Bildnachweis: IBB Ventures, BonVenture, ECBF.
Impact Investing ist europaweit und auch in Deutschland kein Nischentrend mehr. Zunehmend lenken private wie öffentliche Investoren Risikokapital in Start-ups, die Rendite und einen gesellschaftlichen Mehrwert bieten – denn es ist wirtschaftlich attraktiv, begründet gleichzeitig neue Märkte und treibt die notwendige Transformation zu regenerativem Wirtschaften und nachhaltigem Konsum voran. Eine Win-win-win-Situation.
Wer mit seinem Geld neben einer finanziellen Rendite auch eine positive soziale oder ökologische Wirkung – kurz: „Impact“ – erzielen will, wird längst nicht mehr als Weltverbesserer belächelt. Schließlich steht fest: Der notwendige Umbau des deutschen Wohlstandsmodells hin zu mehr Nachhaltigkeit erfordert erhebliche Investitionen und wegweisende Innovationen. „Während der Wagniskapitalmarkt nach dem Boomjahr 2021 einen deutlichen Einbruch erlebte, den alle Start-ups zu spüren bekommen haben, hat sich der Impact-Markt als resilienter erwiesen“, berichtet Anna Sophie Blistein, Partnerin beim Impact-Investor BonVenture. Sie verweist auf aktuelle Zahlen des Analysedienstes Dealroom: „Im Jahr 2023 verzeichnet das Impact-Segment in Europa ein Volumen von 19,1 Mrd. EUR (2021: 18,8 Mrd. EUR), in Deutschland immerhin noch 2,3 Mrd. EUR (2021: 3,8 Mrd. EUR) – wir sehen also europaweit bereits wieder ein moderates Wachstum und in Deutschland einen deutlich geringeren Rückgang als im Venture Capital-Gesamtmarkt. Wir gehen davon aus, dass die noch ausstehenden Zahlen für 2024 eine Stabilisierung der Märkte anzeigen und die Bedeutung von Impact-Investments 2025 weiter zunehmen wird.“ Das wäre wirtschaftlich positiv, aber auch wichtig, um einen stärkeren Kurswechsel hin zu nachhaltigem Konsum und regenerativem Wirtschaften zu bewirken. Blistein: „Wir sind noch weit davon entfernt, beim Klima- und Artenschutz und den anderen globalen Nachhaltigkeitszielen entscheidend voranzukommen. Diese langfristigen und existenziellen Themen werden derzeit in den Hintergrund gedrängt, während akute wirtschaftliche und politische Herausforderungen Menschen und Märkte dominieren.“
Gesellschaftlich sinnvoll und unternehmerisch wichtig: Impact als Wettbewerbsvorteil
Bereits seit 2003 investiert BonVenture Risikokapital in innovative Unternehmen, die in den Themenfeldern Klima und Natur, nachhaltiger Konsum, digitale Gesundheit sowie Bildung und Gleichberechtigung einen skalierbaren Geschäftszweck verfolgen und gleichzeitig eine messbare positive gesellschaftliche Wirkung erzielen. Mittlerweile hat der europaweit erste und einzige in Deutschland registrierte European Social Entrepreneurship Funds (EuSEF)-Manager 100 Mio. EUR Assets under Management und 60 Beteiligungen realisiert. Ein fünfter Fonds ist in Vorbereitung. „An vielversprechenden und wirkungsvollen Geschäftsmodellen mangelt es nicht“, so Blistein. „Von Digital Health bis Circular Economy – überall gehen deutsche Start-ups mit technischen Innovationen und disruptiven Ideen voran.“ Laut Deutschem Startup Monitor 2024 verorteten sich zuletzt 45,6% der befragten Jungunternehmen im Social Entrepreneurship und 48,1% in der Green Economy, Tendenz weiter steigend. Blistein: „Um ihr volles wirtschaftliches und gesellschaftliches Potenzial zu entfalten, müssen sie auf skalierbare Märkte treffen. Aktuell agieren Verbraucher aber eher preisbewusst als nachhaltig. Wünschenswert wäre, dass die etablierte Wirtschaft vorangeht: Wenn Industriegrößen freiwillig artenreiche Biotope auf ihrem Campus einrichteten, Lebensmittelkonzerne aus Überzeugung den Anteil pflanzlicher Zutaten in ihren Produkten erhöhten und Marktführer ihren CO₂-Ausstoß stärker als regulatorisch vorgegeben verringerten – das wären starke Signale!“ Hoffnung setzt die Managerin in die zunehmende Erholung des Venture Capital-Markts: „Dann fließt 2025 vielleicht sogar überproportional viel Kapital in unser Segment. Schließlich ist inzwischen verstanden, dass sich eine wettbewerbsfähige Rendite und echter Impact nicht ausschließen. Impact kann sogar zum entscheidenden Vorteil werden. Unicorns wie Enpal und 1Komma5° haben bewiesen, dass in diesem Bereich die Gewinner von morgen entstehen können.“
Auch für öffentliche Fonds attraktiv: Der Schritt vom nachhaltigen zum Impact-Investment
