürfnisse der Unternehmen und Start-ups in NRW weiterentwickeln. Die Anforderungen des Markts verändern sich kontinuierlich. Hier ist es unsere Aufgabe, nah dran zu sein und passgenaue Förderung anzubieten. Außerdem wollen wir mit unserem Förderangebot zusätzliche Impulse für Transformation und Innovation setzen – schließlich gestalten wir so Zukunft in NRW. Gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern wollen wir Wachstum durch digitale und nachhaltige Geschäftsmodelle stärken. Wenn wir am Ende eines Geschäftsjahres sagen können, dass wir wieder für viele innovative und fortschrittliche Ideen die passende Finanzierung bereitstellen konnten, dann haben wir einen guten Job gemacht.

VC Magazin: Wie innovativ würden Sie die Unternehmenslandschaft in NRW auf einer Skala von eins bis zehn einstufen?

Tjaden-Schulte: An vielen Stellen steht das Land sehr gut da, aber es gibt auch Aufholbedarf. Es kommt darauf an, wohin wir schauen: Bei den Patentanmeldungen liegt NRW bundesweit auf Platz drei. Ein Drittel aller Hidden Champions in Deutschland kommt aus NRW. Wir haben eine exzellente Hochschullandschaft und ein sehr gut entwickeltes Start-up-Ökosystem, die in Bereichen wie KI, IKT, Medizin, Biotech, Deeptech oder Cybersecurity hochinnovativ sind. Allerdings sehen wir bei kleinen Unternehmen noch Aufholbedarf. Dort liegt zum Beispiel der Digitalisierungsindex spürbar unter dem von größeren Unternehmen.

VC Magazin: An welchen Stellschrauben kann NRW in Sachen Innovation Ihrer Meinung nach noch drehen?

Tjaden-Schulte: Wir justieren die Stellschrauben kontinuierlich nach. Um einen guten Nährboden für Innovationen bieten zu können, braucht es neben Kapital auch Netzwerke und Partnerschaften. Dazu haben wir gerade die Weiterführung des Netzwerks NRW.Bank.Innovationspartner beschlossen. Dort treffen von HWKs und IHKs über die regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaften bis zu den Hochschulen alle zusammen, die Innovationskraft auch in kleine Unternehmen bringen. Weiter haben wir vor Kurzem einen „GovTech DemoDay“ durchgeführt, mit dem wir die Innovationen von Startups für Kommunen zugänglich machen. Unsere win NRW.Bank Business Angels Initiative matcht junge Start-up-Teams ganz gezielt mit passenden Investoren. Und das Programm NRW.SeedBridge sorgt dafür, dass aussichtsreiche Innovationen nicht an der Finanzierungslücke zwischen Finanzierungsrunden scheitern. Wir sind überzeugt, dass wir gerade in NRW die vielen Akteure und dynamischen Aktivitäten miteinander verbinden müssen, um Dynamik zu erzeugen. Diesen Weg gehen wir weiter, damit NRW als Innovationsland weiter wachsen kann.

VC Magazin: Wie bewerten Sie die aktuelle Gründerlandschaft in NRW? Welche Herausforderungen nehmen Sie bei den Gründern wahr?

Tjaden-Schulte: NRW zählt zu den Bundesländern mit den stärksten Gründungsaktivitäten. Für das vergangene Jahr zeichnet sich ab, dass wir bei den Existenzgründungen in etwa wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht haben. Die Start-up-Szene steht sehr gut da: Mit mehr als 2.300 Gründungen in den vergangenen vier Jahren lagen wir laut NRW Startup Report nach Berlin gleichauf mit Bayern. Der Report zeigt aber auch, dass die Kapitalbeschaffung sowie Cashflow und Liquidität zu den größten Herausforderungen von Start-ups zählen. Im vergangenen Jahr gingen die Venture Capital-Investments in deutsche Start-ups bundesweit um fast 40% zurück. Hier setzen wir mit unseren Förderprogrammen zielgerichtet Impulse, um zusätzliche Investoren zu gewinnen.

VC Magazin: Deeptech und Künstliche Intelligenz sind aktuelle Hype-Themen im Markt. Wie ist das Portfolio der NRW.Bank hier aufgestellt?

Tjaden-Schulte: Deeptech- und KI-Innovationen haben das Potenzial, unser Leben und Wirtschaften grundlegend zu verändern. Zugleich erfordern sie großvolumige Investitionen. Ausschließlich mit privatem Beteiligungskapital ist das im globalen Wettbewerb nicht abzubilden. Mit dem Beteiligungsfonds NRW.Venture gibt die NRW.Bank gezielt Eigenkapital in solche künftigen Schlüsseltechnologien und -branchen. 2024 haben wir uns zum Beispiel an Black Semiconductor beteiligt. Das Aachener Start-up verknüpft Computerchips mit einer optischen Schnittstelle, steigert so die Rechengeschwindigkeit massiv und senkt gleichzeitig den Energieverbrauch. Bei vielen Engagements ist die Förderbank als Ankerinvestor dabei. Das hat eine Hebelwirkung. Eine Beteiligung der NRW.Bank ist für andere Investoren dabei wie eine Art Gütesiegel.

VC Magazin: Im Mai findet die 19. Private Equity-Konferenz NRW statt. Was erwartet die Teilnehmer auf der Konferenz?

Tjaden-Schulte: In diesem Jahr legen wir den Fokus der Private Equity-Konferenz NRW auf das Thema Wachstumsfinanzierung, damit sich Innovationen am Markt durchsetzen. Es werden wieder viele hochinnovative Start-ups und starke Investoren dabei sein. Die Konferenz zählt inzwischen zu den wichtigsten Netzwerkevents in der Start-up-Szene. Schließlich arbeiten nur diejenigen zusammen, die sich auch kennen – auf der Finanzierungsseite genauso wie bei konkreten Aufträgen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Über die Interviewpartnerin:

Johanna Antonie Tjaden-Schulte ist Vorständin der NRW.Bank mit der Zuständigkeit für Vertrieb und Strategie mit Fokus auf die Themen Innovation und Transformation. Neben der transformatorischen Förderung von mittelständischen Unternehmen treibt sie das Ziel an, jungen Unternehmen nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen, um sich stark in NRW zu positionieren. Zuvor war sie bei der Commerzbank AG als Managing Director im Corporate Banking tätig.