Längst mehr als ein Trend sind Impact-Investments auch im lokalen Zusammenhang. „Wir wollen gezielt Innovationen fördern, die uns unumkehrbare Phänomene wie Klimawandel, Energiewende und Digitalisierung bestmöglich bewältigen lassen“, erklärt Markus Lehmann, Geschäftsführer der IBB Ventures. „Daneben macht es gerade für uns als öffentlicher Investor Sinn, nicht mehr nur negative Auswirkungen wirtschaftlichen Handelns auszuschließen, sondern gezielt profitable Geschäftsmodelle zu fördern, die zusätzlich eine gesellschaftlich relevante Wirkung erzielen.“ Seit 1997 investiert der Wagniskapitalarm der Investitionsbank Berlin (IBB) in junge Unternehmen der Berliner Technologie- und Kreativwirtschaft. 2022 haben das Land Berlin und die IBB zusätzlich einen Impact-Fonds aufgelegt. Dessen Mittel in Höhe von 30 Mio. EUR stammen aus Töpfen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), aber auch aus Rückflüssen und Erträgen
erfolgreicher Beteiligungen der IBB Ventures. „Um dieses Potenzial zu wahren, achten wir auch bei Impact-Investments stark auf die Rendite. Darüber hinaus ist uns wichtig, den gesellschaftlichen Mehrwert zu quantifizieren und sichtbar zu machen. Deshalb wählen wir gezielt Geschäftsmodelle, bei denen Input, Output, Outcome, Impact („IOOIMethode“) über Messpunkte im Voraus planbar sind. Diese Extrameile erfordert Überzeugungstäter auf Gründer- und Investorenseite, aber es lohnt sich“, berichtet Lehmann. Bei der Auswahl der Co-Investoren ist IBB Ventures flexibel: „Wenn Wachstumspotenzial und Impact im Geschäftsmodell eines Start-ups solide verankert sind, können Impact-Investoren, aber auch rein finanzgetriebene Investoren gewonnen werden. Abstriche bei der Renditeerwartung zugunsten des Impacts lassen sich nach unserer Erfahrung hingegen nur schwer durchsetzen.“ Zehn Beteiligungen befinden sich bereits im Portfolio; insgesamt sollen es 30 werden. Aktuell reicht das Spektrum von der ersten Onlineplattform für digitale Stiftungen, die gemeinnütziges Spenden und Investieren erleichtert (bcause), bis zur innovativen Technologie zur direkten Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre (Ucaneo).
Innovationen bei Bioökonomie und Nachhaltigkeit begründen neue Marktchancen
Der 2020 gegründete European Circular Bioeconomy Fund (ECBF) hingegen hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Übergang von einer fossil- zu einer biobasierten Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Zusammen mit privaten und öffentlichen Investoren investiert der Risikokapitalfonds als erster in Europa ausschließlich in Wachstumsunternehmen der Bioökonomie. „Für die Klimaziele, für mehr Biodiversität, aber auch für eine resiliente Wertschöpfung und eine verlässliche Nahrungsmittelversorgung müssen wir Stoffkreisläufe so schnell wie möglich schließen“, erklärt Dr. Michael Brandkamp, Managing Partner des ECBF. „Natürlich wünschen wir uns, dass Europa trotz aller regulatorischer und wirtschaftlicher Unterschiede die Entwicklungen jenseits des Atlantiks zum Anlass nimmt, seine Kräfte zu bündeln, den Green Deal weiter umzusetzen und Innovationen voranzutreiben. Die Förderung von Bioökonomie und Nachhaltigkeit ist nicht nur mit Blick auf die langfristigen Ziele der Weltgemeinschaft sinnvoll – sie bietet auch große Chancen für Start-ups und Investoren. Hier können wir in Europa neue, wirtschaftlich interessante Märkte erschließen.“ 300 Mio. EUR stehen dem ECBF dafür zur Verfügung. 17 der insgesamt geplanten 30 Beteiligungen sind bereits abgeschlossen. Das aktuell gedämpfte Interesse der Konsumenten an nachhaltigen Produkten sieht der erfahrene Manager gelassen. „Es gehört dazu, dass Märkte verschiedene Phasen durchlaufen“, sagt Brandkamp. „Die Start-ups müssen zwar ihr Profil frühzeitiger schärfen, um sich aktuell bei einer geringeren Marktbreite behaupten zu können. Als Impact-Investor glauben wir aber auch in Baissezeiten an den langfristigen Trend: Für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen ist die Bioökonomie alternativlos, für Gründerinnen und Gründer ein lohnendes Betätigungsfeld.“ So sollen in diesem Jahr in den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung und Verpackung sieben weitere Beteiligungen folgen. Brandkamp: „Das deutsche Start-up-Ökosystem bringt eine Vielzahl innovativer Geschäftsmodelle mit gesellschaftlichem Mehrwert hervor. Ihnen den Weg zu bereiten, ist unsere Aufgabe als Impact-Investor. Nur so können wir erfolgreich neue Märkte begründen und die sozial-ökologische Transformation hin zu regenerativem Wirtschaften und nachhaltigem Konsum entscheidend voranbringen.“